Fokus auf Entzündung und Remission |
Ein schwerer Atemnotanfall kann bei den Patienten Angst und Panik auslösen. / Foto: Adobe Stock/RFBSIP
Asthma bronchiale ist eine chronisch entzündliche Erkrankung der Atemwege, die durch eine bronchiale Überempfindlichkeit (Hyperreagibilität) und eine damit verbundene variable Atemwegsobstruktion charakterisiert ist. Kennzeichnend ist ein anfallsartiges Auftreten typischer Symptome. Hierbei prägen insbesondere Atemnot (Dyspnoe), eine erschwerte Ausatmung (exspiratorischer Stridor) mit charakteristischen Geräuschen (Giemen) sowie anfallsartiger Husten in wechselnder Intensität und Häufigkeit das Erscheinungsbild.
Asthma kann in verschiedenen Phasen des Lebens erstmals auftreten und vorübergehend existieren, aber auch lebenslang persistieren. Am stärksten sichtbar sind Formen, die bereits in der Kindheit einsetzen (early-onset). Aber auch im Erwachsenenalter (adult-onset) treten Asthmaerkrankungen auf und verlaufen dann oft schwer. Insgesamt ist in Deutschland eine Lebenszeitprävalenz von 8,4 Prozent zu verzeichnen (1), die in den letzten Jahren in dieser Höhe stagniert. Wie erfolgreich die heutige Therapie ist, zeigt der deutliche Rückgang der Mortalität der Patienten in den letzten drei Jahrzehnten. So sank die Zahl der Todesfälle durch Asthma in Deutschland von 1998 bis 2020 um etwa 70 Prozent (2).
Hier könnte sich der Asthma-Trigger auf leisen Pfoten davonschleichen. / Foto: Getty Images/BSIP/UIG
Die eigentliche Krankheitsursache (Ätiologie) des Asthma bronchiale ist bisher unbekannt. Als endogener Faktor wird eine komplexe genetische Prädisposition beschrieben. Adipositas gilt als Risikofaktor für das Auftreten von Asthma, für schwerere Verlaufsformen sowie ein schlechteres therapeutisches Ansprechen. Exogene Faktoren werden differenziert in allergische (Tierhaare, Pollen und andere) und nicht allergische Stimuli, zum Beispiel Luftverschmutzung, Tabakrauch und Infektionen, als auslösende Trigger.
Diese Unterscheidung gilt traditionell als Grundlage für die Klassifizierung in ein »allergisches Asthma« sowie in das »intrinsische (nicht allergische) Asthma«. Beide Ausprägungen treten eher selten in Reinform, sondern meist als Mischformen auf. Die Rolle viraler Infektionen als Grundlage wird unterschiedlich diskutiert (3).
Die zugrunde liegenden pathologischen Mechanismen sind komplex. Grundsätzlich basiert die Krankheit auf einer bronchialen Entzündungsreaktion, die eine komplexe Entzündungskaskade vorantreibt. Gleichzeitig liegt eine bronchiale Hyperreagibilität vor, die in dem inflammatorischen Szenario einen Spasmus der Bronchialmuskulatur sowie eine Schwellung der Bronchialwände verursacht. Schleimhautödeme und die verstärkte Schleimsekretion führen dann zu einer endobronchialen Obstruktion, die funktionell die Atemnot induziert.
Das Zusammenspiel von Schleimhautödem, Bronchospasmus und Hypersekretion wird auch als »Asthma-Trias« bezeichnet.
Obwohl die Atemnot anfallsweise auftritt, herrscht auch in den symptomfreien Intervallen eine entzündliche Aktivität in den Bronchien. Dies führt langfristig zum Umbau (Remodelling) des Lungengewebes mit Verdickung der Bronchialwände durch verstärktes Wachstum von Muskelzellen und Bindegewebe, zur Zunahme schleimbildender Drüsenzellen und damit zu einer generell beeinträchtigten Lungenfunktion.
