Gepotidacin bei Harnwegsinfekten und Gonorrhö wirksam |
Brigitte M. Gensthaler |
15.03.2024 07:00 Uhr |
Gepotidacin ist ein neues Antibiotikum, das bei unkomplizierten Harnwegsinfekten und Gonorrhö in Studien der bisherigen Standardtherapie ebenbürtig oder überlegen war. / Foto: Adobe Stock/siriporn kaenseeya/EyeEm
In der Phase-III-Studie EAGLE-1 wurde Gepotidacin (zweimal 3000 mg peroral) mit intramuskulär injiziertem Ceftriaxon (500 mg) plus oralem Azithromycin (1000 mg) bei rund 600 Jugendlichen und Erwachsenen mit unkomplizierter Gonorrhö verglichen. Die sexuell übertragbare Krankheit wird durch das gramnegative Bakterium Neisseria gonorrhoea ausgelöst und betrifft Frauen und Männer gleichermaßen. Der primäre Endpunkt war eine kulturbestätigte Eradikation des Keims bei einem Kontrolltermin (Test-of-Cure) drei bis sieben Tage nach der Therapie. Nach Angaben des Herstellers GSK war Gepotidacin der etablierten Standardkombination nicht unterlegen.
Im Fachjournal »Lancet« sind die beiden Studien EAGLE-2 und -3 zum Einsatz von Gepotidacin bei Frauen mit unkomplizierten Harnwegsinfektionen publiziert. Rund 3100 Frauen erhielten entweder 1500 mg Gepotidacin oder 100 mg Nitrofurantoin, jeweils zweimal täglich für fünf Tage. Der primäre Endpunkt war der kombinierte klinische und mikrobiologische Erfolg bei einem Kontrolltermin am Tag 10 bis 13. Die Wirksamkeit war so gut, dass die Studien nach einer Interimsanalyse vorzeitig beendet wurden. Gepotidacin war in beiden Studien dem Nitrofurantoin nicht unterlegen (Heilungsrate 50,6 versus 47 Prozent) und in der EAGLE-3-Studie überlegen (Heilungsrate 58,5 versus 43,6 Prozent).
Die häufigste Nebenwirkung von Gepotidacin war Durchfall (14 sowie 18 Prozent in EAGLE-2 und -3). Nitrofurantoin führte dagegen häufiger zu Übelkeit (jeweils 4 Prozent der Patienten). Die Nebenwirkungen waren meist leicht oder mittelschwer; es gab keine lebensbedrohlichen oder tödlichen Ereignisse. In der EAGLE-1-Studie war das Sicherheitsprofil ähnlich, meldet GSK.
Gepotidacin wurde von GSK-Wissenschaftlern entdeckt und ist der erste Vertreter der Triazaacenaphthylen-Antibiotika. Es wirkt bakterizid, indem es zwei verschiedene Topoisomerase-II-Enzyme (DNA-Gyrase und Topoisomerase IV) hemmt. Für eine Resistenzentwicklung müssten also Mutationen in beiden Enzymen auftreten. In vitro zeigt es starke Aktivität gegen viele verschiedene Uropathogene, darunter Escherichia coli, Staphylococcus saprophyticus und N. gonorrhoeae sowie gegen das Pestbakterium Yersinia pestis (DOI: 10.1007/s12268-024-2125-x).
Die Weltgesundheitsorganisation führt das Bakterium Neisseria gonorrhoea auf der Liste der Pathogene, gegen die dringend neue Antibiotika entwickelt werden müssen, da die Resistenzen gegen verfügbare Therapien zunehmen, in diesem Fall gegen Fluorchinolone und Drittgenerations-Cephalosporine. Insofern ist es bedeutsam, dass Gepotidacin einen etwas anderen Angriffspunkt hat, was die Entwicklung von Resistenzen verzögern könnte.
Zu den neuen Topoisomerase-II-Inhibitoren gehört auch Zoliflodacin, ein Spiropyrimidintrion. Es ist oral bioverfügbar und wurde in einer Phase-III-Studie bei 930 Männern und Frauen mit Gonorrhö getestet. Eine Einzeldosis Zoliflodacin (3 g oral) war der etablierten Standardtherapie aus 500 mg Ceftriaxon intramuskulär plus 1 g Azithromycin oral nicht unterlegen. Beide Neulinge sind noch nicht zugelassen.