Erkrankungen im Wochenbett |
Das Wochenbett ist eine Phase, in der physiologische Umstellungen stattfinden. Diese können mit kurzzeitigen Beschwerden wie Erschöpfung und Stimmungsschwankungen einhergehen. / © Shutterstock/Alberto_Rodriguez
Das Wochenbett (Puerperium) ist die Phase nach der Geburt, die etwa sechs bis acht Wochen umfasst. In dieser Zeit finden komplexe physiologische Umstellungen statt, die sich hormonell, strukturell und metabolisch auswirken. Der Körper muss sich sozusagen wieder neu finden, rückbilden und vom Schwangerschaftsmodus auf den »Normalmodus« umstellen. Je besser die Frauen über die Besonderheiten im Wochenbett informiert sind, desto besser können sie die meist kurzzeitigen Beschwerden einordnen und »vertragen« (1). Ebenso sollten sie wissen, was nicht normal ist und was sie nicht ertragen müssen.
Mit der Plazenta wird unmittelbar nach der Geburt die Hauptquelle für Progesteron, Estrogene, hCG (humanes Choriongonadotropin) und hPL (humanes Plazenta-Laktogen) abgestoßen. Schon innerhalb von 24 Stunden sinken die Spiegel dieser Hormone drastisch ab. Diese rapiden Hormonänderungen sind die natürliche Ursache dafür, dass Frauen postpartal häufig über Stimmungsschwankungen, Schlafprobleme, Heißhungerattacken oder Hautveränderungen klagen.
Endlich ist das Baby da! Jetzt beginnt wieder eine Zeit der Neuorientierung für die Frau. / © Adobe Stock/nataliaderiabina
Der Abfall von Progesteron und Estrogen führt in den ersten drei bis fünf Tagen nach der Geburt zu Stimmungsschwankungen. Die Frauen sind reizbar oder überempfindlich, was auch als -Babyblues bezeichnet wird. 50 bis 80 Prozent der Frauen sind betroffen. Dieser Zustand normalisiert sich nach etwa fünf bis sechs Tagen. Besonders durch den Estrogenabfall leiden die Frauen an nächtlichen Schweißausbrüchen, die vier bis sechs Wochen andauern können. Länger anhaltende Hitzewallungen sollten abgeklärt werden. Ein weiterer Effekt des Hormonabfalls ist eine vermehrte Wasserausscheidung, die sich in häufigem Harnlassen zeigt und innerhalb von wenigen Tagen postpartal normalisiert.
Die schnelle Eliminierung des hCG, das indirekt für den Aufbau der Uterusschleimhaut während der Schwangerschaft verantwortlich ist, bewirkt die Abstoßung der Schleimhaut (2).
Das Peptidhormon hPL wird ab der 10. Schwangerschaftswoche (SSW) gebildet und beeinflusst den mütterlichen Metabolismus. Es lässt den Blutzucker ansteigen, indem es die mütterlichen Zellen unempfindlicher gegen Insulin macht. Außerdem stimuliert hPL die mütterliche Lipolyse und die fetale Erythropoese. Ein Abfall des Hormons nach der Geburt führt zur Normalisierung der Insulinsensitivität und zur Verringerung der Lipolyse.
Die beiden Stillhormone rücken direkt nach der Geburt in den Vordergrund.
Prolaktin wird in den laktotrophen Zellen des Hypophysenvorderlappens gebildet und ist verantwortlich für die Stimulation der Milchbildung (Laktogenese). Bereits in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft steigt die Prolaktin-Konzentration an und stimuliert die Produktion des Kolostrums, der sogenannten Vormilch. Diese enthält besonders hohe Konzentrationen an Immunglobulinen, vor allem IgA, und stellt die erste immunologische Versorgung des Neugeborenen nach der Geburt sicher.
