Gefahr für Gelenke, Herz und Nieren |
Brigitte M. Gensthaler |
05.02.2024 14:00 Uhr |
Harnsäure-Kristalle lagern sich bevorzugt in körperfernen Gelenken ab und bilden Tophi. Etwa 10 Prozent der Gichtpatienten entwickeln eine solche tophöse Gicht. / Foto: Adobe Stock/Adul10
Eine Hyperurikämie, also erhöhte Serum-Harnsäurewerte über 7 mg/dl, gilt als wesentlicher Risikofaktor für eine Gicht. Jeder vierte Mann und jede zehnte Frau in Deutschland sind betroffen. »Eine asymptomatische Hyperurikämie erfordert keine medikamentöse Therapie«, sagte Professor Dr. Monika Reuss-Bors, Ärztliche Direktorin der Hescuro-Kliniken in Bad Bocklet, kürzlich beim Kongress »Diabetologie grenzenlos« in München.
Wird das Löslichkeitsprodukt der Harnsäure im Blut überschritten, fallen Kristalle aus und lagern sich bevorzugt in körperfernen Gelenken und Geweben ab; es entstehen sogenannte Urat-Tophi. Mit dem ersten, meist sehr schmerzhaften Gichtanfall wird die Stoffwechselstörung manifest und zur Erkrankung. Gemäß der DEGAM-S2e-Leitlinie (AWMF-Reg.-Nr. 053-032a, Stand 2019) versteht man unter einer chronischen Gicht dauerhafte Beschwerden durch Urat-Tophi. »Mit dem Alter steigt die Prävalenz der Gicht, aber sie manifestiert sich oft ruhiger und eher mit Harnsäure-Kristallen und Tophi in den Gelenken«, informierte die Rheumatologin. Die Zahl der Patienten mit chronischer Gicht sei in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Bei manchen werde fälschlich eine rheumatoide Arthritis diagnostiziert.
Menschen mit Gicht sind oft multimorbid und haben weitere kardiovaskuläre, renale und metabolische Erkrankungen. »Sie sind kardiovaskuläre Risikopatienten.« In diesem Kontext werde die Gicht oft als »geringstes Übel« angesehen und nicht behandelt, sagte Reuss-Bors. Schlecht oder gar nicht behandelt entwickeln jedoch etwa 10 Prozent der Betroffenen eine chronische tophöse Gicht mit Gelenkdestruktion. Angesichts systemischer Organschäden, zum Beispiel von Herz und Nieren, und einer erhöhten Sterblichkeit sprach die Ärztin von einem »Gichtsyndrom«.
Nicht beeinflussbare Risikofaktoren für Hyperurikämie und Gicht sind Alter, genetische Faktoren, Geschlecht und die Menopause. Zu den beeinflussbaren Faktoren gehören Lebensstil, Übergewicht/Adipositas und eine purinreiche Ernährung (viel Fleisch, Meeresfrüchte, Nahrungsmittel und Getränke mit hohem Fructosegehalt, Alkohol). Auch Dehydratation, Komorbiditäten wie Diabetes, Nierenerkrankungen und arterielle Hypertonie, Stress und etliche Arzneimittel erhöhen das Risiko. Das Apothekenteam sollte unter anderem auf Diuretika wie Thiazide und Schleifendiuretika, niedrig dosierte Acetylsalicylsäure, Levodopa, Ciclosporin A, Tacrolimus und Tuberkulostatika achten.