Fachwissen vor Ort und per E-Learning vermitteln |
Brigitte M. Gensthaler |
06.09.2023 07:00 Uhr |
Apothekerin Constanze Gandor (Bildmitte) und Apothekenleiterin Hellen Tendeu (2. von rechts) mit dem Apothekenteam der Krankenhausapotheke am Wasso-Hospital, Tansania. / Foto: Apotheker Helfen/Gandor
Das Hilfswerk mit Sitz in München stellt seine umfangreiche Arbeit weltweit und in Deutschland vor. Ob Erdbeben in Syrien und der Türkei oder der Krieg in der Ukraine: »Die humanitäre Hilfe, insbesondere mit Arzneimitteln und medizinischen Hilfsgütern geht weiter«, versichert Dr. Andreas Wiegand, Geschäftsführer von Apotheker Helfen, im Gespräch mit der PZ. »Aber wir verlieren unsere Langzeitprojekte nie aus den Augen.«
Wie funktioniert eine Krankenhausapotheke in Tansania? Constanze Gandor, Apothekerin am Klinikum Karlsruhe, hat als ehrenamtliche Einsatzkraft von Apotheker Helfen die Arzneimittelversorgung von stationären und ambulanten Patienten im Wasso-Hospital in Tansania überprüft und mit einheimischen Kolleginnen und Ärzten über mögliche Verbesserungen gesprochen.
Während ihres mehrwöchigen Projektaufenthalts konnte vieles umgesetzt werden. »Der Weg von einer reinen Erfassung der Warenflüsse auf Papier hin zu einer vereinfachten Verfolgung mittels Computer und Software ist schwierig und mühsam«, erklärt Wiegand. Computer seien im Alltag der Menschen in Tansania noch keine Selbstverständlichkeit.
Apothekerin Constanze Gandor bespricht mit dem Apothekenteam Probleme der Warenwirtschaft. / Foto: Apotheker Helfen/Gandor
Wie werden Arzneimittel an Patienten abgegeben? »Ein großes Thema war die Beratung der Patienten zur korrekten Einnahme von Arzneimitteln; zudem wollte ich sensibilisieren für Nebenwirkungen und den rationalen Arzneimittelgebrauch«, berichtet Gandor gegenüber der PZ. »Ein wichtiger Schritt war die Zubereitung von Antibiotika-Trockensäften für Kinder in der Apotheke. Das war bislang nicht üblich. Dafür habe ich – zusätzlich zu den Schulungen – ein kleines Poster mit Piktogrammen entwickelt.«
Auf die fortschreitende Digitalisierung setzt ein Langzeitprojekt des Ecumenical Pharmaceutical Network (EPN): Mit finanzieller und inhaltlicher Unterstützung von Apotheker Helfen bietet EPN E-Learning-Kurse an, die pharmazeutisches Basiswissen für Krankenhauspersonal vermitteln.
»Das ist für Mitarbeitende in Gesundheitseinrichtungen eine große Chance, ihr Fachwissen trotz geringer finanzieller Mittel zu erweitern«, berichtet Wiegand. Präsenzkurse seien meist zu teuer und aufwendig. Doch die Online-Kurse fänden großes Interesse. So wurden im vergangenen Jahr rund 500 Personen im südlichen Afrika geschult.
Aufklärungsarbeit im Südsudan: Menschen in vielen Dörfern lernen, dass Epilepsie kein Teufelswerk, sondern mit Medikamenten behandelbar ist. / Foto: AMREF Italien/Apotheker Helfen
Mehr Wissen, weniger Angst: So könnte man eine Strategie der Nodding Syndrome Alliance umschreiben. Dies ist eine Kooperation mehrerer Hilfsorganisationen, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Flussblindheit (Onchozerkose) im Südsudan zu bekämpfen. Dass die Wurminfektion Epilepsie auslösen kann, wissen die wenigsten Menschen in diesem armen Land. Wiegand schildert das Grundproblem: »An Epilepsie Erkrankte trauen sich selten in Gesundheitseinrichtungen. Immer noch existieren Vorstellungen, der Teufel sei schuld an den Krämpfen.« So versorgen die Helferteams gerade diese Patienten mit Antiepileptika und fördern die anthelminthische Behandlung mit Ivermectin.
In Kyato, Uganda, entsteht mit Unterstützung von Apotheker Helfen ein neues Gesundheitszentrum. Für die Menschen vor Ort bedeutet dies: keine 20-km-Reise mehr bis zum nächstgelegenen Krankenhaus. Das Gesundheitszentrum wird die Basisversorgung sichern sowie Schwangeren Vorsorgemaßnahmen und Entbindung anbieten können. Im Oktober soll es feierlich eingeweiht werden.
Kinder und Jugendliche in Kaliningrad, die an Diabetes Typ 1 erkrankt sind, erhalten Unterstützung durch einen Verein vor Ort. Seit Jahren fördert Apotheker Helfen jährliche Ferienaufenthalte, die neben intensiven Schulungen viel Freizeitaktivitäten mit Spaß und Bewegung bieten. Dank des Ankaufs von ausreichend Teststreifen lernen die Kinder auch, wie sie ihren Blutzuckerspiegel im Zusammenspiel von körperlicher Aktivität, Ernährung und Insulin-Menge regulieren können. Dieses langjährige Projekt wird von der Firma CMG Fischer mit einer Spendenaktion auf der Expopharm großzügig unterstützt.
Viele Besucher treibt die Frage um, ob und wie sie sich humanitär pharmazeutisch engagieren können und wie man sich am besten auf eine Tätigkeit, insbesondere im Ausland, vorbereitet. Am Stand werden die Vorbereitungsmöglichkeiten und Kursangebote erklärt. Projektkoordinatorin Dr. Beate Lettmeier von der AH-Geschäftsstelle hat kürzlich selbst an einem Kurs der Universität Tübingen zur Pharmazie in der humanitären Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit teilgenommen. Sie berichtet aus erster Hand.
Geschäftsführer Wiegand ergänzt: »Ich selbst war mehrere Jahre im afrikanischen Ausland. Diese Erfahrungen begleiten mich täglich bei meiner Arbeit und ich denke, es schärft mein Verständnis für die Nöte, aber auch die kulturellen Werte unserer Projektpartner.«
Die Expopharm bietet eine einmalige Gelegenheit, niederschwellig mehr über die humanitäre Arbeit von Apotheker Helfen zu erfahren. Die beiden AH-Experten freuen sich auf viele Besucher am Stand E29.