Die eigentliche Milchbildung (Laktogenese II) beginnt am dritten postpartalen Tag. Mit Ablösung der Plazenta fällt der Progesteron-vermittelte Hemmeffekt weg, wodurch der Prolaktin-Spiegel rasch ansteigt. Dieser hormonelle Impuls führt zum Milcheinschuss. Die Hormonausschüttung ist primär stimulusabhängig: Jeder Stillvorgang löst über neuroendokrine Reflexe die Freisetzung von Prolaktin sowie Oxytocin aus. Während Prolaktin die Milchproduktion anregt, sorgt Oxytocin für den Milchfluss (3).
Bei stillenden Müttern bleibt der Prolaktin-Spiegel durch das regelmäßige Anlegen des Säuglings deutlich erhöht. Dies hat nicht nur laktogene Effekte, sondern beeinflusst auch die endokrine Regulation des weiblichen Zyklus. Prolaktin wirkt hemmend auf die Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse, insbesondere auf die GnRH-Freisetzung. Dadurch bleibt die Ovulation aus und es kommt zur sogenannten Laktationsamenorrhö, die bei vollem Stillen eine temporäre natürliche Kontrazeption darstellen kann. Wichtig: Dies ist nicht zuverlässig. Will die Frau eine erneute Konzeption sicher ausschließen, muss sie zusätzlich verhüten.
Ohne Stilltätigkeit sinkt der Prolaktin-Spiegel innerhalb weniger Wochen ab. In der Folge wird die ovariell gesteuerte Hormonproduktion reaktiviert und der Menstruationszyklus stellt sich wieder ein.
Oxytocin ist ein zentrales Hormon bei der Geburt und in der Stillzeit. Das Neuropeptid wird im Hypothalamus gebildet und über die Neurohypophyse ausgeschüttet. Es zählt zu den zentralen Effektorhormonen während des Geburtsvorgangs: Durch die Stimulation der glatten Muskulatur des Uterus fördert es die Kontraktionen und ist somit an der Wehentätigkeit beteiligt.
Im Wochenbett hat Oxytocin eine doppelte Funktion. Einerseits wird es beim Anlegen des Säuglings an die Brust reflektorisch ausgeschüttet, wodurch es über die Kontraktion der Myoepithelzellen in den Milchdrüsen die Milchejektion (Milk-let-down-Reflex) ermöglicht. Zudem fördert es die postpartale Rückbildung des Uterus. Viele Wöchnerinnen empfinden die dabei auftretenden Nachwehen als unangenehm. Diese können unerwartet heftig sein, sind jedoch klinisch relevant zur Reduktion postpartaler Blutungen und zur Wiederherstellung der Uterusgröße.
Zusätzlich ist Oxytocin maßgeblich an der emotionalen Bindung zwischen Mutter und Kind beteiligt. Aufgrund seiner sozialen und verhaltensmodulierenden Effekte gilt es auch als »Bindungshormon«. Diese Eigenschaften kann das Apothekenteam in der Beratung rund um Geburt, Stillzeit und psychische Stabilität besonders betonen.
Manchmal gibt es zu Beginn Schwierigkeiten beim Stillen. Die Hebamme/der Geburtshelfer geben bei ihren regelmäßigen Besuchen wertvolle Tipps zu Stillpositionen und -techniken und können die Probleme meist lösen. Die Frauen sollten die Besuche der Hebammen, die von den Krankenkassen bezahlt werden, unbedingt annehmen. Es dauert etwa zehn Tage, bis die produzierte Milchmenge und die Trinkmenge des Babys einander angeglichen sind. Die Menge pendelt sich auf 500 bis 700 ml pro Tag ein (4).
Nach der Geburt durchläuft der weibliche Körper eine Phase intensiver Rückbildung (Organinvolution), die mit verschiedenen physiologischen Prozessen einhergeht. Viele Wöchnerinnen haben Fragen zu Themen wie Rückbildung, Wochenfluss, Beckenboden und Gewichtsregulation.
