Experten wachsam, sehen aber keine massive Gefahr |
Schwerwiegende Verläufe einer Affenpocken-Infektion sind nach Angaben von Medizinern bei gesunden Menschen selten, doch der Erreger ist in eine hohe Sicherheitsstufe eingruppiert. Experten erwarten eine weitere Ausbreitung – mit Risiken für Menschen mit einem stark geschwächten Immunsystem. Von einer großen Ansteckungswelle in der Bundesrepublik gehen aber weder die behandelnden Ärzte des ersten Affenpocken-Patienten in München noch das Robert-Koch-Institut aus.
«Ich bin überzeugt, dass es insgesamt noch weitere Fälle in Deutschland geben wird», sagte bereits vor Bekanntwerden der Berliner Fälle Professor Dr. Clemens Wendtner, Chefarzt der Infektiologie des Schwabinger Krankenhauses. Dort wird ein 26-Jähriger aus Brasilien mit der ersten je in Deutschland gemeldeten Affenpocken-Erkrankung behandelt.
Es gebe immunsupprimierte Patientengruppen, bei denen Vorsicht geboten sei, sagte Wendtner auf Anfrage. «Dazu gehören beispielsweise HIV-Patienten ohne ausreichende medikamentöse Krankheitskontrolle, aber zum Beispiel auch Tumorpatienten mit schwerer Immunsuppression etwa nach Stammzelltherapie.»
Seit 2013 ist in der EU der Impfstoff Imvanex zugelassen. «Dies ist ein Lebendimpfstoff, der aus einer abgeschwächten Form des Pocken-Impfstoffs hergestellt wird. Die Erreger sind so abgeschwächt, dass sie sich nicht vermehren können, sonst könnten immungeschwächte Patienten nicht geimpft werden», informierte der Infektiologe. «Wir haben nun eine Diskussion, wie man diese Risikogruppen besser schützen könnte und ob man eine sogenannte Riegelimpfung für sie einführen sollte.»
Riegelimpfungen sind nach Wendtners Erläuterung Impfungen, die für bestimmte Bevölkerungsgruppen – n diesem Fall Menschen mit geschwächter Immunabwehr – begrenzt eingeführt werden könnten, um die weitere Ausbreitung des Affenpockenvirus zu unterbinden. «Wir gehen davon aus, dass die ältere Generation, die vor 1980 noch gegen die klassischen Pocken geimpft wurde, einen sehr hohen Schutz auch gegen Affenpocken hat, diese Menschen sind sehr wenig bis gar nicht gefährdet.»