Geburtstag einer Brausetablette |
Brigitte M. Gensthaler |
05.08.2025 13:00 Uhr |
Im Werk in Wolfratshausen entstehen nur feste Arzneiformen, hier die Hochdrucksatz-Tablettenpresse. / © Hermes Pharma
Im Jahr 1925 meldete Franz Gradinger, der die Firma Hermes 1907 gegründet hatte, die Marke Biolectra® zum Patent an und schon nach wenigen Jahren war ein Blut- und Nerven-Kraftpulver unter diesem Namen im Handel. Die heutige Fokussierung auf Mineralstoffe begann 1986, als die Firma ein Verfahren zur Direktgranulierung zur Marktreife entwickelte und das Arzneimittel Biolectra® Magnesium in zwei Stärken als Brausetablette auf dem deutschen Markt einführte.
»Biolectra ist der Kern und das Herz der Hermes-Gruppe und wir sind ganz auf Magnesium konzentriert«, sagte Jörg Wieczorek, Geschäftsführer Hermes Arzneimittel Holding, bei der Jubiläums-Pressekonferenz. Die Marke sei auch sein »Herzensprojekt«. Biolectra habe für Hermes die gleiche Bedeutung wie der Golf für VW oder das iPhone für Apple. Das Unternehmen, das vor sechs Jahren in die Johannes-Burges-Familienstiftung umgewandelt wurde, habe sich bewusst entschieden, apothekenexklusiv zu sein. »Wir wollen unsere Marke nicht verramschen.«
Hermes arbeite stetig an der Weiterentwicklung und befasse sich intensiv mit der Nachhaltigkeit, erklärte Wieczorek. »Fünf Mitarbeitende beschäftigen sich nur mit solchen Fragen.«
Die Produkte werden bei Hermes Pharma in Wolfratshausen und im österreichischen Wolfsberg hergestellt. In Jahr 1994 eröffnete das Werk in Wolfratshausen südlich von München. Dort arbeiten 320 Menschen, davon etwa die Hälfte in der Produktion, erklärte Uwe Tschirschwitz, Bereichsleiter Qualifizierung/Validierung & Digitale Compliance bei Hermes Pharma, bei der Werksführung. Hier würden nur feste Arzneiformen, sprich Tabletten, produziert. Bei der Führung durch die Produktionsstraße stellte der Apotheker spezielle Granuliertechniken und Vakuumgranulatoren vor. Die Firma produziert nicht nur für den eigenen Bedarf, sondern arbeitet auch als Lohnhersteller für viele Kunden in Europa.
Zum Verkaufsschlager entwickelten sich demnach die 2003 eingeführten Direct-Sticks, die aktuell in Österreich gefertigt werden. Gerade etabliere das Unternehmen eine Maschine, um die Sticks künftig in Wolfratshausen produzieren zu können, so der langjährige Herstellungsleiter.
Biolectra-Produkte sind als Arznei- und als Nahrungsergänzungsmittel auf dem Markt und unterliegen strengen Qualitätskontrollen. Für Arzneimittel gelten bekanntlich die GMP-Regeln, für Lebensmittel das HACCP-Konzept (Hazard Analysis and Critical Control Points, Gefahrenanalyse und kritische Kontrollpunkte).
Die Schlüsselrolle von Magnesium (Mg) im Organismus beleuchtete Professor Dr. Gunter Eckert vom Institut für Ernährungswissenschaft der Universität Gießen. Ein chronischer Mangel – man spricht bei Serumspiegeln unter 1,7 mg/dl von Hypomagnesiämie – werde oft übersehen. Etwa 3 bis 10 Prozent der Allgemeinbevölkerung und 10 bis 30 Prozent der Diabetespatienten hätten ein latentes asymptomatisches Defizit. Bei Krankenhauspatienten, vor allem auf Intensivstation, seien etwa 65 Prozent betroffen, informierte der Ernährungswissenschaftler. Typisches Symptom sind Muskelkrämpfe.
Neben ungenügender Aufnahme über die Nahrung, mangelnder Resorption und erhöhter renaler Ausscheidung kann ein Mg-Mangel iatrogen bedingt sein. Eckert nannte unter anderem Thiaziddiuretika, Protonenpumpenhemmer, Calcineurin-Inhibitoren, Bisphosphonate und Insulin.
Dr. Andrea Klüting, Senior Medical Managerin bei Hermes, ergänzte einen Tipp für ihre Kollegen: »Denken Sie bei der pDL Medikationsanalyse an einen Magnesium-Mangel durch die Polymedikation. Dies gilt auch, wenn Patienten über Muskelschwäche und -krämpfe klagen.« Ein Defizit sei therapiebedürftig, denn Muskelkrämpfe beeinträchtigten die Schlaf- und Lebensqualität und erhöhten die Sturzgefahr. »Noch eine Stunde nach dem Krampf ist der Muskel krampfanfällig.«
Menschen mit Diabetes sei eine Supplementation generell zu empfehlen, sagte die Apothekerin. Bei Menschen mit Prädiabetes könne eine gute Versorgung plus Lebensstiländerung die Manifestation zum Diabetes eventuell verhindern.