Die Rückbildung umfasst alle Prozesse, durch die sich der weibliche Körper nach der Geburt regeneriert. Ziel ist die Wiederherstellung der anatomischen und funktionellen Ausgangslage vor der Schwangerschaft. Dabei sollen die ursprüngliche Uterusgröße und -lage wiederhergestellt sowie die Beckenbodenfunktion und die Bauchmuskulatur (Rektusdiastase) wieder aufgebaut werden.

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Durch die Schwangerschaft nimmt die Frau normalerweise 10 bis 16 kg Gewicht zu. Der initiale Gewichtsverlust unmittelbar nach der Entbindung beträgt im Durchschnitt 5 bis 7 kg. Das Baby wiegt etwa 3300 g, die Plazenta 600 g und das Fruchtwasser 1000 g; der Flüssigkeitsverlust durch Schweiß und Atmung beträgt ebenfalls 1000 g.
In den folgenden Wochen verliert der Körper durch Diurese, Mobilisierung von Ödemen und hormonelle Umstellungen weiter an Gewicht. Stillen fördert durch den hohen Energieverbrauch zusätzlich die Reduktion maternaler Fettreserven. Der zusätzliche Gesamtenergiebedarf liegt etwa 500 kcal/Tag über dem Grundumsatz. Die Mutter sollte nicht »für zwei essen«, aber auch nicht hungern aus dem Druck heraus, bald wieder in die gewohnte Kleidung hineinzupassen. Viele Mütter verlieren in den ersten drei Monaten 8 bis 10 kg – mit individuellen Unterschieden.
Ihr ursprüngliches Gewicht sollten Frauen 12 bis 18 Monate nach der Geburt wieder erreichen. Eine ausgewogene Ernährung, Geduld und moderate, aber regelmäßige Bewegung stehen im Vordergrund. Strenge Diäten sind im Wochenbett nicht empfehlenswert.
Die Apothekenteams können empathisch über realistische Erwartungen aufklären und gegebenenfalls Empfehlungen zur Nährstoffzufuhr in der Stillzeit geben und eine Ernährungsberatung anbieten.
Der Uterus wiegt nach der Geburt etwa 1000 g und hat am Ende des Wochenbetts wieder das ursprüngliche Gewicht von 50 bis 60 g. Die Stelle, an der die Plazenta saß, verkleinert sich unmittelbar nach der Geburt von 18 auf 9 cm und verkleinert sich innerhalb der zweiten postpartalen Woche auf 3 bis 4 cm. Durch die Oxytocin-vermittelte Kontraktion und Kompression werden die uterinen Blutgefäße verschlossen, thrombosieren und degenerieren schließlich. Bei starken Nachwehen kann die Frau ein Spasmolytikum, zum Beispiel Butylscopolamin, einnehmen.
Bei verzögerter Rückbildung sollte eine Kontrolle auf Plazentareste oder eine Infektion stattfinden. Der Prozess kann auch durch Oxytocin unterstützt werden. Bei einer Uterusatonie, also der verringerten Rückbildung, kann das Hormon intravenös oder als Nasenspray angewendet werden. Bei einer vollständigen Atonie wird Methylergometrin angewendet. Währenddessen muss die Milch abgepumpt und verworfen werden.
Bei ihren Hausbesuchen können Hebammen den Müttern wichtige Hinweise geben. / © Shutterstock/Monkey Business Images
Wundheilungsstörungen können sowohl im Dammbereich (perineal) als auch an der Kaiserschnittwunde auftreten. Eine beginnende Infektion zeigt sich durch Rötung, Schwellung, Schmerzen und eventuell Fieber. Die regelmäßige Inspektion der Wunde durch Hebamme oder Arzt ist unerlässlich. Die erste Selbstmedikation kann mit Lokalantiseptika wie Octenidin erfolgen. Produkte zur Wundpflege, zum Beispiel mit Dexpanthenol oder Hamamelis, sind hilfreich und fördern die lokale Abheilung von Verletzungen.