Die Asthmasymptome sind zwar gleich, doch dahinter verbirgt sich eine heterogene Entzündungserkrankung, die über die klassische Einteilung in intrinsisches und allergisches Asthma hinausgeht. Die Entzündungsprogression wird subepithelial im bronchialen Gewebe durch ein komplexes Zusammenspiel von Entzündungszellen und Mediatoren vorangetrieben (Abbildung 1). Anhand der unterschiedlichen Dominanz dieser Wege, die sich auch laborchemisch voneinander abgrenzen lassen, können diese als »Phänotypen der Asthmaerkrankung« kategorisiert werden.
Diese Phänotypisierung verbessert eine zielgerichtete Therapie und hat insbesondere für die Behandlung schwerer Verlaufsformen große Relevanz. Ein allergisches Asthma ist gekennzeichnet durch erhöhte Level an Immunglobulin E (IgE) oder den Interleukinen IL-4 und -13. Doch auch nicht allergische Trigger können die Entzündungskaskaden forcieren. Da bestimmte Zytokine, insbesondere IL-5 und IL-13, nicht nur von Allergen-spezifischen TH2-Zellen des adaptiven Immunsystems, sondern auch von Allergen-unspezifischen lymphoiden Zellen des angeborenen Immunsystems freigesetzt werden, fasst man diese beiden Phänotypen der asthmatischen Entzündung neuerdings unter dem Oberbegriff »Typ-2-Asthma« zusammen (Abbildung 1, rechts). Die Aktivierung von Eosinophilen ist ein wichtiger Entzündungstrigger (4).
Abbildung 1: Blick hinter die Kulisse der nach außen einheitlich erscheinenden Entzündungsprozesse bei Asthma bronchiale. Die Dominanz einzelner Entzündungswege erlaubt eine Unterscheidung in allergische Formen unterschiedlicher Ausprägung sowie in Typ-2-Asthma mit Dominanz einer Eosinophilen-Aktivierung. / Foto: PZ/Stephan Spitzer
Inwieweit das bisherige »eosinophile Asthma« mit einem Typ-2-Asthma gleichzusetzen ist, ist noch nicht völlig geklärt. Als »Typ-2-Biomarker« werden neben der Eosinophilenzahl in Blut und Sputum auch das exhalierte Stickstoffmonoxid (FeNO) zur Therapiekontrolle genutzt (5).
Eine Typ-2-Entzündung spricht therapeutisch meist gut auf inhalative Corticosteroide an, wobei die Typ-2-Biomarker dadurch deutlich reduziert werden (6). Die Anzahl der Eosinophilen wird auch als Indikator für ein besseres Ansprechen auf eine Antikörpertherapie angesehen (7).
Die neue S2k-Leitlinie zur fachärztlichen Diagnostik und Therapie von Asthma wurde im März 2023 von der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin, der Deutschen Atemwegsliga sowie weiteren Fachgesellschaften herausgegeben (8).
Die Novellierung der Vorgängerversion von 2017 trägt insbesondere den neuen Einteilungskriterien des Asthmas (Typ-2-Asthma mit Biomarkern) Rechnung. Weiterhin werden die Therapie schwerer Verlaufsformen mit Biologika hervorgehoben, eine mögliche Immuntherapie bei allergischem Asthma berücksichtigt sowie das langfristige Ziel einer Pharmakotherapie neu definiert. Ziel ist nicht mehr nur, die Symptome der Erkrankung kurzfristig zu reduzieren, sondern eine Symptomprävention mit nachhaltig wirksamen Medikamenten zu erreichen und damit langfristig eine Remission anzustreben.
Wie in der bisherigen Leitlinie orientiert sich die Pharmakotherapie an der Schwere der Erkrankung der Patienten, ausgehend von leichtem Asthma (Stufe 1) bis zu sehr schweren Krankheitsformen in Stufe 5 (Abbildung 2), bei Kindern bis Stufe 6. Das therapeutische Stufenschema bietet einen Rahmen für eine schrittweise Eskalation und auch Deeskalation der Therapie. Dabei ist auf jeder Stufe eine evidenzbasierte Auswahl von Erstwahlmitteln sowie nachrangiger Alternativen angegeben.
