Für alte Menschen hochgefährlich |
| Brigitte M. Gensthaler |
| 14.11.2025 15:30 Uhr |
Viele alte Menschen sind unter- und mangelernährt. Das bedroht ihre Selbstständigkeit und verschlechtert die Prognose. / © Adobe Stock/Louis-Photo
»Altern bedeutet eine Abnahme der körperlichen Reserven und eine erhöhte Vulnerabilität. Damit schwindet die Selbstständigkeit und der Pflegebedarf steigt«, erklärte Professor Dr. Jürgen Bauer, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM), bei einer Online-Pressekonferenz anlässlich der aktuellen Malnutrition Awareness Week. »Wir brauchen die Ernährung, um dem katabolen Abbau des Körpers entgegenzuwirken.« Sehr kleine Kinder seien ähnlich vulnerabel für einen Ernährungsmangel wie die Hochaltrigen. Die DGEM hat im Februar 2025 ihre S3-Leitlinie »Klinische Ernährung und Hydrierung im Alter« aktualisiert.
Mangelernährung beschleunigt den Abbau des alternden Muskels und ist neben Bewegungsmangel und Immobilisation der wesentliche Auslöser für eine Sarkopenie. Diese ist definiert als progrediente Muskelkrankheit mit deutlichem Verlust an Muskelmasse und Muskelkraft. Die Folgen sind gravierend: Das Risiko für Stürze und Frakturen steigt und es kommt vermehrt zur Aufnahme ins Pflegeheim. Zudem begünstigt eine Mangelernährung Multimorbidität und erhöht die Mortalität – bei Krankenhauspatienten um das Dreifache.
Bauer, Ärztlicher Direktor des Geriatrischen Zentrums der Universitätsklinik Heidelberg, nannte ein drastisches Beispiel. Ein 85-jähriger Patient, der wegen einer Pneumonie stationär liegt, wenig isst und hohe Entzündungsparameter hat, könne in drei Tagen 1 kg Muskelmasse verlieren. »Das ist dramatisch und kann Pflegebedürftigkeit auslösen.«
Oft nicht erkannt wird die sarkopene Adipositas, eine Kombination von Fettleibigkeit und reduzierter Skelettmuskelmasse. Dabei geht die Muskelmasse auf Bewegungsmangel zurück, bleibt aber wegen des Fettmantels unerkannt. Die Adipositas verschlimmert den Muskelschwund, verstärkt die Fetteinlagerung in die Muskulatur, vermindert die körperliche Funktion und erhöht das Sterberisiko.