Erster subkutaner Antikörper bei PNH |
Brigitte M. Gensthaler |
02.07.2024 13:30 Uhr |
Bei Patienten mit paroxysmaler nächtlicher Hämoglobinurie zerstört das körpereigene Komplementsystem die Erythrozyten. Die Folgen sind Hämolyse und Anämie, aber auch erhöhte Thromboseneigung. / Foto: Getty Images/TEK IMAGE/Science Photo Library
Bei der PNH kommt es bedingt durch eine erworbene Mutation zur Zerstörung roter Blutzellen durch das eigene Komplementsystem, das Teil des angeborenen Immunsystems ist. Die komplementvermittelte Lyse findet hauptsächlich intravasal, aber auch extravasal statt. Diese seltene Erkrankung betrifft etwa 20.000 Menschen weltweit; unbehandelt ist die Lebenserwartung stark verkürzt. Die Symptome sind Anämie, Fatigue und Thromboseneigung. Eine PNH kann zur Nierenerkrankung führen.
Es gibt inzwischen mehrere bei PNH zugelassene Arzneistoffe, die an verschiedenen Stellen in das Komplementsystem eingreifen. Die Antikörper Eculizumab und Ravulizumab richten sich gegen den Komplementfaktor C5, Pegcetacoplan gegen Faktor C3. Das oral bioverfügbare Danicopan inhibiert den Faktor D und das kürzlich zugelassene, ebenfalls oral applizierbare Iptacopan zielt auf den Faktor B ab.
Crovalimab ist ein neuer C5-Inhibitor, der anhaltend das Komplementsystem inhibiert. Das Medikament Piasky® (Roche) ist bestimmt zur Monotherapie für PNH-Patienten ab zwölf Jahren mit einem Gewicht von mindestens 40 kg und zwar sowohl für symptomatische Patienten mit hoher Krankheitsaktivität (Hämolyse) als auch für solche, die unter der Therapie mit einem C5-Inhibitor seit mindestens sechs Monaten klinisch stabil sind. Piasky wird als 340 mg Lösung zur Injektion/Infusion erhältlich sein. Die Patienten können es sich selbst alle vier Wochen subkutan spritzen.
Der Antikörper kann die Hämolyse kontrollieren und hilft damit, Transfusionen zu vermeiden. Dies wurde in zwei multizentrischen Phase-III-Studien über 24 Wochen im Vergleich mit Eculizumab, das alle zwei Wochen intravenös infundiert wird, gezeigt. Die Studien COMMODORE-1 und -2 bestätigten die Wirksamkeit und Sicherheit von Crovalimab bei subkutaner Gabe alle vier Wochen. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Typ-III-Allergien, Infektionen der oberen Atemwege, Pyrexie (Fieber), Kopfschmerzen und infusionsbedingte Reaktionen.
In COMMODORE-2 wurden 204 Patienten, die noch keinen C5-Inhibitor bekommen hatten, aufgenommen. 79,3 Prozent der Patienten unter Crovalimab erreichen eine Kontrolle der Hämolyse; unter Eculizumab waren es 79,0 Prozent. Transfusionen konnten bei 65,7 versus 68,1 Prozent der Patienten vermieden werden. Der Fatigue-Score verbesserte sich in den beiden Armen deutlich. Das Sicherheitsprofil war in beiden Studienarmen vergleichbar; es traten keine Meningokokken-Infektionen auf. Die meisten Patienten, die nach der ersten Studienphase von Eculizumab zu Crovalimab wechselten, bevorzugten das neue Medikament.
An COMMODORE-1 nahmen 89 PNH-Erkrankte teil, die die bisherige Therapie mit dem C5-Inhibitor Eculizumab fortsetzten oder auf Crovalimab umgestellt wurden. Die Krankheitskontrolle blieb nach dem Switch stabil. Nebenwirkungen traten bei 77 Prozent der Patienten unter Crovalimab und 67 Prozent unter Eculizumab auf; auch in dieser Studie gab es keine Meningokokken-Infektion. 16 Prozent der Patienten unter dem neuen Antikörper hatten vorübergehende Immunkomplex-Reaktionen (Typ-III-Hypersensitivitäts-Reaktionen), die aber ohne Therapieänderung abklangen. 85 Prozent der Patienten bevorzugten Crovalimab gegenüber Eculizumab.