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Lieferengpass

Einzelimporte bei Fiebersäften laut BMG möglich

Im Zuge der Lieferengpass-Problematik bei Fiebersäften für Kinder weist das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) auf die Möglichkeit von Einzelimporten hin. Zudem haben sich das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), der GKV-Spitzenverband, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die ABDA auf die Vergütung der Rezepturen geeinigt. 
Melanie Höhn
07.09.2022  10:11 Uhr

In den vergangenen Monaten hat sich der Lieferengpass bei den flüssigen Arzneimitteln für Kinder mit den Wirkstoffen Ibuprofen und Paracetamol zugespitzt. Auch die SPD hat das Thema kürzlich in den Landtag in Nordrhein-Westfalen gebracht. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann liegen nach eigenen Angaben keine Hinweise auf einen »generellen Medikamentenengpass« im Herbst und Winter vor. Auch beim Thema Fiebersaft für Kinder zeigt sich Laumann entspannt: Es gebe in diesem Jahr zwar eine sehr viel höhere Nachfrage – aber keine Versorgungsnot, so Laumann in einem Papier für den Landtag. In den Apotheken im Saarland beispielsweise sind Paracetamol- und Ibuprofen-haltige Fiebersäfte wieder in ausreichender Menge vorhanden. »Es kommt hin und wieder noch zu Lieferverzögerungen, insgesamt sieht die Lage aktuell aber gut aus«, erklärte die Vorsitzende des Saarländischen Apothekervereins, Susanne Koch, auf Anfrage des Saarländischen Rundfunks. 

Doch nicht in allen Bundesländern ist der Lieferengpass behoben. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) erklärte nun in einer Antwort auf eine Anfrage der AfD-Abgeordneten Christina Baum, dass »grundsätzlich die Möglichkeit des Einzelimports nach Paragraph 72 Absatz 3 Arzneimittelgesetz« bestehe, wenn Fiebersäfte nicht lieferbar sind. »Sofern die Voraussetzungen dafür vorliegen«, hieß es weiter. Eine Kostenübernahme müsse dabei vorab bei der entsprechenden Krankenkasse beantragt werden.

Als Alternative können Apotheken eine individuelle Rezeptur herstellen. Die Fertigung von individuellen Rezepturarzneimitteln soll laut BfArM jedoch »ausschließlich im Einzelfall« zur Anwendung kommen, »wenn der Krankheitszustand des Kindes eine Behandlung mit den in Rede stehenden Wirkstoffen erfordert«.  Über die weiteren Voraussetzungen einer Rezepturherstellung hatte die PZ bereits berichtet.

Darüber hinaus hätten sich laut BMG das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), der GKV-Spitzenverband, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die ABDA über die Voraussetzungen zur Verordnung und Vergütung von individuellen Rezepturarzneimitteln, die auf ärztliche Verschreibung eines entsprechenden Fertigarzneimittels hin in Apotheken hergestellt werden, abgestimmt.

Mehrkosten-Übernahme unterschiedlich gehandhabt

Die Übernahme der Kosten für die Rezepturherstellung wird bei den einzelnen Krankenkassen unterschiedlich gehandhabt. Laut einer Mitteilung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) wolle der GKV-Spitzenverband die Krankenkassen informieren und »dringend empfehlen, dass während der eingeschränkten Verfügbarkeit den Apotheken die Rezepturen von den Krankenkassen erstattet werden«. Die IKK classic beispielsweise hat bereits Anfang August Sonderregelungen zur Kostenübernahme für ihre Versicherten beschlossen, die inzwischen bis zum 30. September 2022 verlängert wurden, sagte eine Unternehmenssprecherin gegenüber der PZ. Demnach werden »nach der Ausstellung eines entsprechenden Rezeptes durch eine Ärztin oder einen Arzt die Kosten für in der Apotheke hergestellte Rezepturen übernommen«, erklärte die Sprecherin. 

Auch die AOK Plus und die Barmer übernehmen auf Nachfrage der PZ die Kosten von Paracetamol- oder Ibuprofen-haltigen Rezepturarzneimitteln, wenn alternative Fertigarzneimittel nicht zur Verfügung stehen.  Die Preisberechnung erfolge laut Barmer in gewohnter Weise gemäß Paragraf 5 der Arzneimittelpreisverordnung. Entsprechende Anträge oder Kostenvoranschläge seien in diesem Falle nicht erforderlich. »Allerdings sollte die Apotheke zunächst Rücksprache mit der verordnenden Ärztin oder dem verordnenden Arzt halten, ob diese bzw. dieser mit der Herstellung einer entsprechenden Rezeptur einverstanden ist«, so der Sprecher weiter. Sei dies der Fall, sollte die Apothekerin oder der Apotheker auf dem Rezept »laut Rücksprache mit Ärztin/Arzt Rezeptur hergestellt wegen Lieferengpass« vermerken. Falls auf dem betreffenden Rezept mehr als ein Arzneimittel verordnet wurde, sei für die Rezeptur aus abrechnungstechnischen Gründen ein neues Rezept erforderlich. Wie sonst auch müssen Rezepturen auf einem Rezept separat verordnet werden.

