Erste personalisierte Therapie dank Erdafitinib |
Sven Siebenand |
05.02.2025 07:00 Uhr |
Auch in Sachen Wechselwirkungen gibt es einiges zu beachten. So ist Vorsicht geboten bei der Anwendung von Balversa zusammen mit Arzneimitteln, die bekanntermaßen das QT-Intervall verlängern, oder mit Arzneimitteln, die Torsades de pointes auslösen können.
Die gleichzeitige Anwendung des Kinasehemmers mit moderaten CYP2C9- oder starken CYP3A4-Inhibitoren erhöht die Erdafitinib-Exposition und erfordert eine Dosisanpassung. Der Verzehr von Grapefruit oder Bitterorangen (Sevilla-Orangen) soll während der Behandlung mit Balversa aufgrund der starken CYP3A4-Hemmung vermieden werden.
Die gleichzeitige Anwendung von Erdafitinib mit starken CYP3A4-Induktoren wird nicht empfohlen. Die gleichzeitige Gabe mit moderaten CYP3A4-Induktoren erfordert eine Dosisanpassung. Zudem kann eine gleichzeitige Einnahme die Wirksamkeit hormoneller Kontrazeptiva verringern. Patientinnen, die hormonelle Kontrazeptiva anwenden, sollten darauf hingewiesen werden, während der Behandlung und bis zu einem Monat nach der letzten Einnahme von Balversa ein alternatives Kontrazeptivum, das nicht durch Enzyminduktoren beeinflusst wird, oder eine zusätzliche nicht hormonelle Verhütungsmethode zu verwenden.
Erdafitinib kann aufgrund seines Wirkmechanismus und basierend auf Ergebnissen aus tierexperimentellen Reproduktionsstudien den Fetus schädigen, wenn es von Schwangeren eingenommen wird. Patientinnen im gebärfähigen Alter sollen darauf hingewiesen werden, vor und während der Behandlung sowie für einen Monat nach der letzten Einnahme von Erdafitinib eine hochwirksame Verhütungsmethode anzuwenden. Während der Schwangerschaft darf der Kinasehemmer nicht angewendet werden, es sei denn, eine Behandlung ist aufgrund des klinischen Zustandes der Frau erforderlich. Das Stillen sollten Frauen während der Behandlung und für einen Monat nach der letzten Einnahme unterbrechen.
Der Wirkmechanismus von Erdafitinib ist ganz sicher nicht das Innovative an diesem Neuling. Denn mit Futibatinib und Pemigatinib gibt es schon seit einiger Zeit FGFR-Inhibitoren im Handel. Das Besondere an Erdafitinib ist sein Einsatzgebiet: Es ist die erste personalisierte Therapie beim Urothelkarzinom.
Für Patienten mit FGFR3-Alterationen bringt der Wirkstoff einen Fortschritt. Immerhin circa jeder Fünfte weist diese genetischen Veränderungen auf. Eine rechtzeitige Testung darauf ist also spätestens vor der Entscheidung zur Zweitlinientherapie sinnvoll. Zusammen mit den überzeugenden Studien, in denen Erdafitinib im Vergleich zu einer Chemotherapie das Gesamtüberleben um mehr als vier Monate verlängern und das progressionsfreie Überleben in etwa verdoppeln konnte, ergibt sich die vorläufige Bewertung als Schrittinnovation.
Erdafitinib ist aber auch ein Wirkstoff, bei dem in Sachen Nebenwirkungen einiges zu beachten ist. Themen wie Augengesundheit, Phosphatspiegel und Nagelerkrankungen spielen auch bei der Abgabe des Medikaments in der Apotheke eine wichtige Rolle im Beratungsgespräch.
Es bleibt abzuwarten, wie es mit Erdafitinib weitergehen wird. Denkbar wären ein Einsatz auch in der Erstlinientherapie beim Urothelkarzinom oder die Anwendung bei anderen Tumoren. Denn FGFR-Genmutationen liegen bei einem breiten Spektrum von Krebserkrankungen vor und können ein Treiber für das Tumorwachstum sein.
Sven Siebenand, Chefredakteur