Erster Wirkstoff gegen Kälteagglutininkrankheit |
Kerstin A. Gräfe |
03.02.2023 07:00 Uhr |
Obwohl Sutimlimab den Lektin- und alternativen Aktivierungsweg nicht beeinflusst, können die Patienten anfälliger für schwerwiegende Infektionen werden. Dies betrifft vor allem Infektionen, die von bekapselten Bakterien wie Neisseria meningitidis, Streptococcus pneumoniae und Haemophilus influenzae verursacht werden. Patienten ohne vorherige Impfung gegen bekapselte Bakterien sind mindestens zwei Wochen vor der ersten Gabe von Enjaymo zu impfen.
Des Weiteren kann eine Sepsis eintreten. Eine Behandlung mit Enjaymo sollte bei Patienten mit aktiven, schwerwiegenden Infektionen nicht eingeleitet werden. Die Patienten sollten auf frühe Anzeichen und Symptome von Infektionen überwacht und darüber informiert werden, sich beim Auftreten derartiger Symptome unverzüglich in medizinische Behandlung zu begeben.
Es wurden keine Studien zur Erfassung von Wechselwirkungen durchgeführt, zumal Cytochrom-P450-vermittelte Interaktionen unwahrscheinlich sind. Sutimlimab verringert jedoch die Konzentration proinflammatorischer Zytokine wie Interleukin-6, das die Expression bestimmter hepatischer CYP450-Enzyme unterdrückt (CYP1A2, CYP2C9, CYP2C19 und CYP3A4). Vorsicht ist daher geboten bei Patienten, die mit Substraten dieser Enzyme behandelt werden, insbesondere solchen, die eine enge therapeutische Breite aufweisen.
Aus Vorsichtsgründen soll eine Anwendung während der Schwangerschaft vermieden werden. Es ist nicht bekannt, ob Sutimlimab oder seine Metaboliten in die Muttermilch übergehen. Es muss eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob das Stillen oder die Sutimlimab-Behandlung zu unterbrechen ist. Zu berücksichtigen ist dabei sowohl der Nutzen des Stillens für das Kind als auch der Nutzen der Therapie für die Frau.
Die Zulassung basiert auf den Phase-III-Studien CADENZA und CARDINAL. Die randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie CADENZA schloss 42 CAD-Patienten ohne Bluttransfusion in der Vorgeschichte (innerhalb der letzten sechs Monate) ein, die offene, einarmige CARDINAL-Studie solche, die innerhalb der letzten sechs Monate eine Bluttransfusion erhalten hatten (n = 24). In beiden Studien bekamen die Teilnehmer im Verhältnis 1:1 randomisiert intravenös eine 6,5-g- oder 7,5-g-Dosis Enjaymo oder Placebo an den Tagen 0 und 7 sowie dann einmal alle zwei Wochen bis Woche 26. Nach Abschluss der sechsmonatigen Behandlungsphase (Teil A) erhielten die Patienten in beiden Studien weiterhin Enjaymo in einer Erweiterungsphase (Teil B) zur Langzeitsicherheit und Ansprechdauer für weitere zwölf Monate (CADENZA) beziehungsweise 24 Monate (CARDINAL).
In CADENZA umfasste der zusammengesetzte primäre Endpunkt folgende drei Kriterien: Anstieg des Hämoglobinspiegels gegenüber dem Ausgangswert um ≥ 1,5 g/dl zum Zeitpunkt der Behandlungsbeurteilung (Mittelwert der Wochen 23, 25 und 26), keine Bluttransfusion zwischen Woche 5 und Woche 26 und keine Behandlung der Kälteagglutininkrankheit über die gemäß Prüfplan zugelassenen Maßnahmen hinaus zwischen Woche 5 und Woche 26. Den primären Endpunkt erreichten unter Sutimlimab 16 Patienten (73 Prozent) und unter Placebo drei Patienten (15 Prozent).
Sutimlimab erhöhte zudem im Vergleich zu Placebo signifikant den mittleren Hämoglobinwert und verbesserte ebenfalls signifikant das Symptom Fatigue, gemessen anhand des FACIT-Fatigue-Scores. In der Erweiterungsphase (Teil B) wurden die mittleren Hämoglobinspiegel bei > 11 g/dl aufrechterhalten und eine anhaltende Normalisierung der mittleren Bilirubinwerte beobachtet, was auf eine anhaltende Verringerung der Hämolyse hinweist. Auch die Verbesserungen auf der FACIT-Fatigue-Skala, die in Teil A beobachtet wurden, hatten Bestand.