Erster Orexin-Rezeptorantagonist verfügbar |
Sven Siebenand |
01.12.2022 10:30 Uhr |
Die empfohlene Dosis beträgt eine 50-mg-Filmtablette einmal pro Nacht. Sie soll abends in den 30 Minuten vor dem Zubettgehen eingenommen werden. Die Wirkung von Quviviq kann sich bei Einnahme mit oder kurz nach einer Mahlzeit verzögern. Grundsätzlich sollte die Behandlungsdauer so kurz wie möglich sein und die Weiterbehandlung in regelmäßigen Abständen vom Arzt geprüft werden.
Quvivig gibt es in den Dosierungen 50 mg und 25 mg. / Foto: Idorsia
Kontraindiziert ist Daridorexant bei Narkolepsie. Dies ist gut nachvollziehbar, denn bei den davon Betroffenen besteht ohnehin ein Mangel an Orexin-Wirkung. Eine weitere Kontraindikation ist die gleichzeitige Einnahme starker CYP3A4-Inhibitoren. Denn Daridorexant wird fast ausschließlich über dieses Enzym metabolisiert. Starke CYP3A4-Hemmer könnten den Wirkspiegel des Schlafmittels deutlich ansteigen lassen.
Die gleichzeitige Gabe mäßig starker CYP3A4-Hemmer ist möglich, jedoch sollte die Dosis in diesem Fall abends nur 25 mg Daridorexant betragen. Aufgrund der möglichen CYP-Blockade sollten Patienten den Verzehr von Grapefruit am Abend vermeiden. Eine Anpassung der Dosierung bei Nierenfunktionsstörung wird nicht empfohlen. Bei leicht beeinträchtigter Leberfunktion ist dies auch nicht notwendig. Bei mäßiger Leberfunktionsstörung wird zu 25 mg Daridorexant zur Nacht geraten. Nicht empfohlen, weil nicht untersucht, ist die Anwendung von Daridorexant bei schwerer Funktionsstörung des Organs.
Bei gleichzeitiger Verordnung von Quviviq und Arzneimitteln mit dämpfender Wirkung auf das ZNS ist aufgrund von potenziell additiven Wirkungen Vorsicht geboten und es sollte eine Dosisanpassung von Daridorexant oder den gleichzeitig angewendeten Arzneimitteln in Betracht gezogen werden. Patienten sollte hinsichtlich des Konsums von Alkohol während der Behandlung mit dem neuen Schlafmittel zur Vorsicht geraten werden. Bei psychiatrischen Begleiterkrankungen sollte Quviviq mit Vorsicht angewendet werden.
Ein weiterer Warnhinweis ist in der Fachinformation zu Schlafparalysen unter Daridorexant zu finden. Dabei kann sich der Patient bis zu mehrere Minuten während des Schlaf-Wach-Übergangs nicht bewegen oder sprechen. Hauptsächlich in den ersten Wochen der Behandlung sind ebenso Halluzinationen und Kataplexien möglich. Verordnende Ärzte und das Apothekenpersonal sollten Patienten über das mögliche Auftreten dieser Ereignisse aufklären. Je nach Art und Schweregrad der Ereignisse ist ein Abbruch der Behandlung in Betracht zu ziehen.
Positiv ist, dass es in Studien keine Anzeichen für einen Missbrauch oder Entzugserscheinungen gab, die auf eine körperliche Abhängigkeit nach dem Absetzen der Behandlung hinweisen. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Kopfschmerzen und Somnolenz.
Während der Schwangerschaft sollte Daridorexant nur zum Einsatz kommen, wenn das aufgrund des klinischen Zustands der Frau erforderlich ist. In der Stillzeit ist zu entscheiden, ob das Stillen unterbrochen wird oder auf Quviviq verzichtet wird.
Daridorexant ist der erste duale Orexin-Rezeptorantagonist (DORA), der auf dem deutschen Markt verfügbar ist. Damit gibt es nun auch hierzulande ein neues Wirkprinzip zur Behandlung von Schlafstörungen. Allein das rechtfertigt die Einstufung als Sprunginnovation.
Untermauert wird dies durch die bisherigen Studienergebnisse. Sowohl die Abnahme der Wachzeit in der Nacht um etwa eine halbe Stunde als auch das deutlich schnellere Einschlafen sind als klinisch relevant und für den Patienten bedeutsam zu betrachten. Besonders interessant ist, dass auch die Befindlichkeit der Patienten am Tag untersucht wurde und der neue Wirkstoff sich positiv auf die Tagesaktivität der Betroffenen auswirkte. Bisher gibt es Daten über ein Jahr. Diese zeigen, dass der Effekt bestehen bleibt und die Patienten nicht in Versuchung kommen, die Dosis zu erhöhen. Rebound-Insomnie und körperliche Abhängigkeit nach dem Absetzen sind bisher nicht beobachtet. Ein weiterer Vorteil ist, dass Daridorexant die Schlafarchitektur – im Gegensatz zu anderen Wirkstoffen – nicht verändert. Zusammen mit dem günstigen Sicherheitsprofil ist also alles in allem davon auszugehen, dass Daridorexant für die Benzodiazepine und Z-Substanzen in Zukunft eine deutliche Konkurrenz darstellen kann. Direkte Vergleichsstudien wären interessant. Dass die Klasse der DORA wachsen wird, ist gut möglich. In den USA sind seit Jahren auch Suvorexant und Lemborexant zugelassen.
Sven Siebenand, Chefredakteur