Abbildung 2: Pharmakotherapie des Asthma bronchiale bei erwachsenen Patienten entsprechend steigender Krankheitsaktivität von Stufe 1 bis Stufe 5 gemäß der therapeutischen Leitlinie, Stand 2023
ICS: inhalatives Corticosteroid; IgE: Immunglobulin E; IL: Interleukin; LABA: lang wirksames inhalatives Beta-2-Mimetikum; LAMA: lang wirksames Anticholinergikum; LTRA: Leukotrien-Rezeptor-Antagonist; OCS: orales Corticosteroid; SABA: kurz wirksames inhalatives Beta-2-Mimetikum; TSLP: Thymus-Stroma-Lymphopoietin / Foto: PZ/Stephan Spitzer
Inhalative Corticosteroide (ICS) spielen in allen Stufen dosisangepasst eine zentrale Rolle. Dies unterstreicht, dass nach neuen Erkenntnissen die Entzündungskontrolle den Vorrang vor der Symptombekämpfung hat. Bronchodilatatoren ohne ICS sollen, zumindest ab Stufe 2, nicht mehr angewendet werden. Eine inhalative Therapie hat immer Vorrang. Theophyllin ist aus der Therapie verbannt, der Leukotrien-Rezeptor-Antagonist Montelukast soll nur in Ausnahmefällen begründet zur Anwendung kommen.
Platz 1 in der modernen Asthmatherapie: inhalative Corticosteroide / Foto: Adobe Stock/Tobilander
Beta-2-Sympathomimetika sind und bleiben die favorisierten Bronchodilatatoren in der Asthmatherapie: kurz wirksame (SABA) oder lang wirksame (LABA). Neu ist die höhere Bewertung einer Fixkombination aus ICS (niedrig dosiert) plus LABA (Formoterol) bereits ab Stufe1 als Bedarfstherapie und ab Stufe 2 als Dauertherapie, wobei für den Bedarf zusätzlich ICS/SABA-Kombinationen, zum Beispiel mit Salbutamol, zum Einsatz kommen. In den seltenen Fällen einer Unverträglichkeit von LABA-Kombinationen können ab Stufe 3 in Einzelfällen auch lang wirksame Muskarin-Antagonisten (LAMA, insbesondere Tiotropiumbromid) zum Einsatz kommen. Durch die neue, langfristig angelegte Kombinationstherapie ist auch die klassische Einteilung der Therapeutika in »Controller« (nur Entzündungshemmung) und »Reliever« (akute Symptombehandlung) überholt. Diese Vorgaben decken sich mit den Empfehlungen, die bereits in der 4. Auflage der Nationalen Versorgungsleitlinie Asthma 2020 getroffen wurden (9).
Ein Blick in die Verordnungszahlen in Deutschland: 2021 war die Kombination von ICS/LABA mit 422 Millionen verschriebenen Tagesdosen (DDD) die verordnungsstärkste Therapieoption in der Asthmabehandlung (10). Dabei stechen besonders die Kombinationen von Formoterol mit Beclometason (139 Millionen DDD) und mit Budesonid (70 Millionen DDD) hervor.
Patienten mit schwerem Asthma (kategorisiert in Stufe 5), die auch unter ICS-Höchstdosis keine Kontrolle der Erkrankung erreichen, sollen eine Antikörpertherapie erhalten, die einer oralen Einnahme von Glucocorticoiden deutlich vorzuziehen ist. Für die Auswahl des Antikörpers ist die Bestimmung des vorherrschenden Phänotyps anhand bestimmter Biomarker entscheidend. So können dann, über die Entzündungshemmung durch ICS und die Bronchodilatation hinaus, spezifische Targets der vorherrschenden molekularen Entzündungswege adressiert werden.