Der Wochenfluss (Lochien) bezeichnet die vaginale Absonderung von Blut, Schleimhautresten und Wundsekret aus der Gebärmutter nach der Plazentaablösung. Diese sekretorische Phase dauert vier bis sechs Wochen und durchläuft verschiedene Stadien: von blutig (lochia rubra) über bräunlich-serös (lochia fusca/serosa) bis hin zu gelblich-weiß (lochia alba). Eine gute Intimhygiene sowie die Beobachtung etwaiger Infektionszeichen sind wichtig. Ein plötzliches Nachlassen oder unangenehmer Geruch des Wochenflusses kann auf eine Lochialstauung oder Endometritis hinweisen und sollte gynäkologisch abgeklärt werden.
Die Beckenbodenmuskulatur wird während Schwangerschaft und Geburt stark beansprucht. Unabhängig davon, ob eine vaginale Entbindung oder ein Kaiserschnitt erfolgt ist, ist die funktionelle Integrität des Beckenbodens postpartal häufig reduziert. Folgen können Harninkontinenz, ein Druckgefühl im Becken oder ein Prolapsgefühl sein.
Wann ist der beste Zeitpunkt, um mit der Rückbildung zu starten? In der Frühphase (0 bis zwei Wochen postpartal) sind Schonung, sanfte Mobilisation und Atemübungen angebracht. Ab Woche 6 kann die Rückbildungsgymnastik unter fachlicher Anleitung starten, nach Kaiserschnitt etwas später, abhängig von der Wundheilung. Zur Rückbildung gehören das fachkundig angeleitete Beckenbodentraining, die Kräftigung der Rumpfmuskulatur, die Haltungsschulung mit Rückenschule und das Erlernen von Entspannungstechniken.
Eine individuell angepasste Beckenbodengymnastik ist essenziell für die Rückgewinnung von (Spann-)Kraft dieser Muskelgruppe. Dies verringert das Risiko einer dauerhaften Harninkontinenz deutlich. Umso wichtiger ist es, dass sich die Frauen Zeit nehmen für entsprechende Rückbildungskurse (5). Hebammen und Physiotherapeuten bieten qualifizierte Kurse an; die Kosten werden meist von den Krankenkassen übernommen. Auch manche Apotheken bieten in Kooperation mit Hebammen Rückbildungskurse an.
Die Insulinsensitivität nimmt wieder zu, da die diabetogene Wirkung der Plazentahormone entfällt. Frauen mit Gestationsdiabetes haben nach wenigen Tagen postpartal wieder normale Blutzuckerwerte, jedoch ein erhöhtes Langzeitrisiko für einen Typ-2-Diabetes. Ihnen wird empfohlen, den Blutzucker über sechs bis zwölf Wochen postpartal zu kontrollieren. Eine Ernährungsberatung, die den Einfluss von Kohlenhydraten mit hohem glykämischen Index und Fetten zum Schwerpunkt hat, ist hilfreich.
Der Körper beginnt, Fettspeicher aus der Schwangerschaft zu mobilisieren. Vor allem bei voll stillenden Frauen schmelzen diese Fettspeicher schnell dahin (Kasten oben). Als Nahrungsergänzung kann die Apotheke ihnen eine Supplementierung mit Jod (100 bis 150 µg), Vitamin D, eventuell Eisen und DHA (Docosahexaensäure, Omega-3-Fettsäure) empfehlen.
Das Wochenbett ist mit einem deutlich erhöhten Risiko für venöse thromboembolische Ereignisse (VTE) assoziiert, da die postpartale Phase eine natürliche hyperkoagulable Phase ist. Dieses komplexe Thema sollte das Apothekenteam bei der Beratung im Hinterkopf haben.
Das Wochenbett ist eine physiologisch vulnerable Phase, in der der Körper der Mutter neben der Rückbildung auch mit einer erhöhten Infektanfälligkeit konfrontiert ist. Insbesondere die noch offenen Wundflächen in der Gebärmutterhöhle, perineale oder abdominale Läsionen sowie das veränderte hormonelle und immunologische Milieu begünstigen die Entwicklung von Infektionen. Entzündungen der Gebärmutterschleimhaut, der Brustdrüsen oder der Harnwege plagen viele Frauen. Die Früherkennung möglicher Warnzeichen ist essenziell.
