Erste Hilfe bei Unfällen mit ätzenden oder giftigen Stoffen: Die aktualisierte Leitlinie beschreibt die bewährten Standardmaßnahmen und zählt die Ausnahmen auf, in denen auf fertig abgepackte Spülflüssigkeiten zurückgegriffen werden darf. / Foto: Adobe Stock/kittisak
Bei Unfällen mit zum Beispiel ätzenden oder giftigen Stoffen ist das sofortige Spülen mit viel Wasser Mittel der ersten Wahl. Diese Empfehlung findet ihre Bestätigung sowohl in der Literatur als auch in der betrieblichen Praxis und hat Eingang gefunden in das berufsgenossenschaftliche und staatliche Regelwerk. Darüber hinaus erlauben die Richtlinien für Laboratorien (DGUV-Information 213-850) aber auch Augenspülflaschen mit steriler Spülflüssigkeit, wenn kein fließendes Trinkwasser zur Verfügung steht.
Diese Ausnahmeregelung kann beispielsweise bei Abfüllvorgängen im Außenbereich oder in entlegenen Betriebsteilen zum Tragen kommen, wenn kein Trinkwassernetz vorhanden ist oder Trinkwasserleitungen unter unverhältnismäßig hohem Aufwand gelegt werden müssten. Für den Unternehmer ergeben sich dann mehrere Fragen: Welche der zahlreichen Spüllösungen ist für die Maßnahmen der Ersten Hilfe geeignet? Welche Anforderungen sind daran zu stellen? Und unter welchem Gesichtspunkt sollte die richtige ausgewählt werden?
Die Auswahl des richtigen Mittels wird dadurch erschwert, dass die von den Herstellern gelieferten Informationen nicht unbedingt miteinander vergleichbar sind. Prüfkriterien sind bislang nicht beschrieben – also auch nicht, wie die Wirksamkeit der Spüllösungen bei Laugen- oder Säureverätzungen nachgewiesen werden könnte oder welche anderen Qualitätsmerkmale eine Spüllösung zu erfüllen hätte.
Orientierung bietet seit 2006 eine Leitlinie der ehemaligen Berufsgenossenschaft Chemie Informationen. Diese Leitlinie »Anforderungen an Spülflüssigkeiten zur Ersten Hilfe« wurde nun von einer Arbeitsgruppe der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemischen Industrie (BG RCI) aktualisiert und im Juli 2022 auf der Website veröffentlicht. Sie beschreibt den Anwendungsbereich, definiert Begrifflichkeiten, benennt die für den betrieblichen Bereich entscheidenden Rechtsgrundlagen und listet die Einsatzmöglichkeiten von Spülflüssigkeiten am Arbeitsplatz auf.
Ergänzend zu bestehenden Regelwerken formuliert die Leitlinie auch Anforderungen, die nach Ansicht der Arbeitsgruppe für den betrieblichen Kontext von besonderer Bedeutung sind: die Zusammensetzung und wesentlichen Merkmale von Spülflüssigkeiten, Anforderungen an den Wirksamkeitsnachweis, die Eignung, die Produktinformation und Verpackung von Spüllösungen.
Die aktualisierte Literaturübersicht und eine beispielhafte Betriebsanweisung ergänzen die neue Leitlinie. Sie steht zum Download unter www.bgrci.de bereit.