Bei einem allergischen Asthma mit hohen IgE-Plasmaspiegeln kann das aus B-Lymphozyten freigesetzte IgE als Mediator direkt blockiert werden, zum Beispiel mit Omalizumab. Dadurch wird dessen Bindung an Mastzellen oder Basophile und damit deren Mediatorfreisetzung blockiert.
Bei einem allergischen Asthma mit einer dominierenden TH2-Aktivität kann durch Hemmung von IL-4 und IL-13 bereits die Aktivierung der B-Zellen unterdrückt werden. Hierzu wird Dupilumab eingesetzt.
Das Typ-2-Asthma ist durch eine erhöhte Anzahl von Eosinophilen gekennzeichnet. Dieser Typ tritt meist erst bei Erwachsenen (ab 35 Jahren) auf und ist durch schwere Krankheitsverläufe mit einer stark schwankenden Symptomatik gekennzeichnet. Die Patienten leiden häufig an heftiger Sinusitis und Nasenpolypen. Wie erläutert, kann eine Eosinophilen-Aktivierung durch allergische Stimuli über TH2–Zellen, aber auch durch nicht allergische Auslöser von lymphoiden Zellen des angeborenen Immunsystems forciert werden. IL-5 ist dabei der entscheidende Mediator. Daher ist die Hemmung von IL-5, zum Beispiel mit Mepolizumab, ein herausragendes Target bei der Behandlung schwerer Formen.
Mit Omalizumab (Xolair®) wurde bereits 2005 ein Antikörper zur Zusatzbehandlung von Patienten (ab sechs Jahren) mit schwerem, persistierenden IgE-vermittelten Asthma zugelassen, wenn diese nicht ausreichend auf ICS ansprechen.
Omalizumab ist ein humanisierter Antikörper mit Bindungsspezifität für den Fc-Teil des humanen IgE. Er blockiert die aus Plasmazellen freigesetzten IgE-Moleküle in ihrer Rezeptorwirkung an Mastzellen und Basophilen und damit die Ausschüttung von Mediatoren wie Histamin oder Leukotrienen nach Allergenkontakt. Omalizumab reduziert auch die Expression der IgE-Rezeptoren auf diesen Zellen. Voraussetzung für die Anwendung ist der Nachweis eines ganzjährig auftretenden Aeroallergens, zum Beispiel Tierhaare, durch einen In-vitro- oder einen Hauttest.
Omalizumab wird subkutan in einer den IgE-Spiegeln angepassten Dosierung im 14-tägigen oder monatlichen Intervall appliziert. Die maximale Dosierung beträgt 600 mg alle zwei Wochen. Der Antikörper führt zu einer etwa 40- bis 50-prozentigen Reduktion schwerer Krankheitsanfälle (Exazerbationen). Die Therapie wird prinzipiell gut vertragen; lokale Reaktionen an der Einstichstelle sowie Kopfschmerzen sind als unerwünschte Wirkungen beschrieben.
Bei allergisch bedingtem Asthma kann eine Immuntherapie helfen. / Foto: Adobe Stock/absolutimages
Auf der Grundlage der S2k-Leitinie zur Allergen-Immuntherapie bei IgE-vermittelten Erkrankungen aus dem Jahr 2022 (11) kann bei Erwachsenen mit einem sicher diagnostizierten allergischen Asthma auch eine Allergen-Immuntherapie (AIT) erwogen werden. Ziel ist es, die Asthmakontrolle nachhaltig zu verbessern, Exazerbationen zu vermeiden und den Bedarf an Dauermedikamenten zu senken. Eine AIT ist dabei kein Ersatz, sondern ein Add-on zu einer antiasthmatischen Pharmakotherapie. Bei Allergien gegenüber Aeroallergenen kommen grundsätzlich eine subkutane (SCIT) oder eine sublinguale Immuntherapie (SLIT) infrage.
