Geschlechtsspezifische Unterschiede beachten |
Annette Rößler |
09.05.2022 11:00 Uhr |
Beispiel Herzinsuffizienz: »Weibliche Patientinnen mit Herzinsuffizienz haben meist eine erhaltene Auswurffraktion (HFpEF), männliche dagegen eine reduzierte (HFrEF)«, sagte Gockel. Das habe auch Konsequenzen für die Therapie. So sei etwa bei HFrEF die intravenöse Gabe von Eisen vorteilhaft, während das bei HFpEF momentan noch unklar sei. Generell seien Anämie und Eisenmangel bei Patienten mit Herzinsuffizienz häufig, und zwar umso häufiger, je stärker ausgeprägt die Erkrankung sei (höhere NYHA-Stadien).
Der Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor (ARNI) Sacubitril/Valsartan (Entresto®) ist nur bei HFrEF zugelassen. Diese Form ist bei Frauen wie erwähnt seltener als die HFpEF. Wenn aber bei einer weiblichen Patientin eine HFrEF vorliege, profitiere sie Gockel zufolge zumeist besonders von der Gabe des ARNI: »Sacubitril/Valsartan scheint bei Frauen mit HFrEF Hospitalisierungen aufgrund der Grunderkrankung besser verhindern zu können als bei Männern.«
Bei der Dosierung von Arzneistoffen sei insbesondere im Alter die geschlechtsabhängig unterschiedliche Körperzusammensetzung zu beachten. Frauen hätten ein höheres Verteilungsvolumen für lipophile Substanzen und ein niedrigeres für hydrophile Wirkstoffe, während es bei Männern umgekehrt sei. »Bei weiblichen Patientinnen werden daher mit hydrophilen Arzneistoffen tendenziell höhere maximale Plasmaspiegel erreicht«, so der Geriater.
Auch mit Blick auf den Metabolismus und die Ausscheidung von Medikamenten gebe es Unterschiede. So arbeite bei Frauen das CYP-Enzym 2D6 meist besser als bei Männern, sodass der Abbau von Arzneistoffen über diesen Weg beschleunigt sei. CYP3A4 sei dagegen bei Männern meist etwas aktiver. Darüber hinaus sei bei betagten Patientinnen die renale Clearance meist schlechter als bei Patienten, sodass Arzneistoffe, die unverändert über die Nieren ausgeschieden werden, akkumulieren könnten.