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Polymyalgia rheumatica

Gute Prognose, langwierige Behandlung

Die entzündlich-rheumatische Erkrankung Polymyalgia rheumatica führt zu Inflammationen im Schulter- und Hüftbereich. Es erkranken hauptsächlich ältere Menschen.
AutorKontaktNicole Schuster
Datum 25.01.2023  07:00 Uhr

Das griechische Wort »Polymyalgia« bedeutet übersetzt »Schmerz in vielen Muskeln«. Das beschreibt zutreffend die Symptome der Patienten, die fast ausschließlich älter als 50 Jahre sind. Die Polymyalgia rheumatica (PMR) ist bei Senioren nach der rheumatoiden Arthritis (RA) die zweithäufigste entzündlich-rheumatische Erkrankung. In Europa erkranken etwa 60 von 100.000 Einwohnern, wobei ein Nord-Süd-Gefälle festzustellen ist. Bei Frauen ist die Erkrankung häufiger zu beobachten als bei Männern. Als eine Erkrankung des »Gürtels« sind vorrangig der Schulter- oder Beckengürtel betroffen. Die Beschwerden treten symmetrisch auf und sind morgens am stärksten. Kennzeichnend sind starke Schmerzen in der Nacht und Morgensteifigkeit.

Zusätzlich können Patienten über Kopfschmerzen, ein allgemeines Krankheitsgefühl, Abgeschlagenheit, erhöhte Temperatur und Appetitlosigkeit klagen. Die Betroffenen sind in ihrer Mobilität eingeschränkt, viele verlieren an Körpergewicht und entwickeln eine depressive Verstimmung. Die Krankheit ähnelt der Riesenzellarteriitis, einer Entzündung der großen Arterien, und kann mit dieser gemeinsam auftreten.

Eine Autoimmunerkrankung

Es handelt sich bei der PMR um eine Autoimmunkrankheit, die mit einer Vaskulitis einhergeht. Die weißen Blutkörperchen greifen die Gelenkschleimhaut an und verursachen eine Entzündung. Warum sich das Immunsystem gegen körpereigene Strukturen richtet, ist unklar. Eine genetische Disposition wird angenommen. Krankheitserreger wie Mycoplasma pneumoniae, Parainfluenzavirus und Chlamydophila pneumoniae könnten das Immunsystem bei genetisch anfälligen Personen stimulieren. Alterungsprozesse des Immun- und Gefäßsystems und Störungen endokriner Achsen können laut der »S3-Leitlinie zur Behandlung der Polymyalgia rheumatica« aus dem Jahr 2018 ebenfalls dazu beitragen, dass eine PMR entsteht.

Die Krankheit ist schwierig zu diagnostizieren, da es keinen spezifischen Nachweis gibt. Oft erfolgt die Diagnose nach Ausschluss von ähnlichen Erkrankungen wie der Riesenzellarteriitis, RA oder Fibromyalgie. Es gibt Diagnosekriterien aus dem Jahr 2012, die das American College of Rheumatology (ACR) und die European League Against Rheumatism (EULAR) provisorisch erarbeitet haben. Diese beziehen sowohl klinische Beschwerden als auch einige Blut- und Urinwerte mit ein.

Die Patienten müssen demnach älter als 50 Jahre sein, neu aufgetretene bilaterale Schulterschmerzen und erhöhte Werte für die Blutsenkungsgeschwindigkeit beziehungsweise das C-reaktive Protein (CRP) aufweisen. Nebenkriterien sind eine Morgensteifigkeit länger als 45 Minuten, Beckengürtelschmerz und eine eingeschränkte Beweglichkeit der Hüfte sowie keine weiteren Gelenkschmerzen außer Schulter- und Hüftschmerzen und ein negativer Befund für den Rheumafaktor respektive für die CCP-Antikörper, die für die Diagnostik der RA von hoher Bedeutung sind. Weitere Nebenkriterien sind entzündliche Veränderungen wie eine Bursitis oder Synovitis der Schultergelenke, die bei einer Sonografie gefunden werden.