Voraussetzung ist ein klarer Zusammenhang von Allergen und pulmonalen Symptomen bei einem ansonsten kontrollierbaren Asthma. So kann eine AIT beispielsweise bei Erwachsenen mit Asthma Stufe 3 oder 4 und Allergie gegen Hausstaubmilben helfen, das therapeutische Ansprechen zu verbessern und die ICS-Dosis zu vermindern (12).
Eine Verschiebung des Differenzierungsgleichgewichts der T-Helferzellen von Typ 1 zu Typ 2 fördert allergische Abwehrreaktionen. Dabei aktivieren die von TH2-Zellen gebildeten Zytokine, insbesondere IL-4 und IL-13, B-Zellen zur verstärkten IgE-Bildung. Durch Blockade von IL-4 und IL-13 kann eine allergische Erkrankung an einem früheren Ansatzpunkt als bei der direkten Hemmung von IgE unterdrückt werden.
Dupilumab (Dupixent®) ist ein humaner Antikörper gegen die identische alpha-Untereinheit der IL-4- sowie IL-13-Rezeptoren und blockiert so beide Zytokine in ihrer Wirkung zur Aktivierung von B-Zellen. Dupilumab erhielt bereits 2017 eine Zulassung zur Therapie der Neurodermitis; seit 2019 steht es auch für Patienten mit Typ-2-Asthma als Add-on-Therapie zur Verfügung, wenn diese nicht ausreichend auf ICS ansprechen. Seit 2022 kann Dupilumab auch für Kinder ab sechs Jahren angewendet werden. Der Antikörper wird in einer Dosierung von 200 oder 300 mg 14-tägig subkutan von den Patienten selbst appliziert.
Foto: Adobe Stock/New Africa
Trotz ähnlicher pulmonaler Symptomatik ist das Krankheitsbild der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) differenzialdiagnostisch klar vom Asthma bronchiale abzugrenzen. Beide Erkrankungen unterscheiden sich grundlegend hinsichtlich Pathogenese, Krankheitsverlauf, Prognose und der typischen Patientenpopulation. Zu den Charakteristika einer COPD gehören:
Der früher oft genutzte Begriff eines »Asthma-COPD-Overlap« (ACO) wurde verlassen, da er zu unscharf definiert ist.
Grundlage einer COPD-Behandlung sollte der Ausschluss induzierender Faktoren (Raucherentwöhnung!) sein. Im Gegensatz zum Asthma bronchiale setzt eine Pharmakotherapie schwerpunktmäßig auf Bronchodilatatoren, zumeist LAMA oder LAMA/LABA-Kombinationen. Nur bei schweren Krankheitsausprägungen kommen ICS, dann meist als Tripelkombination mit LAMA/LABA zum Einsatz. Im Gegensatz zur Asthmatherapie sind Innovationen bei der COPD-Behandlung rar. Daten einer klinischen Phase-III-Studie geben Hoffnung, dass die Hemmung von IL-4 und IL-13 durch Dupilumab auch bei COPD-Patienten einen Nutzen erbringen könnte (15).
Das Zytokin IL-5 ist für Aktivierung, Differenzierung, Wachstum und Überleben der eosinophilen Granulozyten essenziell und eignet sich daher herausragend als Target für die therapeutische Hemmung dieser Asthmaform.
Mepolizumab (Nucala®, Markteinführung 2016) ist ein humanisierter IgG1-Antikörper gegen IL-5, der zur Zusatztherapie einer schweren refraktären Verlaufsform des eosinophilen Asthmas für Patienten ab sechs Jahren zugelassen ist, wenn diese nicht ausreichend mit ICS therapierbar sind. Mepolizumab wird monatlich in einer Dosierung von 100 mg (Kinder ab sechs Jahre: 40 mg) subkutan appliziert.
Reslizumab (Cinqaero®), ein humanisierter IgG4-Antikörper gegen IL-5, ist seit 2016 für Erwachsene mit schwerer Ausprägung der eosinophilen Asthmaform bei Versagen der Standardtherapie zugelassen. Es wird intravenös alle vier Wochen in einer Dosierung von 3 mg/kg Körpergewicht appliziert; als unerwünschte Wirkung wird eine Erhöhung der Kreatinphosphokinase im Blut berichtet.
