Gefährliche Übersäuerung möglich |
Sven Siebenand |
25.09.2018 12:10 Uhr |
Das Risiko für diese gefährliche Stoffwechselentgleisung sei in bestimmten Situationen erhöht. Dazu zählen größere operative Eingriffe, akuten Erkrankungen wie Infektionen oder Gastroenteritis, Low-Carb-Diäten und drohende Dehydratation, beispielsweise durch exzessives Training. In solchen Fällen wird dazu geraten, die Behandlung mit diesen Antidiabetika vorübergehendend zu pausieren. Momentan im Handel sind in Deutschland drei Vertreter der SGLT-2-Hemmer, der sogenannten Gliflozine: Dapagliflozin (Monopräparat: Forxiga®, in Kombination mit Metformin: Xigduo®), Empagliflozin (Monopräparat: Jardiance®) und Ertugliflozin (in Kombination mit Sitagliptin: Steglujan®).
Gliflozin-assoziierte Ketoazidosen sind unter Umständen schwer zu diagnostizieren. So kann es sein, dass der Blutzucker bei Betroffenen nur mäßig erhöht oder sogar normal ist. Zudem sind im Urin nichts zwangsläufig Ketonkörper nachzuweisen, da die SGLT-2-Hemmer dazu führen, dass diese in der Niere vermehrt rückresorbiert werden.
Die AkdÄ rät, bei folgenden Symptomen unter Behandlung mit Gliflozinen eine Ketoazidose in Betracht zu ziehen: Übelkeit, Erbrechen, Anorexie, Bauchschmerzen, starker Durst, Schwierigkeiten beim Atmen, Verwirrtheit, ungewöhnliche Müdigkeit oder Schläfrigkeit. Bei Auftreten einer diabetischen Ketoazidose beziehungsweise bei Verdacht darauf muss die Behandlung mit dem SGLT-2-Hemmer sofort abgesetzt werden. In solchen Fällen sollten Gliflozine nur dann erneut angesetzt werden, wenn eindeutig ein anderer auslösender Faktor für die Ketoazidose festgestellt und beseitigt wurde.
Warum kann es unter einer Gliflozin-Therapie überhaupt zu einer Ketoazidose kommen? Verschiedene Mechanismen werden als Ursache diskutiert. Zum einen sorgen SGLT-2-Inhibitoren dafür, dass Glucose über die Nieren ausgeschieden wird, der Blutzuckerspiegel sinkt. Dies ist einerseits gewollt, andererseits fehlt aber auch ein wichtiger Trigger für die Ausschüttung von Insulin aus den Betazellen der Bauchspeicheldrüse. Gegenregulatorisch kann es dann dazu kommen, dass verstärkt Glucagon sezerniert wird, was die Lipolyse und Fettsäureoxidation in der Leber ankurbelt und schließlich zur Bildung von Ketonkörpern führen kann. Hinzu kommt, dass Alphazellen im Pankreas SGLT-2-Rezeptoren exprimieren, die als Glucosesensoren dienen. Werden diese durch ein Gliflozin blockiert, wird eine Unterzuckerung vorgetäuscht, was die Ausschüttung von Glucagon verstärken kann. Last but not least kommt – wie bereits erwähnt – hinzu, dass SGLT-2-Hemmer die Rückresorption von Ketonkörpern in der Niere erhöhen.
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