Frauen mit Gestationsdiabetes sollten den Blutzucker über sechs bis zwölf Wochen postpartal weiter kontrollieren. / © Shutterstock/AnnaVel
Die häufigste Infektion im Wochenbett ist die Endometritis puerperalis, eine Entzündung der Gebärmutterschleimhaut. Die Häufigkeit liegt bei vaginaler Entbindung bei 1 bis 3 Prozent und bei einem primären (geplanten) Kaiserschnitt bei 5 bis 15 Prozent. Durch einen vorzeitigen Blasensprung steigt das Risiko auf etwa 30 Prozent. Die Endometritis tritt typischerweise in den ersten zwei bis zehn Tagen postpartal auf und manifestiert sich mit Fieber über 38 °C, übelriechendem, eventuell reduziertem Wochenfluss, Unterbauchschmerzen oder Druckschmerz über dem Uterus, Tachykardie und einem allgemeinen Schwächegefühl.
Es handelt sich um eine Mischinfektion mit aufsteigenden bakteriellen Erregern, die aus der vaginalen Flora stammen. Verantwortlich sind β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A, Escherichia coli, Staphylococcus aureus und Anaerobier. Eine sorgfältige körperliche Untersuchung sowie Blut- und Urinanalysen sind unerlässlich zur Diagnosestellung. Eine Ausbreitung in den Bauchraum muss vermieden werden.
Die Therapie erfolgt antibiotisch, in erster Linie mit Ampicillin plus Clavulansäure oder Clindamycin. Bei schweren Verläufen werden Metronidazol oder Gentamicin kombiniert (2).
Diese Antibiotika sind in der Regel stillverträglich: Je nach Dosierung ist aber eine individuelle Beratung zur Muttermilchkonzentration erforderlich (LactMed, Drugs and Lactation Database) oder Prüfung über das Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin.
Fieber und Schmerzen können in der Stillzeit mit Ibuprofen oder Paracetamol behandelt werden. Unterstützend wirken reichliche Flüssigkeitszufuhr und körperliche Schonung.
Eine Entzündung der Brustdrüse kann das Stillen erschweren bis unmöglich machen. / © Shutterstock/Krakenimages.com
Die Mastitis puerperalis ist eine bakterielle Entzündung der Brustdrüse und die häufigste Komplikation während der Stillphase. Typische Symptome sind Rötung, Schwellung und Überwärmung eines Brustbereichs, Schmerzen beim Stillen, Fieber und allgemeines Krankheitsgefühl sowie eventuell tastbare Verhärtungen an der Brust.
Die häufigsten Erreger sind Staphylococcus aureus, seltener Streptococcus agalactiae, oder gramnegative Keime. Die Keime stammen aus dem Nasen-Rachen-Raum der Mutter, von Besuchern oder Pflegepersonal und werden durch engen Kontakt mit dem Neugeborenen in die Mundhöhle des Säuglings übertragen (Kasten). Sie gelangen durch das Saugen an die Mamille, über Fissuren oder Rhagaden weiter in das Brustdrüsengewebe und breiten aus. Ein Milchstau begünstigt die Ausweitung der Infektion (11).
Im Frühstadium der Mastitis wird das Weiterstillen unbedingt empfohlen und/oder die Milch abgepumpt. Dadurch wird ein Milchstau verhindert. Auch helfen sanfte Kühlung, zum Beispiel mit Quarkwickeln, häufiges Entleeren der Brust, bequemer BH und eine leichte Brustmassage (wenn verträglich). Tritt nach 24 bis 48 Stunden keine Besserung ein, sollte unbedingt die Abklärung beim Arzt erfolgen.
Bei Bedarf kann die Frau als Analgetikum Ibuprofen einnehmen. Die antibiotische Therapie erfolgt im fortgeschrittenen Stadium mit Flucloxacillin, Cefalexin oder Clindamycin; in dieser Zeit wird die (abgepumpte) Milch verworfen. Bei einer schweren Infektion muss mit Cabergolin abgestillt werden (2).