Auch Benralizumab (Fasenra®) schränkt die IL-5-Wirkung ein, allerdings bindet dieser Antikörper an den IL-5-Rezeptor (CD125). Dadurch wird die IL-5-Bindung am Rezeptor der Eosinophilen blockiert. Gleichzeitig aktiviert die Antikörperbindung die Immunabwehr, die sich so auf die markierten Eosinophilen und Mastzellen richtet, diese attackiert und deren Zahl reduziert. Benralizumab kam 2018 auf den Markt zur Therapie Erwachsener und wird subkutan in einer Dosierung von 30 mg alle acht Wochen, bei Therapiestart alle vier Wochen appliziert. Auch Benralizumab gilt als gut verträglich. Neben Kopfschmerzen und Pharyngitis werden auch hier lokale Empfindlichkeitsreaktionen an der Injektionsstelle berichtet.
Bei der Hemmung von IL-5 ist zu beachten: Eosinophile sind an der Immunabwehrreaktion gegen Endoparasiten, insbesondere Würmer beteiligt. Eine reduzierte Eosinophilenzahl und -aktivität interferiert also mit einer anthelminthischen Therapie. Daher muss eine Wurmbehandlung abgeschlossen sein, bevor diese Antikörper zur Anwendung kommen können. Bei einer Wurminfektion während einer Dauertherapie mit IL-5-Antikörpern muss diese nach individueller Abwägung unterbrochen werden.
Während einer Schwangerschaft sollen diese Antikörper nur im Einzelfall unter Ermessen von Risiko und Nutzen eingesetzt werden.
Im September 2022 bekam mit Tezepelumab (Tezspire®) ein weiterer Antikörper mit neuartiger Wirkoption in der Asthmatherapie eine Zulassung für den europäischen Arzneimittelmarkt. Zielstruktur des IgG2λ-Antikörpers ist das Zytokin Thymus-Stroma-Lymphopoietin (TSLP), das durch Bindung an seine heterodimeren Rezeptoren vielfältige immunmodulierende Effekte entfaltet. TSLP steht in der Hierarchie der inflammatorischen Signalkaskaden ganz weit oben und fördert die Aktivierung von dendritischen Zellen, Makrophagen und Eosinophilen sowie die Reifung und Differenzierung von TH2-Zellen (Abbildung 3).
Das Zytokin TSLP wird durch unterschiedliche Trigger der Asthmaerkrankung, zum Beispiel Allergene, aber auch Partikel, verstärkt aus pulmonalen Epithelzellen freigesetzt und fördert die Entzündungsreaktionen bei unterschiedlichen Asthmaformen in gleicher Weise. Da die TSLP-Level mit der Hyperreagibilität, aber auch mit Krankheitspersistenz und Progression korrelieren, erscheint das Protein als universelles und neues Target zur Unterdrückung von Progression und Persistenz der Erkrankung. Tatsächlich führt dessen Hemmung zu einer Verringerung verschiedener Biomarker (Eosinophilenanzahl im Blut, IgE, IL-5, IL-4, IL-13 und fraktioniertes exhaliertes Stickstoffmonoxid/FeNO), die eine Hemmung unterschiedlicher Asthmaformen beweisen (13).
Abbildung 3: Die Rolle des proinflammatorischen Zytokins TSLP in der Aktivierung verschiedener Immunzellen und im Prozess der Asthmaprogression. Die Freisetzung von TSLP aus bronchialen Epithelzellen wird durch verschiedene– allergische wie auch nicht allergische– Trigger induziert. Modifiziert nach (16) / Foto: PZ/Stephan Spitzer
Das Biologikum ist zugelassen zur Add-on-Therapie bei Patienten ab zwölf Jahren, deren Asthmaausprägung trotz hoch dosierter ICS und einem weiteren Arzneimittel in der Erhaltungstherapie nur unzureichend kontrollierbar ist. Die Patienten können den Antikörper in einer Dosierung von 210 mg subkutan monatlich selbst applizieren. Die häufigsten unerwünschten Ereignisse waren in den Zulassungsstudien Pharyngitis, Hautausschlag, Arthralgie und Reaktionen an der Injektionsstelle wie Erytheme, Schwellungen und Schmerzen.
