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Fast jeder Senior nimmt Medikament mit Sturzrisiko

94 Prozent der US-Amerikaner älter als 65 Jahre bekommen Arzneimittel verordnet, die die Sturzgefahr erhöhen. Vor etwa 20 Jahren waren es nur 57 Prozent. Die Todesrate durch Stürze hat sich mehr als verdoppelt – das unterstreicht, wie wichtig regelmäßige Medikationsanalysen und Deprescribing sind.
Daniela Hüttemann
19.03.2021  13:30 Uhr

Verschiedene Medikamentenklassen erhöhen das Risiko zu stürzen, zum Beispiel weil sie Schwindel oder kurze Ohnmachten auslösen, den Muskeltonus erniedrigen, Unterzuckerungen auslösen oder die Reaktionsfähigkeit hemmen. Dazu gehören zum einen vor allem psychotrope Arzneimittel wie Antipsychotika, Antidepressiva (vor allem trizyklische Wirkstoffe) und Benzodiazepine (hier vor allem die langwirksamen), aber auch Z-Substanzen. Zum anderen sind es Blutdrucksenker (vor allem Diuretika), Nitrate, Antiarrhythmika, Anticholinergika, die Antihistaminika Dimenhydrinat und Diphenhydramin oder auch Antidiabetika, bei denen es zu Hypoglykämien kommen kann. Sturzgefahr erhöhende Medikamente werden auf Englisch als Fall-Risk increasing Drugs bezeichnet (FRID).

Dabei gibt es durchaus Unterschiede zwischen den Wirkstoffklassen für eine Indikation sowie auch innerhalb einer Wirkstoffklasse, sodass sich oft Alternativen finden lassen. Orientierung bietet dabei unter anderem die Priscus-Liste. Wie weit verbreitet die Verordnung von sturzgefährdeten Medikamenten in den USA ist, belegt eindrucksvoll eine neue Studie von klinischen Pharmazeuten von der Universität Buffalo im US-Bundesstaat New York. Das Team um die Apothekerin und Postdoc Amy Shaver hat sich Verordnungs- und Krankendaten aus zwei Datenbanken angesehen und miteinander in Verbindung gesetzt. Demnach haben Senioren in den USA zwischen 1999 und 2017 mehr als 7,8 Milliarden Verordnungen für potenziell sturzgefährdende Arzneimittel eingelöst, davon der Großteil Blutdrucksenker, berichten die Forscher im »Pharmacoepidemiology and Drug Safety«. Darunter traten 374.972 sturzbedingte Todesfälle auf. 

Während 1999 noch 57 Prozent der Über-65-Jährigen ein FRID bekamen, waren es 2017 bereits 94 Prozent. Frauen waren häufiger betroffen als Männer und unter ihnen vor allem People of Color. Die größte Steigerungsrate bei den sturzbedingten Todesfällen hatten weiße Frauen über 85 Jahren. Hier stieg die Mortalität um 160 Prozent an. Altersbereinigt stieg die Rate von 2,94 tödlichen Stürzen pro 100.000 auf 63,27.

Auffällig war der Anstieg der Antidepressiva im Untersuchungszeitraum – von 12 Millionen Verordnungen auf mehr als 52 Millionen. »Der Anstieg des Einsatzes von Antidepressiva, den wir hier sehen, hängt wahrscheinlich mit dem Einsatz dieser Wirkstoffe als sicherere Alternative zu älteren Medikamenten bei Erkrankungen wie Depressionen und Angstzuständen zusammen«, sagt Apothekerin Shaver, womit sie vermutlich obsolete Wirkstoffe wie Barbiturate oder Bromide meint. »Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass diese Medikamente bei älteren Erwachsenen immer mit einem erhöhten Sturz- und Frakturrisiko verbunden sind.«

Die Verordnungstrends auf Bevölkerungsebene sollten nun auf individueller Ebene untersucht werden, meinen die Forscher. »Wir hoffen, dass mehr Gespräche in Gesundheitsteams über die Vor- und Nachteile von Medikamenten geführt werden, die für schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen verschrieben werden«, so Shaver, deren Team sich im Bereich Deprescribing, also dem Absetzen von Medikamenten engagiert. 

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