Erstes Antisense-Oligonukleotid bei ALS |
Brigitte M. Gensthaler |
01.08.2024 18:00 Uhr |
Bei der neurodegenerativen Erkrankung ALS schwinden zunehmend alle Muskelkräfte. Die Patienten verlieren die Fähigkeit, sich zu bewegen, zu sprechen, zu essen und zu atmen. / Foto: Adobe Stock/asbe24
Das Medikament Qalsody™ (Biogen) kommt als 15-ml-Durchstechflasche mit 100 mg Tofersen auf den Markt und ist zugelassen zur Behandlung von Erwachsenen mit amyotropher Lateralsklerose, die mit einer Mutation im Superoxid-Dismutase-1-Gen (SOD1-Gen) assoziiert ist. In den USA ist Tofersen seit April 2023 zugelassen.
Die empfohlene Dosis beträgt 100 mg als intrathekale Bolusinjektion, die mit einer Lumbalpunktionsnadel über eine bis drei Minuten appliziert wird. Falls erforderlich, kann der Patient vor der Lumbalpunktion sediert werden. Die Behandlung beginnt mit drei Dosen im Abstand von zwei Wochen, gefolgt von einer Dosis alle vier Wochen.
Nach aktueller Kenntnis muss die Dosis bei älteren Patienten nicht angepasst werden. Allerdings wurde die Medikation bei Patienten mit Leber- oder Nierenfunktionsstörungen nicht untersucht.
Die amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine seltene, nicht heilbare neurodegenerative Erkrankung, die zum Untergang von Motoneuronen im Gehirn und Rückenmark führt. Diese Nervenzellen sind für die willentliche Steuerung von Muskelbewegungen verantwortlich. Es kommt zu fortschreitender Muskelschwäche und Muskelatrophie bis hin zur Lähmung. Betroffen ist auch die Atemmuskulatur. Die Patienten verlieren zunehmend die Fähigkeit, sich zu bewegen, zu sprechen, zu essen und zu atmen. In der Regel sterben die Patienten innerhalb von zwei bis fünf Jahren. Unterstützung finden Betroffene und Angehörige bei der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke. In Deutschland war zur Behandlung bislang nur Riluzol (Rilutek®) zugelassen.
Die genauen Ursachen der ALS sind unbekannt. Mehrere Gene werden damit in Verbindung gebracht. Bei etwa 2 Prozent der Betroffenen ist eine Mutation im Gen für die Superoxid-Dismutase 1 für die Krankheit (SOD1-ALS) verantwortlich. Es entstehen fehlgefaltete toxische SOD1-Enzyme, die wiederum Nervenzellen abtöten und zur Degeneration der Motoneuronen führen. Bislang sind mehr als 200 spezifische SOD1-Mutationen bekannt, die mit ALS in Zusammenhang stehen.
Nur für Patienten mit SOD1-ALS ist Tofersen geeignet, denn das Antisense-Oligonukleotid bindet an die mRNA des SOD1-Gens und unterdrückt damit die SOD1-Proteinsynthese.