Gerontoprotektion soll Altern aufhalten |
Brigitte M. Gensthaler |
17.06.2025 15:20 Uhr |
Alt werden wollen die meisten, krank werden die wenigsten. Damit man sein Alter in Ruhe genießen kann, ist ein gesunder Lebensstil wichtig. Gerontomedizin soll noch mehr dazu beitragen. / © Adobe Stock/Vladimir Voronin
In dem heute veröffentlichten Papier »Konzepte für eine neue Medizin in einer alternden Gesellschaft: Perspektiven für Forschung und medizinische Versorgung« sprechen sich Wissenschaftler dafür aus, die biologischen Prozesse des Alterns besser zu erforschen, um in der medizinischen Praxis das Altern selbst in den Fokus zu nehmen – und nicht erst die Behandlung altersbedingter Krankheiten. Sie fordern einen Paradigmenwechsel. Solche Diskussionspapiere der Leopoldina sollten einen Diskurs anregen und Denkanstöße geben, hieß es bei einer begleitenden Pressekonferenz.
»Wir müssen das Altern als Gesamtprozess besser verstehen, um Krankheiten zu verhindern und gezielte Prävention zu ermöglichen«, sagte Professor Dr. Björn Schumacher vom Institut für Genomstabilität in Alterung und Erkrankung an der Universität Köln. Neue therapeutische Ansätze sollten die Gesundheit im Alterungsprozess erhalten und altersbedingte Krankheiten wirksam reduzieren.
Um die interdisziplinäre Forschung zu fördern, schlagen die Autoren des Diskussionspapiers vor, in Deutschland ein interdisziplinäres Forschungskonsortium zu gründen. Es solle das Fachwissen in der Alterungs- und der Systembiologie bündeln und Forschungsdaten von Modellorganismen mit humanen Daten wie Bioproben und Patientendaten verbinden.
Professor Dr. Oliver Tüscher von der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Universitätsmedizin Halle stellte weitere Anregungen aus dem Papier vor. Dazu gehört eine bundesweit einheitliche Regelung des Tierschutzes – auch in der Altersforschung. Ein Tierversuchsgesetz sei beim Forschungsministerium anzusiedeln und nicht mit dem Tierschutz in der Landwirtschaft zu vermengen. Im Landwirtschaftsministerium werde das Forschungsanliegen inadäquat betreut.
Schon heute sind Medikamente bekannt, die den Alterungsprozess bremsen können. Eines davon ist Metformin. / © Adobe Stock/Graphicroyalty
Die dritte Forderung bezieht sich auf Medikamente, die das Potenzial haben, »Alterserscheinungen oder das Versagen der molekularen Reparaturmechanismen auszugleichen«. Der Psychiater nannte als Beispiel Diabetesmedikamente wie Metformin. Mit der Umwidmung von Medikamenten (Repurposing) könnten altbekannte Arzneistoffe für die Industrie wieder interessant werden.
Zudem schlagen die Autoren interdisziplinäre klinische Studien zur Geroprotektion unter Einbeziehung von Altersbiomarkern sowie den Aufbau einer nationalen Biobank vor.
Als fünfte Handlungsempfehlung nennen sie ein besseres öffentliches Bewusstsein für die Prävention. »Für Präventionsmaßnamen muss mehr Geld zur Verfügung stehen«, sagte Tüscher. Gerontomedizin sei Präventionsmedizin, die auch an Universitäten und im Medizinstudium verankert werden müsse. Um diese in Deutschland zu etablieren, könnten Facharzt-Curricula und Studienpläne in der Medizin relativ zeitnah angepasst werden.