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Mehr Kilos

Gewichtige Nebenwirkung

Es gefährdet die Adhärenz, wenn Patienten unter Medikamenteneinnahme stark zunehmen. Das Apothekenteam kann bei bekannten Dickmachern beraten.
Nicole Schuster
14.10.2024  10:30 Uhr

Eine ungewollte Gewichtszunahme als Nebenwirkung von Arzneimitteln kann belasten und die Gesundheit und Lebensqualität beeinträchtigen. Die Ursache für die zusätzlichen Kilos können medikamenteninduzierte Veränderungen in Appetit, Stoffwechsel und Hormonsystem oder auch eine Flüssigkeitsretention sein. Die Einnahme von sedierenden Wirkstoffen kann dazu führen, dass sich Patienten weniger körperlich bewegen. Bei gleichbleibender Nahrungszufuhr resultiert dann ein Plus auf der Waage.

Als besonders störend empfunden wird die oft erhebliche Gewichtszunahme durch Antipsychotika. Das Risiko ist bei Olanzapin und Clozapin am höchsten. Patienten nehmen gerade in der Anfangszeit schnell und im Verlauf weiter stetig an Gewicht zu. Das kann die Adhärenz beeinträchtigen. Die Nebenwirkung ist daher relevant für den Behandlungserfolg und betrifft bis zu 80 Prozent der mit Antipsychotika behandelten Personen.

Die Gewichtszunahme kann mit Stoffwechselstörungen wie einem Anstieg von Glucose, Cholesterol und Lipiden verbunden sein und die Sterblichkeit von Menschen mit Schizophrenie im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung erhöhen. Ursache für das steigende Körpergewicht ist hauptsächlich ein Ungleichgewicht zwischen Energieaufnahme und -verbrauch. Dabei spielen das zentrale Nervensystem, insbesondere das Hunger- und Sättigungszentrum sowie das Belohnungssystem eine Rolle.

Substanz- und dosisabhängiger Gewichtsanstieg

Nicht bei allen Antipsychotika ist diese Nebenwirkung gleich stark ausgeprägt. Auch liegt bei vielen Substanzen eine Dosisabhängigkeit vor. Welchen Einfluss die Dosis hat, untersuchten Wissenschaftler 2022 im Zuge einer Metaanalyse (»Schizophrenia Bulletin«, DOI: 10.1093/schbul/sbac001).

Bei den meisten Wirkstoffen zeigte sich eine anfängliche dosisabhängige Gewichtszunahme, die bei höheren Einnahmemengen ein Plateau erreichte. Eine höhere Dosis führte ab dann nicht mehr zu einer stärkeren Zunahme. Die Kurven bei Aripiprazol, Olanzapin und Paliperidon erreichten kein Plateau, höhere Dosen waren also immer mit mehr Gewichtszunahme verbunden. Auffällige glockenförmige Kurven wurden für Quetiapin und Ziprasidon beobachtet. Hier stieg die Gewichtszunahme bis zu einer bestimmten Dosis und ab dieser nahmen die Patienten dann weniger zu als bei niedrigeren Dosen.

Die Unterschiede sind vermutlich auf die Wirkmechanismen der einzelnen Substanzen zurückzuführen. Medikamente mit einem D2/3-Antagonismus modulieren das Sättigungs- und das Belohnungszentrum. Ab einer bestimmten Dosis sind die Dopaminrezeptoren vollständig besetzt und die Dosis-Wirkungs-Kurven flachen ab. Bei Substanzen wie Clozapin und Olanzapin, an deren Wirkung weitere Mechanismen wie der Antagonismus an Serotonin-, Histamin- und Muskarinrezeptoren beteiligt sind, gibt es dagegen kein Plateau. Wirkstoffe wie Aripiprazol, die auch als partielle 5-HT1A-Agonisten wirken, können sogar einen Gewichtsverlust bewirken.

Eine Gewichtszunahme ist auch eine häufige Nebenwirkung von Antidepressiva. Für eine Studie werteten Wissenschaftler Daten von mehr als 183.000 US-Patienten aus und stellten bei den acht untersuchten First-Line-Antidepressiva (Sertralin, Citalopram, Escitalopram, Fluoxetin, Paroxetin, Bupropion, Duloxetin und Venlafaxin) Unterschiede in der mittleren Gewichtsveränderung fest (»Annals of Internal Medicine« 2024, DOI: 10.7326/M23-2742).

Bupropion verursachte durchweg die geringste Gewichtszunahme. Patienten nahmen unter diesem Wirkstoff nach sechs Monaten sogar 0,22 kg ab. Im Vergleich zu Sertralin war die geschätzte Gewichtszunahme nach sechs Monaten bei Escitalopram, Paroxetin, Duloxetin, Venlafaxin und Citalopram höher und bei Fluoxetin ähnlich. Die Mechanismen sind auch hier noch nicht ausreichend aufgeklärt. Grundsätzlich kann ein steigender Appetit bei Antidepressiva auch anzeigen, dass die Therapie erfolgreich verläuft und Menschen wieder mehr Lebensfreude und mehr Lust aufs Essen entwickeln.

Auch andere Medikamente, die auf das Zentralnervensystem einwirken, können eine Gewichtszunahme als Nebenwirkung mitbringen. Unter den Antiepileptika sind dafür zum Beispiel Valproinsäure und Gabapentin bekannt. Sie können den Appetit steigern und den Stoffwechsel beeinflussen.

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