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Teratogene Medikamente

Frauen im gebärfähigen Alter brauchen Medikationsplan

Bundesweit erhalten etwa 7,8 Prozent der Mädchen und Frauen im gebärfähigen Alter ein potenziell teratogenes Arzneimittel. Dies ermittelte der Barmer Arzneimittelreport 2021. Zuviel, findet die Krankenkasse und fordert mehr Sicherheit und die Einführung eines »Never-Event-Konzepts«.
Brigitte M. Gensthaler
23.11.2021  12:00 Uhr

Bundesweit erhielten 2018 etwa 1,33 Millionen Frauen zwischen 13 und 49 Jahren mindestens ein potenziell teratogenes Arzneimittel auf Rezept. In Bayern waren es rund 201.000; davon waren rund 51.000 Frauen zwischen 26 und 35 Jahre alt – also in einem Alter, in dem viele Paare sich ein Kind wünschen. Diese Zahlen ermittelte der Arzneimittelreport 2021 der Barmer-Krankenkasse.

Um vermeidbare Risiken für das Ungeborene auszuschließen, sollten Frauen dieser Altersgruppe »ab dem ersten verordneten Dauermedikament einen Rechtsanspruch auf einen bundeseinheitlichen Medikationsplan haben«, fordert Professor Dr. Claudia Wöhler, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Bayern, im Gespräch mit der PZ. Dies fördere das Bewusstsein für und das Gespräch über potenzielle Risiken von Medikamenten. Hausärzte und Gynäkologen sollten Frauen immer wieder nach ihrer Medikation fragen, um Sensibilität zu wecken. Denn auch bei einer ungeplanten Schwangerschaft müssten die Frauen wissen, dass sie ihren Arzt sofort über ihre Medikamente informieren sollten. Apotheker sollten die Frauen frühzeitig informieren und über Risiken aufklären; im Einvernehmen mit der Frau könnten sie auch mit dem Arzt Rücksprache halten, sagt Wöhler.

Da Medikamente aus der Gruppen der starken und gesicherten Teratogene wie Valproinsäure, Retinoide und Zytostatika nur bei zwingender Indikation und gesicherter Kontrazeption verordnet werden, stellt sich die Frage, ob und wie die Frauen verhüten. Doch dies erfordere eine personenbezogene Datenanalyse, die nicht erlaubt sei, erklärt Wöhler. Kritisch sei, dass Teratogene in der Schwangerschaft oft weiterverordnet würden. So zeigte eine Schwerpunktanalyse, dass die behandelnden Ärzte die Arzneimitteltherapie in der Schwangerschaft oft, aber nicht immer anpassen. »Die Absetzquoten bei den besonders kritischen Präparaten liegen nur zwischen 31 und 60 Prozent – das ist viel zu wenig.«

Ein weiteres Problem sieht die Barmer-Landeschefin im Wechsel der verordnenden Ärzte. Sind es vor und nach der Schwangerschaft vor allem Hausärzte und Fachärzte wie Neurologen, so werden in der Schwangerschaft Gynäkologen zu den Hauptverordnern. Hier könne ein Medikationsplan helfen, Informationslücken zu schließen.

Einen Rechtsanspruch auf einen bundeseinheitlichen Medikationsplan haben Versicherte derzeit aber erst, wenn sie mindestens drei Medikamente dauerhaft gleichzeitig einnehmen. Doch wie eine ergänzende Umfrage von etwa 1300 Barmer-versicherten Frauen nach der Entbindung im Jahr 2020 zeigte, hatten nur 14 Prozent der Frauen mit Arzneimitteltherapie vor der Schwangerschaft einen Medikationsplan – und nur 2 Prozent den bundeseinheitlichen Plan. »Wer einen Medikationsplan führt, hat schon vor der Schwangerschaft einen Risikoüberblick«, betont Wöhler weiter.

Digitalisierung soll helfen, Fehlbildungen zu vermeiden

Um die Arzneimitteltherapiesicherheit von ungeborenen Kindern zu verbessern, setzt die Barmer vor allem auf die Digitalisierung, zum Beispiel die elektronische Patientenakte, und forciert Projekte, die riskante Verordnungen bei Schwangeren zu »never events« machen sollen. Damit bezeichnet man Ereignisse, die grundsätzlich vermeidbar sind und aufgrund katastrophaler Konsequenzen nie auftreten dürfen. Diese Klassifizierung von Ereignissen erfolgt bereits in Großbritannien.

Wöhler verwies auf mehrere Projekte des Barmer-Innovationsfonds, in denen die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) sektorenübergreifend und digital unterstützt verbessert werden soll. Dies erfolge in enger Kooperation mit Ärzten, Apothekern und Patienten. In Planung ist zum Beispiel das Projekt eRIKA (elektronisches Rezept für intersektorale Kommunikation zur Arzneimittelsicherheit), in das Ärzte, Apotheker und das Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Charité Berlin, kurz Embryotox, eingebunden sind. Ziel ist es, vermeidbare Risiken bei der Medikation auf allen Versorgungsebenen eines Patienten aufzuspüren und möglichst zu verhindern.

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