Erkrankungen im Wochenbett |
Die beiden Stillhormone rücken direkt nach der Geburt in den Vordergrund.
Prolaktin wird in den laktotrophen Zellen des Hypophysenvorderlappens gebildet und ist verantwortlich für die Stimulation der Milchbildung (Laktogenese). Bereits in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft steigt die Prolaktin-Konzentration an und stimuliert die Produktion des Kolostrums, der sogenannten Vormilch. Diese enthält besonders hohe Konzentrationen an Immunglobulinen, vor allem IgA, und stellt die erste immunologische Versorgung des Neugeborenen nach der Geburt sicher.
Die eigentliche Milchbildung (Laktogenese II) beginnt am dritten postpartalen Tag. Mit Ablösung der Plazenta fällt der Progesteron-vermittelte Hemmeffekt weg, wodurch der Prolaktin-Spiegel rasch ansteigt. Dieser hormonelle Impuls führt zum Milcheinschuss. Die Hormonausschüttung ist primär stimulusabhängig: Jeder Stillvorgang löst über neuroendokrine Reflexe die Freisetzung von Prolaktin sowie Oxytocin aus. Während Prolaktin die Milchproduktion anregt, sorgt Oxytocin für den Milchfluss (3).
Bei stillenden Müttern bleibt der Prolaktin-Spiegel durch das regelmäßige Anlegen des Säuglings deutlich erhöht. Dies hat nicht nur laktogene Effekte, sondern beeinflusst auch die endokrine Regulation des weiblichen Zyklus. Prolaktin wirkt hemmend auf die Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse, insbesondere auf die GnRH-Freisetzung. Dadurch bleibt die Ovulation aus und es kommt zur sogenannten Laktationsamenorrhö, die bei vollem Stillen eine temporäre natürliche Kontrazeption darstellen kann. Wichtig: Dies ist nicht zuverlässig. Will die Frau eine erneute Konzeption sicher ausschließen, muss sie zusätzlich verhüten.
Ohne Stilltätigkeit sinkt der Prolaktin-Spiegel innerhalb weniger Wochen ab. In der Folge wird die ovariell gesteuerte Hormonproduktion reaktiviert und der Menstruationszyklus stellt sich wieder ein.
Oxytocin ist ein zentrales Hormon bei der Geburt und in der Stillzeit. Das Neuropeptid wird im Hypothalamus gebildet und über die Neurohypophyse ausgeschüttet. Es zählt zu den zentralen Effektorhormonen während des Geburtsvorgangs: Durch die Stimulation der glatten Muskulatur des Uterus fördert es die Kontraktionen und ist somit an der Wehentätigkeit beteiligt.
Im Wochenbett hat Oxytocin eine doppelte Funktion. Einerseits wird es beim Anlegen des Säuglings an die Brust reflektorisch ausgeschüttet, wodurch es über die Kontraktion der Myoepithelzellen in den Milchdrüsen die Milchejektion (Milk-let-down-Reflex) ermöglicht. Zudem fördert es die postpartale Rückbildung des Uterus. Viele Wöchnerinnen empfinden die dabei auftretenden Nachwehen als unangenehm. Diese können unerwartet heftig sein, sind jedoch klinisch relevant zur Reduktion postpartaler Blutungen und zur Wiederherstellung der Uterusgröße.
Zusätzlich ist Oxytocin maßgeblich an der emotionalen Bindung zwischen Mutter und Kind beteiligt. Aufgrund seiner sozialen und verhaltensmodulierenden Effekte gilt es auch als »Bindungshormon«. Diese Eigenschaften kann das Apothekenteam in der Beratung rund um Geburt, Stillzeit und psychische Stabilität besonders betonen.
Manchmal gibt es zu Beginn Schwierigkeiten beim Stillen. Die Hebamme/der Geburtshelfer geben bei ihren regelmäßigen Besuchen wertvolle Tipps zu Stillpositionen und -techniken und können die Probleme meist lösen. Die Frauen sollten die Besuche der Hebammen, die von den Krankenkassen bezahlt werden, unbedingt annehmen. Es dauert etwa zehn Tage, bis die produzierte Milchmenge und die Trinkmenge des Babys einander angeglichen sind. Die Menge pendelt sich auf 500 bis 700 ml pro Tag ein (4).