Pharmazeutische Zeitung online Avoxa
whatsApp instagram facebook bluesky linkedin xign
STIKO

Evidenz statt Eminenz

Die Ständige Impfkommission (STIKO) ist bei ihren Empfehlungen streng der besten verfügbaren Evidenz verpflichtet. In der Coronapandemie wurde sie dafür teilweise massiv angefeindet. Beim Pharmacon in Meran warf der STIKO-Vorsitzende einen kritischen Blick zurück.
AutorKontaktAnnette Rößler
Datum 08.06.2023  18:00 Uhr

Noch vor vier Jahren kannten den Namen Thomas Mertens außerhalb der medizinischen Fachkreise wohl nur wenige Menschen. Doch dann kamen SARS-CoV-2, die Pandemie und schließlich die Impfstoffe gegen das Coronavirus. Schlagartig fanden sich damit die Mitglieder der STIKO, insbesondere ihr Vorsitzender Mertens, im Zentrum des öffentlichen Interesses wieder. Und Mertens, der als Professor für Virologie wissenschaftliches Arbeiten gewohnt ist, dies aber zuvor nicht gegenüber Außenstehenden rechtfertigen musste, sah sich mit dem Aktionismus von Politikern konfrontiert, denen die STIKO »zu zögerlich« agierte.

»Es war wenig hilfreich, dass die Politiker ständig ungefragt dazwischen gequatscht haben«, lautete denn auch das Fazit, das Mertens in Meran aus der Pandemie zog. »Das Narrativ, dass wir zu langsam waren, ist einfach falsch.« Die STIKO erarbeite ihre Impfempfehlungen gemäß einer Methodik, die sie über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren entwickelt habe. Diese ist auf der Website des Robert-Koch-Instituts für jeden einsehbar. Während früher die Empfehlungen weitgehend auf Expertenmeinungen basierten, bilden nun die Prinzipien der Evidenzbasierten Medizin (EbM) die Grundlage. Evidenz statt Eminenz, könne man sagen.

Unterschied zu »gefühltem Wissen« kann groß sein

»Viele Menschen haben allerdings nach wie vor ein gespanntes Verhältnis zur EbM. Denn die Evidenz kann sich vom ›gefühlten Wissen‹ deutlich unterscheiden«, sagte Mertens. Ein anderer Teil des Problems sei, dass es häufig an Evidenz fehle. In der Pandemie war dies dem sich rasch ändernden Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis zu dem Erreger SARS-CoV-2 selbst, aber auch zur Wirksamkeit und Sicherheit der Covid-19-Impfstoffe geschuldet.

Doch auch unabhängig davon sieht Mertens hierzulande großen Nachholbedarf in Sachen Datenauswertung, also Evidenzgewinnung: »Die Verfügbarkeit wichtiger medizinischer Daten ist in Deutschland auf dem Niveau eines Entwicklungslandes«, so seine Einschätzung. Es sei beispielsweise absolut unverständlich, dass die Fragen, wie viele Personen in welcher Altersgruppe mit welchen Impfstoffen geimpft wurden und bei wie vielen davon welche Nebenwirkungen auftraten, während der Impfkampagne nicht zu jedem Zeitpunkt sofort zu beantworten gewesen seien. Diesbezüglich müsse in Deutschland dringend nachgebessert werden, um auf eine zukünftige Pandemie – von deren Kommen Mertens überzeugt ist – besser vorbereitet zu sein.

Die STIKO hat einen anderen Fokus als die EMA

Die STIKO berücksichtige bei ihren Empfehlungen nicht nur mögliche Vor- und Nachteile einer Impfung für den Einzelnen, sondern auch für die gesamte Bevölkerung. Das unterscheide sie von einer Zulassungsbehörde wie der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA), für die ausschließlich die Kriterien Wirksamkeit, Sicherheit und Qualität ausschlaggebend sind. Demgegenüber definiere die STIKO jeweils klare Impfziele und berücksichtige bei ihren Entscheidungen unter anderem auch die Epidemiologie, die Kosten des Impfstoffs und Erfahrungen aus dem Ausland, führte Mertens aus.

All dies geschieht gemäß einer Standardvorgehensweise, die sehr aufwendig ist, aber notwendig, um den Anforderungen der EbM zu genügen. Die genaue Prüfung der verfügbaren Daten braucht einfach eine gewisse Zeit – doch die wollten der STIKO in der Pandemie manche Politiker nicht einräumen, um selbst Entschlossenheit zu demonstrieren. So attestierte etwa Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am 14. Juli 2021 im Bayerischen Rundfunk der STIKO Zögerlichkeit und ein »Hin und Her« unterschiedlicher Empfehlungen zum Astra-Zeneca-Impfstoff Vaxzevria, das diesen letztlich zum »Ladenhüter« gemacht habe.

»Das Problem ist hier ein mangelndes Verständnis für ein völlig normales und notwendiges wissenschaftliches Vorgehen«, konstatierte Mertens. Handlungswille, wie ihn in diesem Fall Söder zeigen wollte, sei unbedingt erforderlich, nicht nur in der Politik. Bloß: Handlungswille an sich sage noch nichts aus über die Qualität einer Handlung.

Frag die KI
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
BETA
Menü
Zeit
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
Zeit
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
Senden
SENDEN
KI
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
KI
KI
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa