| Carolin Lang |
| 12.06.2024 14:00 Uhr |
Im zweiten Teil des Seminars ging es ins Falltraining. Vorgestellt wurde eine 70-jährige Patientin, die unter posttraumatischen Depressionen mit Agitiertheit, Unruhe mit Insomnie und Vorhofflimmern litt. Sie klagte über Tagesmüdigkeit, Schwäche und Mundtrockenheit. Ihr Blutdruck lag mit 130/78 mmHg im Normbereich und ihr Body-Mass-Index bei 30 kg/m². Ihre Dauermedikation setzte sich wie folgt zusammen:
| Arzneimittel | Dosierung | Indikation |
|---|---|---|
| Sertralin | 100 mg (1-0-0-0) | Posttraumatische Belastungsstörung |
| Mirtazapin | 30 mg (1-0-0-0) | Major Depression (Episode) |
| Chlorprothixen | 50 mg (0-0-1-0) | Agitiertheit bei psychotischer Störung |
| Pregabalin | 25 mg (1-0-0-0) | Angststörung |
Aufgrund nächtlicher Schlafprobleme erhielt sie zur Kurzzeitmedikation außerdem Lorazepam 2,5 mg (0-0-0-1). Die Medikation war ursprünglich stationär nach einem Trauma angesetzt worden.
Die akuten Beschwerden der Patientin – Müdigkeit, Schwäche und Mundtrockenheit – könnten Nebenwirkungen der Psychopharmaka sein, vermuteten die Teilnehmenden des Seminars. Da diese bei einer Medikationsanalyse immer besonders im Fokus stehen sollten, wie Ravati nachdrücklich erinnerte, hielten die Teilnehmenden es für besonders drängend, Anzahl und Dosierung der Psychopharmaka in der mittlerweile ambulanten Behandlung zu überprüfen.
Als potenzielle »Streichkandidaten« wurden insbesondere Chlorprothixen und Lorazepam ausgemacht. Beide Arzneistoffe könnten zur Müdigkeit, Chlorprothixen außerdem zur Mundtrockenheit beitragen und gelten gemäß PRISCUS-Liste als potenziell inadäquat für geriatrische Patienten. Chlorprothixen trage darüber hinaus zu einem insgesamt moderat erhöhten Risiko für Torsade-de-pointes-Arrhythmien durch Verlängerung der QT-Zeit bei. Auch die Eigenschaften der Patientin, also ihr Alter über 65, ihr weibliches Geschlecht und das Vorhofflimmern spielten hier hinein.
Als leicht umzusetzende Anpassung wurde vorgeschlagen, Mirtazapin aufgrund der sedierenden Wirkung zur Nacht statt morgens einzunehmen. Außerdem hielten die Teilnehmenden es für wichtig, zu überprüfen, warum das Vorhofflimmern nicht medikamentös therapiert wurde.