Gezielt gegen Multiresistenz |
Nach der Einführung von Colistin als antiinfektive Substanz wurde der Wirkstoff lange Zeit vor allem in der Lokaltherapie (inhalativ oder topisch) angewendet. Das breite Wirkspektrum, vor allem gegen gramnegative Problemkeime, überwiegt das hohe Risiko für nephro- und neurotoxische Nebenwirkungen.
Mit zunehmendem Resistenzdruck auf die Erreger und der weltweiten Verbreitung von Multiresistenzen ist Colistin wieder in den Fokus geraten. Optimierte Dosierungsregime mit höheren Einzeldosen und längeren Dosierungsintervallen verbessern das Nebenwirkungsprofil. Potenziell schwerwiegende Nebenwirkungen sind allerdings immer noch möglich.
Colistin ist keine Reinsubstanz, sondern ein Gemisch aus Polymyxinen, das in Form eines Prodrugs (Colistimethat) intravenös appliziert wird. Da als Wirkmechanismus eine Schädigung der äußeren Zellmembran vorliegt, können nur gramnegative Bakterien abgetötet werden.
Besonders bei Carbapenem-resistenten Nonfermentern, zum Beispiel Pseudomonaden, kommt Colistin zum Einsatz. Erste Resistenzen sind aber auch hier schon beschrieben. Bei schweren Infektionen erfolgt die Gabe des Polymyxin-Gemischs zwingend intravenös. Eine Anpassung der Dosierung an die Nierenfunktion ist notwendig.
Das Molekül Aztreonam hat zwar einen Betalactam-Ring, gehört durch das Fehlen des anschließenden Fünf- oder Sechsrings aber als einziger Vertreter zur Gruppe der Monobactame. Sein Wirkmechanismus entspricht dem der Betalactame. Allerdings wirkt es ausschließlich bakterizid auf gramnegative Keime.
Die Atemtherapie gehört zum Basisprogramm für Kinder mit Mukoviszidose. Bei Lungeninfektionen mit Pseudomonas-Beteiligung wird inhalatives Aztreonam eingesetzt. / Foto: Your Photo Today
In Deutschland steht es nur als inhalative Arzneiform zur Verfügung. Es wird zur Behandlung chronischer Lungenerkrankungen mit Pseudomonas-Beteiligung bei Patienten mit Mukoviszidose vernebelt.
Der Einsatz von Reserve-Antibiotika ist in vielen Kliniken Deutschlands mittlerweile zur Routine geworden. Wenn möglich, bilden die neuen Cephalosporine in Kombination mit neuen oder bewährten Betalactamase-Inhibitoren eine gut verträgliche Option für multiresistente Problemkeime. In vielen Fällen müssen Ärzte aber auf weniger gut wirksame oder weniger verträgliche Varianten ausweichen. Eine Entspannung dieser Situation ist zumindest in den kommenden Jahren nicht zu erwarten.
Dr. Michael Ebenhoch studierte Medizin an der Universität Ulm sowie der Kings College University of Lucknow und schloss 2004 die Facharztausbildung (Anästhesie und Intensivmedizin) am St.-Elisabeth-Krankenhaus in Ravensburg ab. Seit 2004 ist er an der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Murnau tätig, zunächst in der Abteilung Anästhesie und Intensivmedizin, seit 2011 als Oberarzt im Zentrum für Intensivmedizin. Dr. Ebenhoch hat die Zusatzbezeichnung spezielle anästhesiologische Intensivmedizin erworben sowie die Weiterbildung zum Infektiologen und zum Krankenhaushygieniker abgeschlossen. Seit 2017 leitet er die Stabsstelle Hygiene, klinische Infektiologie und Mikrobiologie an der BGU.
Dr. Anka Röhr studierte Pharmazie in Würzburg und ist seit Juni 2011 als Apothekerin im Klinikum Heidenheim tätig. Sie hat die Weiterbildung zur Fachapothekerin für Klinische Pharmazie, Bereichsweiterbildung Infektiologie, absolviert und wurde mit einer Arbeit zur Dosierung von Antiinfektiva bei Patienten mit Nierenersatzverfahren promoviert. Dr. Röhr ist Delegierte der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg. Ihre Arbeitsschwerpunkte in der Klinikapotheke sind Therapeutisches Drug Monitoring und Arzneimittelinformation.