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Akne, Psoriasis und Neurodermitis

Haut in anderen Umständen

Eine Schwangerschaft – so heißt es gemeinhin – soll einen gewissen Glow ins Gesicht zaubern. Doch gilt das auch für Frauen mit chronischen Hauterkrankungen? Dermatologin Dr. Brigitte Stephan rät in jedem Fall, bei Kinderwunsch die dermatologische Therapie frühzeitig anzupassen.
Elke Wolf
19.07.2023  07:00 Uhr

Akne möglichst topisch

»Wenn es der Hautzustand erlaubt, erfolgt die Therapie der Akne in der Schwangerschaft vorzugsweise topisch«, rät Stephan. Geeignet sind Benzoylperoxid sowie Azelainsäure. Der kombinierte Einsatz mit einem Antibiotikum wie Erythromycin bringe synergistische Effekte und sei schwangerschaftskompatibel. Unterstützend kann eine Lichttherapie sinnvoll sein.

Retinsäure und Retinoide sind sowohl in der topischen als auch der systemischen Variante nicht für die Schwangerschaft zugelassen. Das fruchtschädigende Potenzial besonders von Isotretinoin ist lange bekannt, weshalb ein strenges Schwangerschaftsverhütungsprogramm einzuhalten ist. Eine zuverlässige zweifache Verhütung muss auch nach Absetzen des Vitamin-A-Abkömmlings noch einen Monat weitergeführt werden.

Was die topisch anzuwendenden Retinoide wie Adapalen, Tretinoin oder Trifaroten betrifft, schreibt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in einer Mitteilung 2021: »Für topisch anzuwendende Retinoide haben die verfügbaren Daten gezeigt, dass die über die Haut in den Körper aufgenommene Wirkstoffmenge vernachlässigbar ist und dass es daher unwahrscheinlich ist, dass diese Produkte Schaden beim ungeborenen Kind hervorrufen. Jedoch sind als Vorsichtsmaßnahme topische Retinoide bei schwangeren Frauen und bei Frauen, die eine Schwangerschaft planen, kontraindiziert.«

Angepasste Stufentherapie

Nichts geht sowohl bei Neurodermitis als auch bei Psoriasis über eine konsequente Basispflege (siehe Kasten). Diese gilt als Fundament einer leitliniengerechten Stufentherapie auch in der Schwangerschaft. Falls erforderlich, kommen dann zeitlich und lokal begrenzt Corticosteroide zum Einsatz. »Mit topischen Glucocorticoiden ist man entspannter geworden, seit Daten vorliegen, dass Mengen bis zu einer 300-g-Corticoid-haltigen Creme in der Schwangerschaft nicht mit Risikosignalen einhergehen. Auch gut zu wissen: »Erst ab einer Behandlungsfläche von etwa 10 handtellergroßen Arealen gehe man von einer potenziell systemischen Bioverfügbarkeit aus, heißt es etwa in der S2k-Leitlinie zum Gebrauch von Präparationen zur lokalen Anwendung auf der Haut«, weiß die Dermatologin.

Wichtig ist Stephan vor allem, Substanzen mit möglichst günstigem therapeutischen Index (TIX) zu wählen, so dass die Struktur des Moleküls eine gute Wirkung ohne große Resorption entfaltet. Je höher der TIX-Wert ist, umso günstiger ist das Wirkprofil. Bei Stoffen mit einem TIX-Wert von 1 bis kleiner 2 gilt das Verhältnis als ausgeglichen. Dazu gehören die Glucocorticoide Hydrocortison, Betamethasonvalerat, Triamcinolonacetonid und Clobetasolpropionat. Günstiger sind Substanzen mit einem TIX-Wert zwischen 2 und 3, da hier die erwünschten Wirkungen die unerwünschten deutlich überwiegen. Im Rezepturbetrieb spielen aus dieser Gruppe vor allem die Wirkstoffe Prednicarbat und Mometasonfuroat eine Rolle. Für die richtige Abschätzung der benötigten Menge arbeitet man mit der Einheit FTU (Finger Tip Unit, siehe Grafik).

