Evidenz statt Eminenz |
| Annette Rößler |
| 08.06.2023 18:00 Uhr |
Die STIKO berücksichtige bei ihren Empfehlungen nicht nur mögliche Vor- und Nachteile einer Impfung für den Einzelnen, sondern auch für die gesamte Bevölkerung. Das unterscheide sie von einer Zulassungsbehörde wie der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA), für die ausschließlich die Kriterien Wirksamkeit, Sicherheit und Qualität ausschlaggebend sind. Demgegenüber definiere die STIKO jeweils klare Impfziele und berücksichtige bei ihren Entscheidungen unter anderem auch die Epidemiologie, die Kosten des Impfstoffs und Erfahrungen aus dem Ausland, führte Mertens aus.
All dies geschieht gemäß einer Standardvorgehensweise, die sehr aufwendig ist, aber notwendig, um den Anforderungen der EbM zu genügen. Die genaue Prüfung der verfügbaren Daten braucht einfach eine gewisse Zeit – doch die wollten der STIKO in der Pandemie manche Politiker nicht einräumen, um selbst Entschlossenheit zu demonstrieren. So attestierte etwa Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am 14. Juli 2021 im Bayerischen Rundfunk der STIKO Zögerlichkeit und ein »Hin und Her« unterschiedlicher Empfehlungen zum Astra-Zeneca-Impfstoff Vaxzevria, das diesen letztlich zum »Ladenhüter« gemacht habe.
»Das Problem ist hier ein mangelndes Verständnis für ein völlig normales und notwendiges wissenschaftliches Vorgehen«, konstatierte Mertens. Handlungswille, wie ihn in diesem Fall Söder zeigen wollte, sei unbedingt erforderlich, nicht nur in der Politik. Bloß: Handlungswille an sich sage noch nichts aus über die Qualität einer Handlung.
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