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Medizinprodukte-Engpässe

EU plant Übergangsfristen für Hersteller

Um das Risiko von Engpässen zu minimieren, will die Europäische Kommission Herstellern nun mehr Zeit für die Zertifizierung von Medizinprodukten einräumen. Die Erleichterungen sind aber an Bedingungen geknüpft. Dieser Entscheidung ist im vergangenen Jahr erheblicher politischer Druck vorausgegangen.
Jennifer Evans
09.01.2023  10:30 Uhr

Nicht nur Hersteller und Ärzte hatten im vergangenen Jahr immer wieder Alarm geschlagen, dass die OP-Materialien aufgrund der neuen Anforderungen der sogenannten Medical Device Regulation (MDR) knapp geworden sind. Vor allem ging es um sterile, chirurgische Instrumente oder Ballonkatheter, die bei herzkranken Neugeborenen zum Einsatz kommen. Einige Hersteller kündigten sogar an, bewährte Produkte aufgrund des gestiegenen Aufwands künftig vom Markt nehmen zu müssen.

Die Diskussion um einen drohenden Zertifikatestau als Folge der neuen EU-Medizinprodukte-Verordnung hatte sich in den vorangegangenen Monaten mächtig aufgeheizt und den Druck auf Brüssel erhöht. Angesichts zunehmender Versorgungsengpässe hatten im Oktober 2022 schließlich auch die Länder mit einer Entschließung im Bundesrat die Bundesregierung unter Zugzwang gesetzt. Ende Oktober signalisierte die EU-Kommission dann, sich dem Problem anzunehmen. Es dauerte aber noch bis zum 9. Dezember bis der zuständige Rat für Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz tagte, bei dem die EU-Gesundheitsministerinnen und -minister die Kommission zum Handeln aufforderten.

EU will Versorgungsprobleme vermeiden

Vergangenen Freitag war es dann soweit: Die EU-Kommission legte einen Vorschlag zur Änderung der MDR vor, in dem sie eine längere Übergangsfrist für Hersteller vorsieht, um die neuen Vorschriften zu implementieren. »Wir werden auf keinen Fall zulassen, dass schwerwiegende Störungen der Versorgung mit verschiedenen Medizinprodukten auf dem Markt drohen, was die Gesundheitssysteme und ihre Fähigkeit zur Versorgung der Patientinnen und Patienten in Europa in Mitleidenschaft ziehen würde«, so EU-Kommissionsvizepräsident Margaritis Schinas.

Zum Hintergrund: Weil mit der MDR die Anforderungen an Studien, Dokumentationen und Audits gestiegen sind, müssen viele Medizinprodukte eine neue Zertifizierung erhalten oder landen zum Teil in höheren Risikoklassen. Da diese Zertifizierungsverfahren so lange dauern und außerdem zu wenige Benannte Stellen in Europa existieren, waren die Engpässe eine (logische) Folge.

Hersteller müssen gewisse Bedingungen erfüllen

Nach dem Willen der EU-Kommission sollen die Übergangsfristen nun von der Risikoklasse eines Medizinprodukts abhängen. Herzschrittmacher oder Hüftimplantate, die zu einer höheren Risikoklasse gehören, sollen eine Übergangsfrist für ihre Zertifizierung bis Dezember 2027 bekommen. Produkte wie Spritzen oder wiederverwendbare chirurgische Instrumente hingegen aus einer mittleren oder geringeren Risikoklasse haben bis Dezember 2028 Zeit, um die neuen Vorschriften umzusetzen.

Und noch eine weitere Erleichterung will die EU-Kommission auf den Weg bringen. Für Medizinprodukte, die bereits nach dem aktuellen geltenden Recht in Verkehr gebracht wurden und noch verfügbar sind, entfällt die Abverkaufsfrist. Damit können diese auf dem Markt bleiben. Durch den Wegfall will die EU-Kommission nach eigenen Angaben gewährleisten, dass »sichere und wichtige Medizinprodukte, die bereits in Verkehr gebracht wurden, den Gesundheitssystemen sowie den Patientinnen und Patienten, die darauf angewiesen sind, weiterhin zur Verfügung stehen«, heißt es.

Allerdings sind die Fristverlängerungen auch an bestimmte Bedingungen geknüpft. Es profitieren demnach nur jene Hersteller von den neuen Fristen, die bereits Schritte zur Umstellung auf die neuen Vorschriften unternommen haben und sichere Produkte vertreiben. »Durch die Abschaffung dieses Stichtags wird sichergestellt, dass sichere und unentbehrliche Medizinprodukte, die sich bereits auf dem Markt befinden, den Gesundheitssystemen und den bedürftigen Patienten weiterhin zur Verfügung stehen«, so Peter Liese, gesundheitspolitischer Sprecher der Christdemokraten im Europäischen Parlament (EVP).

Schnellverfahren gefordert

Mit Blick auf bestimmte Nischenprodukte gehen Liese die Schritte der EU-Kommission aber noch nicht weit genug. »Da brauchen wir gezielte Regelungen, wie wir sie zum Beispiel auch bei Arzneimitteln für die Behandlung von Kinderkrankheiten haben«, forderte er.

Der BAH begrüßte die Entscheidung der EU-Kommission: »Wir freuen uns, dass nach viel politischer Arbeit im vergangenen Jahr nun zum Jahresbeginn der Kommissionsvorschlag mit verlängerten Fristen sowie der Streichung der Regelung zum Abverkauf vorgelegt wurde«, kommentierte BAH-Hauptgeschäftsführer Hubertus Cranz die Nachrichten aus Brüssel.

Nun müssen das Europäische Parlament und der Rat das Vorhaben noch annehmen. Die betroffenen Akteure wünschen sich für die Einigung ein Schnellverfahren. Auch EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides forderte das EU Parlament und den Rat auf, den Vorschlag rasch anzunehmen. »Die Mitgliedstaaten und die benannten Stellen sollten gemeinsam mit der Wirtschaft dafür Sorge tragen, dass der Übergang zu den neuen Vorschriften der Verordnung über Medizinprodukte ohne weitere Verzögerung abläuft«, betonte sie.

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