Als weitere Therapieoption nannte die Dermatologin die Calcineurininhibitoren Pimecrolimus und Tacrolimus. Sie sind zwar offiziell für die Anwendung in der Schwangerschaft nicht zugelassen. Dennoch seien die beiden topisch verfügbaren Arzneistoffe »schwangerschaftskompatibel. Dies spiegelt sich in den Embryotox-Empfehlungen und -Bewertungen wider«. Stephan schätzt www.embryotox.de als bestmögliche und neutral aufbereitete Datenquelle für die Arzneimitteltherapie in der Schwangerschaft. Das Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Charité Berlin bietet zu mehr als 400 Medikamenten/Wirkstoffen aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zu Verträglichkeit und Risiken in der Schwangerschaft und Stillzeit. Es finanziert sich aus Mitteln des Bundesministeriums für Gesundheit und der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit und ist deshalb unabhängig vom Einfluss von Arzneimittelfirmen oder anderen Interessengruppen.

Wird bei schwerer Neurodermitis generell eine Systemtherapie erforderlich, entwickelt sich nach den Ausführungen Stephans das Biologikum Dupilumab bei nicht schwangeren Patienten derzeit zum Goldstandard. Beim Einsatz in der Schwangerschaft seien jedoch zumindest derzeit Vorsicht und Zurückhaltung angesagt. »Für eine direkte oder indirekte schädigende Wirkung auf den Fötus zeigen sich zwar bislang keine Risikosignale. Wir haben auch nicht genügend Daten. Es ist prinzipiell davon auszugehen, dass für Dupilumab genau wie für alle Biologika mit Antikörperstruktur ein aktiver Transport durch die Plazenta im letzten Trimenon möglich ist.«

Anders sehe es bei Biologika aus, deren Struktur nicht als Bindungspartner für den Rezeptor in der Plazenta taugt. Dieser sorge dafür, dass das Ungeborene zum letzten Drittel der Schwangerschaft einen Antikörper-Nestschutz der Mutter mit auf den Weg bekommt, erklärt die Medizinerin. »Biologika ohne vollständige Antikörperstruktur wie einzelne TNF-α-Blocker wie Certolizumab oder Etanerzept sind zu groß, um effektiv passiv durch die Plazenta diffundieren zu können. Aktiv können sie die Plazentaschranke nicht überwinden.« Aus langjährigen Beobachtungserfahrungen und Safety-Daten von Registern lassen sich außerdem keine eindeutigen Risikosignale aus Biologika für das Ungeborene erkennen. Gemäß aktueller Leitlinie kann für Schwangere der Einsatz von einzelnen TNF-α-Blockern erwogen werden, falls dies aufgrund der Schwere des Krankheitsbildes erforderlich ist. Auch eine Therapiepause zum dritten Trimenon sei laut Stephan möglich.

In jedem Fall bieten sich durch moderne Biologika sowohl bei der Neurodermitis als auch bei der Schuppenflechte neue Therapieoptionen. So rückt etwa Ciclosporin angesichts dieser Alternativen in den therapeutischen Hintergrund. Die Systemtherapeutika Acitretin, Apremilast, Methotrexat sowie Fumarate sind in der Schwangerschaft ohnehin kontraindiziert. Vor allem das teratogene Potenzial von Acitretin und Methotrexat verbietet die Verordnung bereits in der Kinderwunschphase. »Beim Retinoid dauert es bis zu drei Jahren, bis die Metabolite abgebaut sind. Bei Methotrexat sollte nach Absetzen drei bis sechs Monate keine Schwangerschaft eintreten. Fumarate sind dagegen innerhalb von wenigen Wochen abgebaut«, so Stephan.

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