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Robert-Koch-Institut

Epidemie kann mit Wucht zurückkommen

Für weitere Lockerungen der Distanzierungsmaßnahmen auf Bevölkerungsebene ist es noch zu früh. Das machte Professor Dr. Lars Schaade, der Vizepräsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), heute deutlich. Das Institut spricht sich für mehr Obduktionen und die Lockerung der Indikationen für die Testung auf das Coronavirus aus.
Christina Hohmann-Jeddi
21.04.2020  17:38 Uhr

Trotz der ersten Lockerungen in der Corona-Pandemie betont das RKI den Ernst der Lage. »Das Virus ist nicht weg«, sagte Schaade am Dienstag in Berlin. »Es ist kein Ende der Epidemie in Sicht. Die Fallzahlen können wieder steigen.« Man habe in den vergangenen Wochen bereits viel erreicht. »Ohne die getroffenen Maßnahmen wären wir in einer sehr viel ernsteren Situation«, sagte der RKI-Vizepräsident. Die Situation sei aber immer noch ernst. Wenn die Fallzahlen wieder anstiegen, könnte das Gesundheitssystem schnell überlastet werden. Das gelte es zu vermeiden.

Schaade rief die Menschen dazu auf, weiter den Empfehlungen zu folgen: möglichst viel zu Hause zu bleiben, einen Abstand von mindestens 1,5 Metern zu anderen zu halten, in die Armbeuge zu niesen oder zu husten und zusätzlich etwa in Geschäften oder im öffentlichen Nahverkehr eine Maske über Mund und Nase zu tragen. »Die Fallzahlen müssen auf einem Level bleiben, mit dem das Gesundheitssystem umgehen kann«, so Schaade. Bislang seien keine Engpässe bei Krankenhausbetten abzusehen.

Bis zum 21. April wurden dem RKI fast 143.500 Infektionen mit SARS-CoV-2 gemeldet. 4598 Covid-19-Patienten sind gestorben. Die Sterberate liege momentan bei 3,2 Prozent, was im internationalen Vergleich niedrig sei. Sie sei in den letzten Tagen kontinuierlich gestiegen, was dadurch zustande komme, dass sich zunehmend auch ältere Menschen in Pflegeheimen, aber auch außerhalb infizierten. Allein am 16. April seien 315 neue Todesfälle gemeldet worden – die höchste Zahl bislang.

Laut Schaade liegt die Reproduktionsziffer R, die besagt, wie viele Personen ein Infizierter durchschnittlich ansteckt, momentan bei 0,9. Bei Werten unter 1 kommt eine Epidemie langsam zum Stillstand. Weitere Lockerungen der kontaktreduzierenden Maßnahmen auf Gesellschaftsebene sieht er aber trotz des niedrigen Wertes kritisch. Bei einer vorschnellen Rücknahme der Maßnahmen bestehe nämlich grundsätzlich die Gefahr, dass die Infektionszahlen wieder deutlich zunehmen. Die auf unter 1 gedrückte R werde dann auf ihren Ausgangswert von 2 bis 3 zurückfallen und es werde einen weiteren Ausbruch geben.

»Das ist ziemlich sicher«, sagte Schaade und stützte damit die Aussage von Professor Dr. Christian Drosten von der Berliner Charité, der im Podcast von »NDR Info« gesagt hatte, dass bei einem Anstieg von R die Epidemietätigkeit in nicht erwarteter Wucht wieder losgehen könne. Schon Ende vergangener Woche hatte Drosten angesichts von Erkenntnissen aus der Spanischen Grippe vor der Gefahr einer zweiten Welle der SARS-CoV-2-Pandemie gewarnt, die nicht mehr nur an einzelnen Orten losrolle.

Auch Schaade betonte, dass die kontaktreduzierenden Maßnahmen nur schrittweise gelockert werden dürften, um R in einem sicheren Bereich und das Virus unter Kontrolle zu halten, und bei Bedarf wieder eingeführt werden müssten.

Mehr Obduktionen, mehr Tests

Schaade sprach sich im Pressebriefing für mehr Obduktionen bei gestorbenen Covid-19-Patienten aus. Die ursprüngliche Haltung des RKI, so wenig wie nötig zu obduzieren, sei vor allem dem Infektionsschutz geschuldet gewesen. Bei neuen Erkrankungen wie Covid-19 sei es aber immer sinnvoll, so viel wie möglich zu obduzieren, um sich ein besseres Bild über die Erkrankung machen zu können. »Es sieht so aus, dass von einer SARS-CoV-2-Infektion mehr Organe betroffen sind, als bislang angenommen wurde«, so Schaade. Es gebe Hinweise auf eine Herzbeteiligung, Störung der Blutgerinnung und Schädigung der Nieren. Die Erkenntnisse aus Obduktionen müsse man systematisch sammeln und analysieren, um die Erkrankung besser verstehen zu können.

Auf die Testkapazitäten in Deutschland angesprochen, führte Schaade aus, dass die theoretisch mögliche Zahl von 730.000 Tests pro Woche derzeit nicht ausgeschöpft werde. Das liege zum Teil an den immer noch zumindest regional bestehenden Lieferschwierigkeiten bei den für die PCR-Testung auf SARS-CoV-2 benötigten Verbrauchsreagenzien. Es könnte aber auch mehr getestet werden, räumte Schaade ein. Das RKI prüfe derzeit, ob die Empfehlungen, wann ein Test auf das neue Coronavirus angezeigt ist, dahingehend geändert werden sollten, dass bei ausreichend vorhandenen Testkapazitäten alle Personen mit respiratorischen Symptomen auf SARS-CoV-2 untersucht werden.

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