Experten fordern mehr Transparenz bei DiGAs |
Jennifer Evans |
16.04.2021 11:30 Uhr |
Die Anhörung zum dritten Digital-Gesetz von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) fand als Hybrid-Veranstaltung in einem Saal des Berliner Paul-Löbe-Hauses statt. / Foto: Bundestag/Axel Hartmann
In dem Gesetzentwurf der Bundesregierung, der weitere Schritte zur Digitalisierung des Gesundheitswesens vorsieht, sehen die Verbände im Allgemeinen viel Potenzial. Das machten sie in der öffentlichen Anhörung zum Digitale-Versorgung-und-Pflege -Modernisierungs-Gesetz (DVPMG) am Mittwoch im Gesundheitsausschuss des Bundestags deutlich, die als Hybrid-Veranstaltung im Paul-Löbe-Haus in Berlin stattfand.
Im DVMPG geht es unter anderem darum, die Telemedizin auszubauen sowie die digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGAs) und die Telematik-Infrastruktur (TI) weiterzuentwickeln. So sollen Patienten künftig beispielweise auch per Video oder Messengerdienst mit den Leistungserbringern im Gesundheitswesen kommunizieren können, Gesundheits-Apps sollen zudem in der Pflege zum Einsatz kommen und für weitere Gesundheitsberufe ist der Anschluss an den TI geplant.
Die meisten Fragen der Abgeordneten drehten sich um die DiGAs. Inzwischen können Ärzte insgesamt zwölf von ihnen auf Rezept verschreiben. Als Kassenleistung gelten die digitalen Anwendungen aber erst dann, wenn sie beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Prüfung auf Funktion, Qualität und Datensicherheit durchlaufen haben und anschließend im sogenannten DiGA-Verzeichnis des Bundesinstituts erscheinen. Laut Entwurf können Patienten diese DiGA-Daten in Zukunft auch auf ihrer elektronischen Patientenakte (EPA) hinterlegen und für die Heilberufler ist zudem eine Vergütung für ihre Leistungen rund um die Apps geplant.
Kritisch bewerten die Sachverständigen vor allem die Möglichkeit, dass theoretisch Wearables Schnittstellen zu den DiGAs bekommen könnten. Das Problem: Während die digitale Anwendung zwar vom BfArM geprüft ist, kann sie dann durch die Schnittstelle mit zusätzlichen Gesundheitsdaten eines Wearables gefüttert werden. Das verfälsche das Ergebnis und mache den Einsatz von DiGAs als Begleitung zu einer Therapie unsinnig, hieß es.
Nicht nur vor diesem Hintergrund forderte der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) mehr Qualitätskontrollen und Nachweise für positive Versorgungseffekte für die DiGAs. Dass allein das BfArM die Entscheidung darüber fällt, ob die digitalen Anwendungen den Weg in die Regelversorgung schaffen, schmeckt den Kassen gar nicht. Das gleiche einer Staatsmedizin, kritisieren sie.
Auch die Kosten für die Apps auf Rezept sind immer wieder ein Diskussionspunkt. Nach Auffassung der Kassen fordern die Hersteller Preise, die in keinem Verhältnis zu der Vergütung der Ärzte oder etwaigen Selbstzahlerleistungen stehen. Derzeit dürfen die Hersteller im ersten Jahr nach Markteinführung den Preis für ihr Produkt frei festlegen. Die PZ hatte bereits ausführlich über die GKV-Position zu diesem Thema berichtet. Erst am heutigen Freitag hat es zwischen den DiGA-Herstellerverbänden und dem GKV-Spitzenverband endlich eine Teileinigung vor der Schiedsstelle gegeben – zumindest was die Preisverhandlungen betrifft. Künftig können nun die Vergütungsgespräche für die DiGAs bereits sechs Monate nach deren Listung beim BfArM beginnen. So hatten es die Kassen gefordert hatten. Kommen die beiden Parteien dabei nicht auf einen Nenner, entscheidet die Schiedsstelle analog zum AMNOG-Verfahren, das im Jahr 2011 mit dem Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) kam.
Konsens herrscht allerdings noch nicht beim Thema Höchstpreise, den die Kassen gerne festgesetzt hätten. Unter anderem dieses Thema wird Inhalt einer weiteren Verhandlungsrunde sein. Nicht Teil der aktuellen Rahmenvereinbarung sind außerdem Fragen zur Evidenz der digitalen Produkte. Voraussichtlich muss die Vereinbarung angesichts des DVPMG-Entwurfs und den geplanten gekürzten Verhandlungsfristen ohnehin schon bald wieder angepasst werden.
Auch die allgemeine Intransparenz, die aktuell mit der BfArM-Prüfung einhergeht, missfällt den Gesundheitsexperten. Demnach soll das Bundesinstitut in der Zwischenzeit bereits eine DiGA abgelehnt haben. Die Gründe dafür seien jedoch unbekannt. Unklar sei in diesem Zusammenhang ebenfalls, ob und wo in Zukunft Warnhinweise in den Apps integriert werden.
Für die Apotheker sind die DiGAs insofern interessant, als sie auf Wunsch des Patienten die Informationen daraus in ihre Beratung einbeziehen sollen. Das wäre etwa bei chronischen Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder Bluthochdruck möglich. Eine Erweiterung der heilberuflichen Leistung für die Pharmazeuten hat die Bundesregierung in diesem Zusammenhang aber bereits ausgeschlossen. Auch die ABDA hatte im Vorfeld der Anhörung eine Stellungnahme zum DVPMG abgegeben, der Schwerpunkt ihrer Nachbesserungswünsche betrifft jedoch vor allem das Thema E-Rezept.
Angesichts der vielen TI-Projekte im Gesundheitswesen müsste es eigentlich einen entsprechenden Masterplan geben, der die Vorhaben des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) einmal darlegt. Dafür sprachen sich viele der befragten Sachverständigen am Ende der Sitzung aus.