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Modellprojekte

Grippeimpfung in Apotheken bereit zum Durchstarten

Lieferengpässe und zu wenig Schulungsplätze haben den Start der Grippeimpfung in der Apotheke zwar etwas ausgebremst. Verbände, teilnehmende Apotheken und Impflinge sind aber sehr zufrieden, ergab eine Recherche der PZ. Eine erste Zwischenbilanz und ein Ausblick auf den kommenden Herbst.
Daniela Hüttemann
04.05.2021  18:00 Uhr

Es war und ist Wille der Politik, dass auch Apotheken Grippeimpfungen anbieten, um die bis vor Kurzem ständig zu niedrigen Impfquoten zu steigern. Seit vergangenen Herbst laufen in vier Bundesländern Modellprojekte, die auf zwei Jahre angelegt sind. Die Projekte werden wissenschaftlich begleitet. Die wissenschaftliche Evaluation liegt zwar noch nicht vor, doch beurteilen die beteiligten Landesapothekerverbände den Start sehr positiv. So haben sich in der ersten Saison des auf zwei Jahre angelegten Modellprojekts wohl mehr als 1000 Menschen in der Apotheke gegen Influenza impfen lassen. Nach Zahlen der Kammern  haben mittlerweile mehr als 700 Apothekerinnen und Apotheker die notwendige Qualifikation inklusive ärztlicher Schulung erworben.

Los ging es Anfang Oktober in vier Modellregionen in Nordrhein sowie im Saarland; etwas später folgten Niedersachsen und der Regierungsbezirk Oberpfalz in Bayern. Im Saarland haben sich nach ersten Zahlen des Saarländischen Apothekervereins (SAV) und der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland mehr als 350 Versicherte in rund 40 Apotheken gegen Grippe impfen lassen. »Wir freuen uns, dass unsere Versicherten von dem Zusatzangebot der Grippeschutzimpfung gerne Gebrauch machen«, so Christiane Firk, Bevollmächtigte des Vorstands der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland, und nennt das neue Impfangebot unkompliziert, einfach, sicher und  niedrigschwellig. 

»Den Rückmeldungen zufolge waren es vornehmlich Stammkunden der jeweiligen Apotheken, von denen viele sonst nicht zur Grippeimpfung gegangen wären«, erklärt Carsten Wohlfeil, Geschäftsführer des SAV, gegenüber der Pharmazeutischen Zeitung. Und dies seien genau die Menschen, die mit dem zusätzlichen Impfangebot erreicht werden sollen. Wohlfeil betonte, dass die Apotheken ein Sonderkontingent bestellt hatten und die Impfungen in der Apotheke nicht zulasten der Arztpraxen gingen. Für die kommende Saison sei genug Impfstoff bestellt, auch für die erwartete erhöhte Nachfrage. Denn es liegt nun auch ein Vertrag mit der IKK Südwest vor. Zusammen mit der AOK könnten so 40 Prozent der saarländischen gesetzlich Versicherten erreicht werden.

Mehr als 200 Impfungen in Niedersachsen

Ebenfalls positiv zurück und in die Zukunft blickt man in Niedersachsen. Mehr als 70 Apotheken von der Küste bis zum Harz sind dem Vertrag von LAV und AOK Niedersachsen bislang beigetreten; die Schulungen waren schnell ausgebucht. Genaue Zahlen liegen hier noch nicht vor, doch geht der LAV von mehr als 200 durchgeführten Impfungen aus. Dabei sei das Interesse der Patienten zumindest zum Start größer gewesen als das Impfstoffangebot. So haben niedersächsische Apotheken erst ab Mitte November 2020 mit den nachgelieferten Fertigspritzen der nationalen Reserve geimpft. »Die Apotheken haben zuerst die Arztpraxen beliefert, denn wir wollten aufgrund des anfänglichen Impfstoffmangels nicht in eine Konkurrenzsituation treten«, erklärt der LAV-Chef Berend Groeneveld der PZ. Ab dem Jahreswechsel sei dann die Covid-19-Impfung in den Vordergrund gerückt, während die Grippewelle ausblieb und auch die Impfbereitschaft deutlich abnahm. 

Nach Angaben der niedersächsischen Apothekerkammer hatten bis Jahresende 164 Apothekerinnen und Apotheker die Theorie- und Praxisfortbildung absolviert; neue Praxis-Termine sind ab Juni 2021 buchbar. »Die Zahl der qualifizierten Apothekerinnen und Apotheker wird sich also noch erhöhen, sodass wir zur Grippesaison 2021/2022 durchstarten können«, so Kammerpräsidentin Cathrin Burs zur PZ. »Aus dem Kollegenkreis habe ich gehört, dass es viele positive Rückmeldungen von Patienten gegeben hat. Genannt wurde als ein Beispiel die Möglichkeit von Berufstätigen, sich nach ihrem Arbeitstag oder auch mal in der Mittagspause, kurzfristig und ohne lange Wartezeit in der Apotheke impfen zu lassen.«

