Erst aufklären, dann abgeben |
Petro legt Wert auf eine ausführliche Diagnostik. »Die Diagnose ist wichtig, um zu wissen, welches Allergen klinisch überhaupt relevant ist. Welches ist das Leitallergen, das die Symptomatik triggert und unterhält? Wenn herauskommt, dass es die Katze ist, muss das Allergenreservoir beseitigt werden, also die Katze abgeschafft. Wenn es die Pollen sind, die die Symptomatik verursachen, habe ich ein ubiquitäres Allergen, das überall vorkommt. Davor lässt sich schlecht schützen, eine Therapie ist dann unvermeidbar.«
Bei leichteren Beschwerden, die den Alltag nur wenig beeinträchtigen, empfiehlt Allergologe Petro, ein Antihistaminikum in der Offizin abzugeben. »Die Darreichungsform sollte sich an den vorherrschenden Symptomen orientieren, also eher lokal als oral.« Sind die Beschwerden stärker ausgeprägt, sodass sie den Alltag beeinträchtigen und regelmäßig auftreten, sieht Petro die nasalen Glucocorticoide vorne. Auch nach den Behandlungsempfehlungen der internationalen Initiative ARIA (Allergic Rhinitis and its Impact on Asthma) sowie internationale Leitlinien sind die topischen Steroide erste Wahl.
Petro: »Ich versuche, gleich zu Anfang möglichst kausal zu therapieren und starte gerne mit einem nasalen Steroid. Diese bieten den Vorteil, dass sie neben der symptomatischen Hilfe auch das entzündliche Geschehen eindämmen. Mittelfristig gesehen, bekommt man dadurch die Symptomatik besser in den Griff.« Wichtig zu wissen: Die nasalen Steroide wirken nicht sofort, ihre Wirkung baut sich erst nach drei bis fünf Tagen regelmäßiger Anwendung auf. Ein Gebrauch nach Bedarf bringt keinen Effekt. Petro empfiehlt, die ersten Tage mit einem nasalen Antihistaminikum oder einem a-Sympathomimetikum zu überbrücken und parallel zu sprühen, damit der Patient einen Effekt hat. »Ich beschreite in meiner Praxis gern den doppelten Weg und setze die fixe Kombination aus Azelastin und Fluticason ein.« Diese ist allerdings rezeptpflichtig.
Wie berät das pharmazeutische Personal Patienten mit allergischer Rhinokonjunktivitis leitliniengerecht? Die Grafik bietet einen Überblick; modifiziert nach ARIA-Guidlines (Allergic Rhinitis and its Impact on Asthma) 2016 und Zentrum für Rhinologie und Allergologie, Wiesbaden / Foto: Stephan Spitzer
Was ist von der vorbeugenden Gabe zu halten? »Der Patient ist gut beraten, wenn es ihm gelingt, präsaisonal den Therapiebeginn zu legen. Wenn man genau weiß, dass man gegen Birkenpollen allergisch reagiert, sollte man einige Wochen zuvor beginnen, die Nase zu sprühen. Die Symptome bleiben dann minimiert. Wenn es dem Patienten mehrere Jahre hintereinander gelingt, mit der Therapie präsaisonal zu beginnen, wird er feststellen, dass die Symptomatik immer weniger wird – weil er gar nicht mehr in die Phase der Inflammation hereinkommt«, erklärt der Fachmann. Und Petro ist der Meinung, dass durch eine adäquate Behandlung der Nase auch die Symptomatik an den Augen abnimmt.
Während die längerfristige Einnahme oder Applikation eines Antihistaminikums laut Petro nicht kritisch zu sehen ist, ist es sie »beim nasalen Steroid insofern, als dass es häufig die Nase austrocknet und Nasenbluten hervorruft«. Petro empfiehlt deshalb, den Sprühstoß Richtung Augenwinkel und nicht Richtung Nasenscheidewand zu applizieren und eine befeuchtende Nasensalbe aufzutragen. »Auch ein guter Tipp, der wenig weitergegeben wird, ist die simple Nasenspülung mit Salzlösungen. Man muss sich zwar erst daran gewöhnen, aber mein Credo ist: zweimal täglich Zähne putzen und Nase spülen zur Gewohnheit werden lassen. Das spült die Pollen weg und befeuchtet die Schleimhaut.«
Woran könnte es Petros Meinung nach liegen, dass Patienten inadäquat therapiert werden? »Ich glaube, es hängt auch damit zusammen, dass viele Patienten von ihrem Hausarzt über Jahre Cetirizin und Co. empfohlen bekommen. Hier muss ich auch ein bisschen meine Kollegen kritisieren, dass wir nicht konsequent vorgehen. Es macht doch keinen Sinn, eine Symptomatik, die sich in der Nase abspielt, mit einem systemischen Medikament behandeln zu wollen, das auch in der Großzehe wirkt. Man muss am Ort des Geschehens behandeln. Aber der Schritt vom oralen Antihistaminikum hin zur antientzündlichen Therapie mit einem nasalen Steroid wird oft nicht gemacht.«
Arzneistoffgruppe | Wirkstoff | Besonderheiten |
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Antihistaminika oral | Cetirizin (wie Zyrtec®), Loratadin (wie Lorano®), Levocetirizin (wie Levocetirizin Stada®), Desloratadin, Clemastin (wie Tavegil®) | Cetirizin und Loratadin abhängig von Darreichungsform teils ab 1 Jahr, Levocetirizin ab 6 Jahre, Desloratadin kurz vor OTC-Switch, Clemastin müde machend |
Antihistaminika topisch (Nasenspray und Augentropfen) | Azelastin (wie Allergodil®, Pollival®, Vividrin® akut), Levocabastin (wie Livocab®), Ketotifen( wie Zaditen® ophtha) | Azelastin ab 6 Jahre, bitterer Nachgeschmack, Levocabastin ab einem 1 Jahr, vor Anwendung schütteln, da Suspension, Ketotifen ab 3 Jahre |
Nasale Steroide | Beclometasonpropionat (wie Ratioallerg® Heuschnupfenspray, Rhinivict® nasal), Fluticasonpropionat (wie Otri Allergie® Nasenspray Fluticason), Mometasonfuroat (wie Momeallerg® Galenpharma, Mometahexal®) | Erwachsene ab 18 Jahre, Verzögert einsetzende Wirkung, Sprühstoß Richtung Augenwinkel und nicht Richtung Nasenscheidewand, um Nasenbluten zu vermeiden |
Mastzellstabilisatoren topisch | Cromoglicinsäure-Salze (wie Pollicrom® Nasenspray und Augentropfen, Allergo-Comod® Augentropfen, Vividrin® antiallergische Augentropfen | vorbeugende Wirkung, zwei Wochen vor der Saison beginnen, wenige Nebenwirkungen, daher auch für Kleinkinder, Schwangere und Stillende geeignet |