EU will erneut Fristen für In-vitro-Diagnostika verlängern |
Jennifer Evans |
24.01.2024 10:30 Uhr |
EU-Kommission will Produkten mit hohem individuellen und öffentlichen Gesundheitsrisiko wie HIV- Tests eine Übergangsfrist bis Dezember 2027 einräumen. / Foto: Adobe Stock/Africa Studio
Unter bestimmten Voraussetzungen sollen Unternehmen mehr Zeit für die Anwendung der Verordnung über In-vitro-Diagnostika (IVDR) bekommen, darunter fallen etwa HIV-Tests, Schwangerschaftstests oder Covid-19-Tests. Das teilte die EU-Kommission am gestrigen Dienstag mit. Ziel dieses Kommissionsvorschlags ist es, die Verfügbarkeit der Produkte zu verbessern. Damit ist ein wichtiger Schritt gemacht, ähnliche Erleichterungen dürften womöglich bald auch für Medizinprodukte kommen.
Das Problem besteht schon länger. Mit der MDR müssen viele Medizinprodukte eine neue Zertifizierung erhalten oder landen zum Teil in höheren Risikoklassen. Da diese Zertifizierungsverfahren lange dauern und es deutlich zu wenig Benannte Stellen in Europa gibt, waren Engpässe die Folge. So entspricht derzeit auch eine beträchtliche Anzahl von In-vitro-Diagnostika noch nicht den neuen Vorschriften, insbesondere betroffen sind Produkte mit hohem Risiko wie sie beispielsweise bei Infektionen in Blut- und Organspenden zum Einsatz kommen.
Damit solche und andere wichtige Produkte weiterhin für Patienten verfügbar sind, will die EU-Kommission den Herstellern nun mehr Zeit geben, um die neuen Vorschriften anzuwenden. Jedoch nur für Altprodukte mit bereits bestehender Konformitätsbescheinigung oder -erklärung, um die Versorgungssicherheit nicht zu gefährden.
Aktuell müssen Hersteller die Anforderungen der MDR für In-vitro-Diagnostika mit hohem Risiko bis 26. Mai 2025 umsetzen, für In-vitro-Diagnostika mit geringerem Risiko gilt der 26. Mai 2027. Je nach Produkt sollen die Unternehmen laut Kommissionsvorschlag aber mehr Zeit bekommen.
Die Bedingungen sind:
Im Gegenzug will die EU-Kommission allerdings die verpflichtende Nutzung der europäischen Datenbank für Medizinprodukte (EUDAMED) auf Ende 2025 vorziehen, um schneller Transparenz in den Markt zu bekommen. Und: Demnächst sollen die Unternehmen vorab darüber informieren müssen, sobald sie eine Unterbrechung der Versorgung erwarten.
Jetzt liegt der Ball beim Europäischen Parlament und dem Rat. Sie müssen entscheiden, ob sie den Kommissionsvorschlag annehmen. Wie es aus Brüssel heißt, wird die EU-Kommission parallel in diesem Jahr damit beginnen, Rechtsvorschriften über Medizinprodukte zu bewerten. Ziel ist es festzustellen, wie sich die Regularien auf die Verfügbarkeit von Produkten auswirken. Insbesondere geht es dabei um Produkte wie Kinderarzneimittel, Arzneimittel für seltene Erkrankungen sowie um Innovationen.
»Eine Priorität einer starken europäischen Gesundheitsunion besteht darin, dafür zu sorgen, dass Medizinprodukte und Diagnostika den Patienten zur Verfügung stehen, wann immer sie sie benötigen«, so die EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides.
Die zunehmenden Versorgungsengpässe hatten immer wieder hohe Wellen geschlagen. Im Oktober 2022 hatten auch die Länder mit einer Entschließung im Bundesrat die Bundesregierung unter Zugzwang gesetzt. Ende Oktober signalisierte die EU-Kommission dann, sich des Problems anzunehmen.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.