Einer bakteriellen Entzündung der Brustdrüse, die meist einseitig und lokal begrenzt auftritt, lässt sich mit guter Hygiene vorbeugen:
Durch die Hormonumstellung steigt postpartal die Urinausscheidung, denn viel Flüssigkeit kehrt aus dem peripheren Gewebe in den Intravasalraum zurück. Andererseits können mechanische Verletzungen durch die Geburt und Ödeme im Bereich der Harnröhre die Diurese stören, sodass es zum Harnstau kommt. Die Symptome fühlen sich an wie ein klassischer Harnwegsinfekt (HWI) mit Dysurie, Pollakisurie und suprapubischem Schmerz.
Das Apothekenteam kann empfehlen, viel Flüssigkeit, zum Beispiel Stilltees, zu trinken und lokal mit einer Wärmflasche für Entkrampfung zu sorgen. Bei stärkeren Beschwerden werden Diclofenac als Antiphlogistikum und zusätzlich ein Spasmolytikum wie Butylscopolamin eingesetzt. Bei einer bakteriellen Infektion ist ein Antibiotikum erforderlich, zum Beispiel Fosfomycin oder Nitrofurantoin, das für Stillende geeignet ist.
Gut zu wissen: Etwa 15 Prozent der Frauen haben postpartal eine Harninkontinenz, die aber nach etwa acht Wochen abgeklungen ist. Denn am Ende der Wochenbettphase ist die Harnblase wieder in der richtigen Position und voll funktionstüchtig.
Bis zu 70 Prozent aller Mütter erleben in den ersten Tagen nach der Geburt den »Babyblues« (»Heultage«). Typisch sind emotionale Labilität, Müdigkeit und Reizbarkeit, ausgelöst durch den hormonellen Umstellungsprozess und den Schlafmangel. Diese Phase ist selbstlimitierend und klingt innerhalb von zehn Tagen ohne therapeutische Maßnahmen ab. Ein Gespräch mit einer einfühlsamen Bezugsperson wie der Hebamme oder einer erfahrenen Freundin kann helfen, gerade bei traumatisch empfundenen Geburten.
Im Gegensatz dazu ist die postpartale Depression eine klinisch relevante psychische Erkrankung, die bei etwa 10 bis 15 Prozent der Wöchnerinnen auftritt. Sie erfordert eine differenzierte Diagnostik, interdisziplinäre Betreuung und psychotherapeutische und/oder pharmakologische Therapie.
Die Apothekenteams können durch einfühlsame Gesprächsführung und niedrigschwellige Beratungsangebote einen wichtigen Beitrag zur Früherkennung und Unterstützung psychisch belasteter Mütter leisten. Bereits ein Nachfragen zur emotionalen Verfassung (»Wie geht es Ihnen in der neuen Situation?«) kann erste Hinweise auf eine postpartale Belastung geben.
Ein weiterer Aspekt ist die Enttabuisierung psychischer Erkrankungen. Die Frau muss wissen, dass ihre Beschwerden kein Ausdruck von mangelnder Leistungsfähigkeit oder Schwäche sind. Gute Beratung und Informationsmaterial in der Offizin können Frauen ermutigen, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Zusätzlich hilft es, auf Unterstützungsangebote hinzuweisen, etwa auf Stillberatungen, Hebammen, Schreibaby-Ambulanzen, Selbsthilfegruppen oder Notfallkontakte.

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Die Symptome sind oft nur unterschwellig und können durch gesellschaftliche Erwartungen oder Scham kaschiert sein:
Wiederholte Aussagen wie »Ich schaffe das alles nicht« oder »Ich habe keine Verbindung zu meinem Baby« können auf eine behandlungsbedürftige postpartale Depression hinweisen. Auch Risikofaktoren sind zu beachten:
Bei Verdacht auf eine Depression sollte die Apotheke die Frau unbedingt zur Abklärung motivieren und an Frauenarzt und Hebamme verweisen. Diese nutzen häufig standardisierte Fragebögen wie die Edinburgh Postnatal Depression Scale (EPDS) zur Früherkennung. Je früher die Depression erkannt wird, desto schneller kann die Therapie beginnen.