Individualisierte Therapie

Die Standardtherapie sind orale Glucocorticoide. Zu Beginn erhalten die meisten Patienten 15 bis 25 mg Prednisolon-Äquivalent pro Tag, was die Beschwerden meist schlagartig bessert. Genauere Vorgaben für die Dosierung gibt es nicht, sodass die Dosis für jeden PMR-Patienten individuell angepasst werden muss. Sie sollte immer so hoch wie nötig, aber so niedrig wie möglich sein. Die Länge der Therapie ist individuell unterschiedlich und orientiert sich an der Krankheitsaktivität sowie an Nebenwirkungen.

Wenn die Krankheitsaktivität zurückgegangen ist und die Entzündungswerte gesunken sind, kann der Arzt die Dosierung verringern. Laut Leitlinie soll eine Dosis von 10 mg Prednisolon-Äquivalent pro Tag innerhalb von vier bis acht Wochen erreicht werden. Danach soll die tägliche Prednisolon-Äquivalenzdosis weiter um etwa 1 mg alle vier Wochen reduziert werden, bis das Arzneimittel ganz abgesetzt werden kann. Bei einem Rezidiv erhöht der Arzt die Dosis wieder.

Während der meist einige Jahre andauernden Therapie ist es wichtig, die Adhärenz der Patienten zu erhalten. Bei Beschwerdefreiheit ist der Wunsch naheliegend, die Glucocorticoide nicht mehr einzunehmen. Sobald sie jedoch abgesetzt werden, können die Entzündungen wieder aufflammen und die Patienten einen neuen Schub erleiden.

Bei einem hohen Risiko für Rezidive oder Glucocorticoid-Nebenwirkungen sowie bei einer langen Therapiedauer kann zusätzlich Methotrexat gegeben werden, um Glucocorticoide zu sparen. Die Entscheidung für Methotrexat ist stets patientenspezifisch zu treffen. Die Autoren der Leitlinie konnten mangels geeigneter Studiendaten andere konventionelle Basistherapeutika nicht empfehlen.

Laut der Leitlinie sollen nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) nicht zur Therapie der PMR eingesetzt werden. Das potenzielle Risiko für Nebenwirkungen sei größer als der zu erwartende, meist geringe Nutzen. Sie können allenfalls zusätzlich gegeben werden, wenn Schmerzen anderer Ursachen bestehen.

Monoklonale Antikörper als zukünftige Therapieoption

Ein zukünftiger Therapieansatz könnten monoklonale Antikörper sein. Bei der Pathogenese der PMR scheint das Zytokin Interleukin-6 (IL-6) eine Rolle zu spielen. Der humane IL-6-Inhibitor Tocilizumab (RoActemra®) wurde bereits sowohl bei neu diagnostizierten PMR-Patienten (»Annals of the Rheumatic Disease«, DOI: 10.1136/annrheumdis-2021-221126) als auch bei Patienten mit aktiver PMR unter Glucocorticoid-Therapie erfolgreich in Studien geprüft. In einer aktuellen Studie konnten Patienten dank des Antikörpers ihre Prednison-Dosierung reduzieren und wiesen verbesserte Krankheits-Scores auf (»JAMA«, DOI: 10.1001/jama.2022.15459). Die Leitlinien-Autoren sprachen 2018 allerdings noch keine Empfehlung zum Einsatz von Tocilizumab aus, dasselbe galt für andere Biologika.

Die Pharmakotherapie können Patienten durch eine ausgewogene Ernährung und einen bewegten Alltag ergänzen. Eine Physiotherapie hilft Patienten im Seniorenalter, Muskelmasse zu erhalten und das Sturzrisiko zu reduzieren. Bei konsequenter Therapie ist die Prognose für viele Patienten gut. Sie sind nach abgeschlossener Therapie beschwerdefrei. 

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