Ähnliches gilt laut Barmer-Sprecher für Einzelimporte aus dem Ausland. Für die Dauer des Lieferengpasses von Paracetamol- oder Ibuprofen-haltigen Arzneimitteln in kindgerechten Darreichungsformen übernehme die Krankenkasse die Kosten entsprechender Auslands-Einzelimporte. »Wir verzichten in diesen Fällen auf eine Genehmigung gemäß Paragraf 5 Abs. 1 des Arzneimittelversorgungsvertrages. Das bedeutet, Apotheken können für die Dauer des Lieferengpasses Paracetamol- oder Ibuprofen-haltige Einzelimporte direkt über das Kassenrezept abrechnen«, sagte der Barmer-Sprecher gegenüber der PZ. Auch ein Kostenvoranschlag sei nicht erforderlich. »Grundlage für die Berechnung des Apothekenabgabepreises ist der Einkaufspreis, zu dem das Paracetamol- oder Ibuprofen-haltige Arzneimittel aus dem Ausland beschafft werden konnte. Hinzu kommen die apothekenüblichen Aufschläge gemäß Arzneimittelpreisverordnung. Auch in diesen Fällen sollte die Apotheke auf der Verordnung »Paracetamol-Lieferengpass« oder »Ibuprofen-Lieferengpass« vermerken«, erklärte er weiter. Auch die AOK Plus erstattet den Apotheken die Kosten eines Einzelimports im Sinne des Paragrafen 73 Absatz 3 Arzneimittelgesetz.

Ausfall eines Herstellers von paracetamolhaltigen Fiebersäften

Das BfArM steht laut BMG im kontinuierlichen Austausch mit allen betroffenen Herstellern. Der beim BfArM eingerichtete Beirat zu Liefer- und Versorgungsengpässen bei Arzneimitteln sei zudem eingebunden worden. Ein für die Versorgung bedeutender Produzent paracetamolhaltiger Fiebersäfte plane die Steigerung seiner Produktion – angesichts der Vorlaufzeiten könne eine vollständige Kompensation voraussichtlich im Herbst 2022 erreicht werden.

Die Ursache für die derzeit berichteten Lieferengpässe bei paracetamol- und ibuprofenhaltigen Arzneimitteln ist der Ausfall eines Herstellers von Paracetamol-haltigen Fiebersäften für Kinder, der durch die noch verfügbaren Hersteller bisher nicht vollumfänglich aufgefangen werden könne, so das BMG. Auch die PZ hat bereits ausführlich darüber berichtet. In der Folge sei es zu einer gestiegenen Nachfrage nach alternativen Darreichungsformen und Wirkstoffen (Ibuprofen) gekommen, weshalb bei diesen Arzneimitteln derzeit ebenfalls Engpässe bestehen.

Generelle Ursachen von Lieferengpässen bei Arzneimitteln können laut BMG vielfältig sein. »Globalisierung und Konzentration auf wenige Herstellungsstätten für Arzneimittel und/oder Wirkstoffe können ein Grund für Lieferengpässe sein, aber z.B. auch Qualitätsmängel bei der Herstellung, Produktions- und Lieferverzögerungen für Rohstoffe, Produktionseinstellungen bei Arzneimitteln oder Marktrücknahmen aus verschiedenen Gründen«, heißt es in der Antwort des Ministeriums. 

BfArM-Monitoring bei Elektrolytlösungen

Auch die Versorgung mit Elektrolytlösungen zur Anwendung bei Durchfallerkrankungen unterstehe laut BMG einem »kontinuierlichen Monitoring durch das BfArM«. Ursache der Einschränkungen in der Versorgung sei eine seit mehreren Monaten stark erhöhte Nachfrage. Der Zulassungsinhaber könne derzeit trotz Erhöhung der Produktion den Bedarf nicht vollständig abdecken. Alternativ können Elektrolytmischungen zur Versorgung der Patientinnen und Patienten durch Apotheken hergestellt werden, so das BMG. 

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