Als Mittel der ersten Wahl wird die Psychotherapie, zum Beispiel eine kognitive Verhaltenstherapie, bei leichter bis mittelgradiger Symptomatik angewendet. Antidepressiva kommen erst bei schwererer Symptomatik zum Einsatz.
Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) sind die Mittel der Wahl. Sertralin oder Escitalopram sind die bevorzugten Arzneistoffe, denn es gibt eine gute Datenlage und es gehen nur geringe Konzentrationen in die Muttermilch über. Paroxetin ist ebenfalls geeignet, hat jedoch zusätzlich ein sedierendes Potenzial. Fluoxetin hat eine längere Halbwertszeit und führt beim Stillen zu potenziell höheren Wirkspiegeln beim Säugling. Deshalb sollte es nur verwendet werden, wenn die Frau nicht stillt.
Schlafen, sobald das Baby schläft: ein guter Tipp für junge Mütter / © Adobe Stock/Kaesler Media
Der Schlafmangel in den ersten Tagen nach der Geburt ist physiologisch und oft auch der Situation im Krankenhaus geschuldet. Er wird ausgelöst durch häufiges Stillen und hormonelle Umstellungen, wie Abfall des Progesterons und Veränderungen im Cortisol-Rhythmus. Bei rein hormonell bedingten Schlafstörungen ist die Stimmungslage in der Regel stabil. Die Frauen sollten auf Schlafhygiene achten, so oft wie möglich Powernaps machen und die Hilfe durch Partner einfordern.
Unterstützen kann auch die Gabe von Lavendelöl (oral oder als Bad), Passionsblume oder Melisse. Diese Phytotherapeutika sind stillverträglich. Die Therapie mit Antihistaminika wie Diphenhydramin sollte nur mit ärztlicher Rücksprache erfolgen. Melatonin wird nicht für Stillende empfohlen, da die Datenlage unzureichend ist.
Schilddrüsendysfunktionen sind eine unterschätzte, jedoch klinisch bedeutsame Komplikation im Wochenbett. Die postpartale Thyreoiditis (PPT) tritt bei etwa 5 bis 10 Prozent aller Frauen innerhalb des ersten Jahres nach Entbindung auf.
Es ist eine autoimmun vermittelte, entzündliche Schilddrüsenerkrankung, die bevorzugt bei Frauen mit einer vorbestehenden Hashimoto-Thyreoiditis, positiver Familienanamnese oder positiven Thyreoperoxidase-Antikörpern (Anti-TPO) auftritt. Typischerweise verläuft die Erkrankung in drei Phasen:
Die Symptome sind unspezifisch und werden im Wochenbett oft fälschlich als »normale« Erschöpfung abgetan. Sie sind phasenweise unterschiedlich, da zuerst Hyperthyreose-ähnliche Beschwerden wie Nervosität, Schlaflosigkeit, Palpitationen, Gewichtsverlust, Schwitzen, Hitzewallungen, emotionale Labilität, Konzentrationsprobleme und Stillprobleme (verminderte Milchbildung) auftreten. Dem folgt eine Phase mit Hypothyreose-ähnlichen Beschwerden, zum Beispiel Antriebslosigkeit, depressive Verstimmung, Gewichtszunahme, Kälteintoleranz, Obstipation, Bradykardie, Haarausfall und trockener Haut.
Die Abgrenzung zu Morbus Basedow bei bestehender Hyperthyreose und die Abgrenzung zur postpartalen Depression bei überwiegend psychischen Symptomen sind entscheidend für die richtige Therapie.