Kammer und Verband hätten gemeinsam intensive Gespräche mit der Ärzteschaft geführt, bei denen sie deutlich gemacht haben, dass die Apotheken sich nicht in einer Konkurrenz zu ihnen sehen, betont Burs. »Apotheken können als niederschwellige Anlaufstelle das Impfangebot für Patienten ergänzen und die Durchimpfungsrate damit verbessern.«

Viele Geimpfte wollen nächste Saison wiederkommen

»Es kam bei unseren Kunden sehr gut an und hat auch mir viel Spaß gemacht«, berichtet Ulrike Behnel, Approbierte in der Adler-Apotheke Göttingen, die etwa 25 Personen geimpft hat. »Es gab keine Beschwerden über Nebenwirkungen, und die Geimpften, hauptsächlich Stammkunden von uns, wollen sich nächstes Jahr wieder bei uns impfen lassen«, freut sich die Apothekerin.

Bislang dürfen in Niedersachsen nur AOK-Versicherte teilnehmen, anders Versicherte seien regelrecht enttäuscht gewesen, berichtet die Apothekerin. Daher hofft sie, dass noch mehr Krankenkassen dem Vertrag beitreten. »Wir hätten definitiv noch mehr impfen können«, so Behnel. Zum Teil hätte ein benachbarter Arzt sogar die jüngeren AOK-Versicherten zum Impfen in die Apotheke geschickt, um sich selbst auf die älteren Patienten zu konzentrieren. »Das waren Menschen, die zum Beispiel ältere Personen gepflegt haben oder beruflich viel Publikumsverkehr hatten.« Aktiv beworben hat die Apotheke die neue Dienstleistung nicht, doch hätte es sich durch Medienberichte und Mund-zu-Mund-Propaganda so weiterverbreitet, dass sogar Menschen aus anderen Städten kamen.

Behnels Chef Christian Müller hätte selbst gern geimpft, hatte jedoch noch keine Gelegenheit, den praktischen Fortbildungsteil zu absolvieren. »Das Impfen in der Apotheke stärkt unsere Kompetenz und bringt uns insgesamt nach vorn, auch wenn es sich wirtschaftlich derzeit noch nicht lohnt«, meint der Apothekeninhaber. Bis zu 30 Minuten dauerten Aufklärung, Impfung und Dokumentation, da sei die derzeitige Vergütung nicht kostendeckend. »Aber wir machen das ja bei Weitem nicht nur, um Geld zu verdienen«, so der Apotheker. Gern würde er das Angebot ausweiten, sieht aber noch offene personelle und räumliche Fragen. Um die Impfstofflieferungen macht er sich dagegen keine Sorgen.

Apotheken bereit zum Durchstarten

Angesichts der Rahmenbedingungen, vor allem der massiven Lieferengpässe im Oktober, ist man auch in Bayern mit dem Projektstart zufrieden. In der Modellregion Oberpfalz seien 56 Apotheken dem Vertrag beigetreten, so Thomas Metz, Pressesprecher des Bayerischen Apothekerverbands, doch nicht alle hätten die Impfung bereits anbieten können. »Insgesamt wurden uns mehr als 150 Impfungen gemeldet«, so Metz. »Wir und auch die AOK Bayern sind überzeugt von diesem Projekt und wollen es in der kommenden Saison voranbringen und weitere Apotheken für die Teilnahme gewinnen.« Wie die anderen Apothekerverbände auch, ist Metz zuversichtlich, dass genügend Impfstoff geliefert werden wird.

Nordrhein will zweite Stufe zünden

In Nordrhein können sich AOK-Versicherte in den Modellregionen Bonn-Rhein-Sieg, Duisburg/rechter Niederrhein, Düsseldorf und Umgebung und Essen/Mülheim/Oberhausen impfen lassen. Der Apothekerverband Nordrhein listet derzeit fast 100 teilnehmende Apotheken auf seiner Internetseite. Bisher sind dort 250 Apothekerinnen und Apotheker aus insgesamt 125 Apotheken ärztlich geschult. Allein bis Mitte November wurden rund 200 Impfungen durchgeführt, genaue Zahlen will der Verband in Kürze vorlegen.

»Das Projekt war sehr erfolgreich, obwohl oder vielleicht auch gerade weil die Impfstoffe knapp waren. Die Nachfrage bei den Bürgerinnen und Bürgern war jedenfalls groß«, berichtet Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein. »Die Apothekerinnen und Apotheker, die erste Impferfahrungen sammeln konnten, waren sehr zufrieden und wollen nächste Saison weitermachen. Zudem wollen wir weitere Apotheken für die Teilnahme gewinnen und damit die zweite Stufe zünden.«

Dass Echo der Geimpften sei durchweg positiv gewesen und viele wollen sich nächste Saison wieder in der Apotheke impfen lassen. »Wir machen den Menschen ein gut erreichbares Zusatzangebot zu dem sehr umfassenden Angebot der Hausärzte«, so Preis. Er geht davon aus, dass viele weitere Menschen mit der Grippeimpfung erreicht werden können.

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