Gut schlafen ohne Hangover |
Annette Rößler |
18.04.2023 10:30 Uhr |
Wenn ältere Menschen einen Tag nachdem sie ein Schlafmittel eingenommen haben, müde sind, kann das an einer zu hohen Dosis und/oder einem zu späten Einnahmezeitpunkt liegen. / Foto: Getty Images/Bernd Vogel
»Wenn ältere Patienten ins Krankenhaus kommen, findet sich auf der Medikationsliste häufig etwas gegen Schlafstörungen«, berichtete Professor Dr. Sebastian Baum vom EVK Münster – Alexianer Johannisstift bei einem Online-Vortrag im Rahmen des Deutschen Schmerz- und Palliativtags. Die Bandbreite sei groß und reiche von älteren H1-Antihistaminika über niederpotente Antipsychotika, Benzodiazepine/Z-Substanzen, α2-Agonisten und Antidepressiva bis hin zu Phytopharmaka.
Um zu beurteilen, ob die jeweilige Medikation geeignet ist, seien einerseits Negativlisten wie die Priscus-Liste 2.0 zu beachten, andererseits der genaue Zweck (Ein- oder Durchschlafstörung) und die Konstitution des Patienten. Generell sei bei älteren Menschen mit einer veränderten Motilität und Durchblutung des Magen-Darm-Trakts zu rechnen. »Dies führt zu einer Verzögerung des Wirkeintritts um etwa 30 bis 60 Minuten im Vergleich zu jüngeren Patienten«, sagte Baum. Wenn Senioren darüber klagten, dass das verordnete Schlafmittel nicht wirke, liege das daher häufig daran, dass sie es zu spät eingenommen hätten. Aufgrund der Alterung der Ausscheidungsorgane sei zudem die Wirkdauer meist verlängert – ein Grund für Müdigkeit am Folgetag, den Hangover.
Baum empfahl daher, schlafanstoßende Arzneistoffe bei Senioren niedrig zu dosieren und den Einnahmezeitpunkt um eine halbe Stunde bis Stunde vorzuziehen. Flüssige Arzneiformen seien zu bevorzugen. Bewährt habe sich auch, die Dosis etwa bei niederpotenten Neuroleptika auf zwei Gaben aufzuteilen. »Die Patienten bekommen zum Abendbrot um 18 Uhr schon die Hälfte der Nachtmedikation und die andere Hälfte um 21 Uhr. Dann können sie um 22 Uhr schlafen«, erklärte der Apotheker.
Für diese Art der Anwendung eigneten sich etwa Melperon oder Prothipendyl aufgrund ihrer vergleichsweise kurzen Wirkdauer; bei Pipamperon sei dagegen wegen der langen Halbwertszeit bei Einnahme nach 20 Uhr ein Hangover am nächsten Tag möglich. Dennoch könne Pipamperon eine gute Wahl sein, etwa wenn die anderen beiden Substanzen wegen ihrer möglichen kardiotoxischen Wirkung, die Pipamperon weniger besitze, nicht infrage kämen. Als geeignete Alternativen mit guter Verträglichkeit bei Senioren nannte Baum Melatonin, Mirtazapin (7,5 bis 15 mg) und Baldrian.