Die Behandlung richtet sich nach der aktuellen Phase. In der hyperthyreoten Phase ist keine kausale Therapie nötig. In der hypothyreoten Phase wird mit Levothyroxin individuell substituiert. Die Titration auf die richtige Dosierung erfolgt anhand von TSH-Kontrollen im Abstand von sechs bis acht Wochen. Levothyroxin ist voll stillverträglich, da es nicht in relevanter Menge in die Muttermilch übertritt. Der Einnahmeabstand von mindestens zwei Stunden zu Eisen- und Calciumpräparaten ist zu beachten. Levothyroxin wird morgens nüchtern eingenommen.
Das Wochenbett ist nicht nur eine Phase körperlicher Genesung, sondern auch eine Zeit emotionaler Neuorientierung und Identitätsfindung. Frauen stehen vor der Herausforderung, sich als Mutter zurechtzufinden, den eigenen Körper »neu« kennenzulernen und ihre Rolle neu zu definieren.
Empowerment im Wochenbett bedeutet, Frauen in ihrer körperlichen und seelischen Erholung und als aktive Gestalterinnen ihrer neuen Lebensphase zu unterstützen. Rückbildung, Selbstfürsorge und Resilienzförderung sind zentral, um das Wohlbefinden der Mutter langfristig stärken.
Viele Frauen müssen Selbstfürsorge erst oder wieder lernen, denn sie neigen dazu, ihre eigenen Bedürfnisse zugunsten des Kindes zurückzustellen. Doch sie sollten sich möglichst Zeitfenster für Ruhe und Schlaf schaffen, Zeit für eine ausgewogene Ernährung nehmen und die Körperpflege zumindest gelegentlich als Ritual (heilende Sitzbäder, Pflegeöl für Bauch und Brust) einbauen. Positiv wirken auch kurze Momente mit Teetrinken, Musik hören oder einer Aromatherapie. Moderate Bewegung (Spazierengehen) steigert die Durchblutung, regt den Kreislauf an und wirkt stimmungsaufhellend.
Resilienz beschreibt die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen, sich anzupassen und daraus gestärkt hervorzugehen. Im Wochenbett bedeutet das, mit Überforderung, Schlafmangel, Unsicherheit oder sozialem Druck umzugehen. Die Resilienz wird gefördert durch Annahme der sozialen Unterstützung (Partner, Familie, Freunde, Hebamme) und realistische Erwartungen an sich selbst. Frauen werden häufig geplagt von Erwartungen der Außenwelt (»good enough mother«) und möglicherweise tradierten Mustern, »was eine Mutter zu leisten hat«.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass Gefühle wie Trauer, Angst oder Frustration völlig normal sind, und die Frauen lernen, dass zu akzeptieren. Eher sollten sie sich an ihren Stärken orientieren und sich über Erfolge und Fortschritte freuen.
Achtsamkeitsübungen wie kurze Body-Scan-Meditationen und ein Tagebuch, das sich auf das Positive des Tages fokussiert, sind eine mögliche Strategie. Hier können Apotheken und Hebammen gemeinsam Hilfsangebote wie Stillberatung, Babymassagekurse oder eine Betreuung der älteren Kinder zusammenstellen. Auch die Information, wo und wie man Hilfe für den Haushalt beantragen kann, trägt zur Entlastung bei. In einer Informationsbroschüre und auf der Homepage der Apotheke/Hebamme sind diese Informationen niederschwellig verfügbar.
Ilsabe Behrens erhielt 1990 die Approbation als Apothekerin und wurde 1996 promoviert. Ein inhaltlicher Schwerpunkt ihrer mehr als 20 Jahre langen Offizintätigkeit war die Betreuung von Menschen mit Diabetes. Parallel widmete sich Dr. Behrens den Themen Qualitätsmanagement und Qualitätssicherung, zunächst in einer großen Apotheke in Hamburg, dann in pharmazeutischen Unternehmen. Derzeit übt sie in einem Pharmaunternehmen die Tätigkeit als Qualified Person gemäß § 14 AMG aus und leitet die operative Qualitätssicherung.