Fälschungsschutz hat Buntstifte-Packung entlarvt |
Jennifer Evans |
12.08.2024 11:00 Uhr |
Buntstifte statt Medikament: Der Inhalt einer Arzneimittelpackung sorgte für Wirbel. Letztlich ließ sie sich aber rechtzeitig aus dem Verkehr ziehen. / Foto: Adobe Stock/olegganko (KI-generiert)
Bestenfalls wäre ein Patient überrascht gewesen, wenn er diese Packung eines Etanercept-Medikaments geöffnet hätte. Mit dem Inhalt wäre es sicher nicht möglich gewesen, seine rheumatische Erkrankung zu behandeln – allenfalls hätte er ein Bild malen können. Denn die Schachtel steckte voller Buntstifte. Die Reise der gefälschten Schachtel war erstaunlich lang, bevor sie endlich aufflog. Und zwar erst beim Umverpacker in Deutschland.
Im Nachgang hat die bulgarische Arzneimittelagentur Bulgarian Drug Agency den Weg der Buntstifte-Schachtel aus dem Jahr 2022 folgendermaßen rekonstruieren können. So hatte er offiziell ausgesehen: Ein Pharmaunternehmen lud die Packungsdaten ordnungsgemäß mit sogenannten Unique Identifiern (UI) in den EU-Hub des European Medicines Verification System (EMVS) hoch. Später scannte ein bulgarischer Großhändler sie, um zu verifizieren, ob ihr Status aktiv und sie damit verkaufsfähig war. Über einen zweiten Großhändler landete sie dann bei einem niederländischen Großhändler. Der wiederum lieferte die Schachtel schließlich nach Deutschland aus, wo sich erst beim Umverpacker herausstellte, dass sie voller Buntstifte war.
Was war passiert? Tatsächlich nahm die Packung einen kleinen Umweg. Sie wanderte – ausgestattet mit authentischen Packungsdaten des Herstellers – über eine bulgarische Apotheke zum Fälscher. Die Apotheke steckte nach Angaben der bulgarischen Behörde nämlich mit dem Kriminellen unter einer Decke und hatte die Packung absichtlich im Status aktiv belassen, womit eine Wiedereinspeisung in die legale Lieferkette möglich war.
Nachdem der Kriminelle die Packung in der Offizin gekauft hatte, entnahm er den Inhalt und befüllte sie neu. Und zwar mit Buntstiften – ohne dabei die Sicherheitsmerkmale zu beschädigen, den ursprünglichen Inhalt machte er demnach auf dem Schwarzmarkt zu Geld. Im Anschluss verkaufte er dann die Buntstifte-Schachtel an einen lokalen Großhändler. Dabei handelte es sich um den bekannten zweiten Großhändler aus der legalen Lieferkette, der aber gleichzeitig ein Komplize im Betrugsfall war. Und so konnte die Schachtel ungehindert zurück in die legale Lieferkette gelangen, um später in den Niederlanden und Deutschland aufzuschlagen.
Anhand des EMVS-Systems ließen sich jedoch einige verdächtige Verhaltensweisen erkennen. Generell kann das System Hinweise auf Gefahren und Einfallstore für die legale Lieferkette liefern. Denn bei jedem Verifizierungsvorgang erzeugt es Datenpunkte, die für eine spätere Ermittlung hilfreich sind. Längst nutzen auch Strafverfolgungsbehörden diese Systemdaten.