Nach Stellungnahme des IQWiG habe der Hersteller keine geeigneten Studiendaten vorgelegt, um Tezepelumab einen Zusatznutzen anerkennen zu können (14). Das Urteil des G-BA wird für Ende Mai erwartet.
Das pharmazeutische Personal hat bei der Beratung von Asthmapatienten eine große Verantwortung. Neben dem Monitoring der verschriebenen Arzneimittel und von potenziellen Interaktionen steht die Patientenqualifikation im Vordergrund: Dies betrifft sowohl die Erstunterweisung zur korrekten Anwendung der Inhalationsdevices als auch die regelmäßige Kontrolle der richtigen Inhalationstechnik. Die Autoren der Nationalen Versorgungsleitlinie Asthma (Stand 2020) weisen explizit auf eine individualisierte, den Fähigkeiten und Präferenzen der Patienten angepasste Betreuung hin (9). In der neuen S2k-Leitlinie (8) sind die Apotheker und die honorierte pharmazeutische Dienstleistung »Erweiterte Einweisung in die korrekte Arzneimittelanwendung mit Üben der Inhalationstechnik« explizit genannt. Wörtlich heißt es hier (S. 50): »Deshalb ist es sinnvoll, die örtlichen Apotheken in die Instruktion aktiv mit einzubinden….. Die Qualifikation der an der Instruktion beteiligten Apotheken soll strukturiert mittels spezifischer Fortbildungen sichergestellt sein, um falsche oder widersprüchliche Informationen und eine Verunsicherung der Patienten zu vermeiden.« Tatsächlich erfährt die niederschwellig erreichbare und akzeptierte pharmazeutische Beratung aber (noch) nicht die Anerkennung, die ihr zukäme.
Keine Asthmatherapie ohne gründliche Unterweisung: Apotheker haben hier eine wichtige Aufgabe. / Foto: Adobe Stock/Gerhard Seybert
Für den Umgang mit den Antikörperpräparaten gelten die mittlerweile gut bekannten Hinweise, die Patienten auf die richtige Kühllagerung der Präparate, Temperierung vor Applikation und das Vermeiden von Schütteln und Schaumbildung hinzuweisen.
Arzneistoffinnovationen und neue Behandlungskonzepte bereichern die Pharmakotherapie des Asthma bronchiale. Dies sichert den Patienten eine wesentlich bessere Krankheitskontrolle und erleichtert das Leben mit Asthma. Für Patienten mit schweren und persistierenden Formen bilden die Antikörperpräparate eine wertvolle therapeutische Zusatzoption zur Kontrolle der Erkrankung. Dabei ermöglichen die therapeutischen Antikörper erstmals eine Individualisierung der Asthmatherapie, die eindrucksvoll vor Augen führt, dass der bisherige Fokus auf die Unterdrückung der Symptome das eigentliche Krankheitsbild nur unzureichend erfasst. Unerlässlich ist jedoch, dass Arzt und Apotheker den Patienten die Therapieoptionen so gut erklären, dass diese ihre Medikation mit hoher Adhärenz einsetzen.
Gerd Bendas studierte Pharmazie an der Universität Halle, schloss mit dem Diplom ab und wurde 1994 promoviert. Im Jahr 2000 habilitierte er sich für das Fachgebiet Pharmazeutische Chemie. Seit 2003 hat er die Professur für Pharmazeutische Chemie an der Universität Bonn inne. Seine Forschungstätigkeit liegt schwerpunktmäßig auf der Untersuchung der molekularen Mechanismen der Metastasierung und der Chemoresistenz von Tumoren sowie therapeutischen Strategien zu deren Inhibition.