Gehalt der Kollegin ausgespäht, Job weg |
Jennifer Evans |
14.05.2024 15:00 Uhr |
Um Apothekenpersonal zu halten, bezahlen einige Inhaber über Tarif. Eine intransparente Gehaltsstruktur hat nun aber für Wirbel gesorgt. / Foto: Adobe Stock/H_K
Hierzulande redet kaum ein Angestellter darüber, was er verdient. Ein direkter Vergleich mit Kolleginnen oder Kollegen ist daher in der Regel nicht möglich. Eine Apothekerin wagte aber vor Kurzem doch mal den Blick in eine fremde Personalakte. Das kostete sie schließlich den Job, wie das Arbeitsgericht Mainz urteilte (Arbeitsgericht Mainz, Az.: 10 CA 581/23). Und das, obwohl die Personalakten relativ offen in der Offizin herumgestanden hatten.
Das war passiert: Die Approbierte fotografierte einen Arbeitsvertrag ab, den sie im Büro des Apothekeninhabers gefunden hatte, und leitete das Bild dann via WhatsApp an eine Kollegin weiter. Die eigentliche Nachricht war zwar gelöscht, lag den Richtern aber als Screenshot vor. Anhand dieser sowie weiterer Chatverläufe unter den Mitarbeitenden der Offizin war abzulesen, dass sie sich über Gehaltsangelegenheiten austauschten, die ihnen offensichtlich übel aufstießen. Laut Urteil, das der PZ vorliegt, hatte die Belegschaft die Gehaltsstruktur schon länger als ungerecht empfunden und es herrschte deshalb nach Angaben der Klägerin Unzufriedenheit im Betrieb.
Die Empfängerin der WhatsApp-Nachricht mit den Gehaltinformationen forderte dann am selben Tag zusammen mit einer anderen Angestellten selbst eine 30-prozentige Gehaltserhöhung über Tarif – mit Verweis auf Einkommen der Team-Kollegin.
Nachdem der Inhaber von dem heimlichen Aktenzugriff Wind bekommen hatte, kündigte er der betroffenen Approbierten sofort, die sich Zugriff zu den Akten verschafft hatte. Die wiederum wollte die Kündigung nicht auf sich sitzen lassen und klagte. Unter anderem warf sie ihrem Chef vor, den Datenschutz missachtet zu haben, weil er die Dokumente nicht entsprechend schützte. Der Arbeitgeber dagegen argumentierte vor Gericht mit einem gestörten Vertrauensverhältnis.
Die Mainzer Richter entschieden schließlich, dass die Kündigung aufgrund des Verhaltens der Apothekerin gerechtfertigt war. Neben der verbotenen Einsicht in die Dokumente hatte sie diese schließlich außerdem vervielfältigt und somit zusätzlich das Persönlichkeitsrecht der betroffenen Angestellten verletzt.