| Annette Rößler |
| 27.11.2025 09:00 Uhr |
Folsäure und Jodid gehören zu den Nährstoffen, die in der Schwangerschaft vermehrt benötigt werden. / © Adobe Stock/Andrey Popov
Die ersten 1000 Tage im Leben eines Menschen bezeichnen Ernährungswissenschaftler wie Professor Dr. Martin Smollich vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Lübeck auch als »goldenes Fenster«. Der Ausdruck unterstreicht die große Bedeutung, die der Zeitraum zwischen der Befruchtung der Eizelle und dem zweiten Geburtstag eines Kindes für dessen späteres Wohlergehen hat. Wie sich die Mutter in der Schwangerschaft ernährt, ist somit nicht nur für ihre eigene Gesundheit, sondern auch für die ihres Kindes wegweisend.
Vor diesem Hintergrund sind die Ergebnisse einer Befragung bedenklich, die Smollich zusammen mit Alexandra Hett von derselben Forschungseinrichtung kürzlich im Fachjournal »BMC Pregnancy and Childbirth« veröffentlichte. Über die sozialen Medien waren 3363 schwangere Frauen in Deutschland rekrutiert worden, die über einen Online-Fragebogen Auskunft über ihre Ernährung und von ihnen genutzte Informationsquellen zum Thema Ernährung in der Schwangerschaft gaben. Die Angaben der Teilnehmerinnen wurden mit den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) und des Netzwerks »Gesund ins Leben« des Bundeszentrums für Ernährung (BZfE) abgeglichen.
Zwei Drittel der Frauen (69 Prozent) hatten ihre Ernährung in der Schwangerschaft umgestellt, die meisten (83 Prozent) jedoch ohne adäquate Beratung durch einen Heilberufler. Die wichtigste Informationsquelle war das Internet: 78 Prozent der Schwangeren hatten online zu Ernährungsfragen recherchiert.
Neun von zehn Frauen (89 Prozent) nahmen Nahrungsergänzungsmittel ein, meistens mit Folsäure (88 Prozent) und deutlich seltener mit Jodid (66 Prozent). Die Dosierung war dabei für die jeweilige Phase der Schwangerschaft oft nicht ausreichend: Unter Berücksichtigung dieses Kriteriums erreichten mindestens 37 Prozent der Frauen bezogen auf Folsäure beziehungsweise 46 Prozent bezogen auf Jodid nicht die empfohlene Dosis.
Die Autoren ziehen aus den Ergebnissen folgendes Fazit: Während es in der Bevölkerung allgemein bekannt sei, dass in der Schwangerschaft bestimmte Nahrungsmittel zu meiden sind und Folsäure supplementiert werden sollte, entspreche die Ernährung von Schwangeren dennoch häufig nicht den Empfehlungen. Es brauche daher zielgerichtete Aufklärung und standardisierte Beratung durch qualifiziertes Personal, um eine optimale Versorgung mit allen benötigten Nährstoffen in der Schwangerschaft sicherzustellen. Da in der Studie Frauen mit einem höheren Bildungsniveau signifikant häufiger angegeben hatten, Supplemente einzunehmen, sollten sich entsprechende Kampagnen womöglich vor allem an Frauen mit einem niedrigeren Bildungsniveau richten.