Einstiges Start-up für Phytotherapie wird 100 |
Mit Kriegsbeginn wurden Erich Schaper sowie mehrere Mitarbeiter eingezogen und unternehmenseigene Fahrzeuge beschlagnahmt, was die Firma in existenzielle Schwierigkeiten stürzte. Einer Schließungsorder der NSDAP zwecks Mobilisierung von Arbeitskräften entging das Unternehmen nur knapp durch den Nachweis devisenträchtiger Exportaufträge sowie durch Wehrmachtsaufträge für Arzneimittel wie einer pflanzenbasierten Frostschutzsalbe. »In diesen schweren Zeiten hat der ganze Ort geholfen, den Betrieb am Leben zu halten«, erzählte Wolcke, »schriftlich festgehalten ist etwa, dass in der Gaststätte »Deutsches Haus« regelmäßig 120 Frauen und Mädchen die Frostsalbe in Dosen abfüllten. Oder dass das Dach des Ringelheimer Schlosses und viele andere kleine Dachböden als Trockenlager dienten.«
Obwohl im Krieg bis auf die Firmenzentrale in Ringelheim alle Niederlassungen – etwa in Berlin, Leipzig, München und Stuttgart – zerstört und Rohstoffe knapp waren, konnte das Unternehmen die Produktion aufrechterhalten und Apotheken, Lazarette und Krankenhäuser mit Arzneimitteln beliefern. Von der Demontage der Fabrik durch die Alliierten blieb Schaper & Brümmer verschont; es erhielt recht früh eine Produktionserlaubnis und Reisegenehmigung der britischen Militärregierung und konnte so über die englische Besatzungszone hinaus beliefern. Ab 1949 war die Umsatzkurve wieder steigend.
Bereits um 1950 herum, also lange bevor das deutsche Arzneimittelgesetz es verlangte, hatte Schaper & Brümmer den Anspruch, Zusammensetzung, Wirksamkeit und Verträglichkeit der eigenen pflanzlichen Präparate wissenschaftlich zu untermauern – bislang basierte die Anwendung entsprechender Zubereitungen auf Erfahrungswissen und Überlieferung. »Erich Schaper erkannte, dass tradiertes Wissen nun wissenschaftlich aufgearbeitet werden muss«, beschrieb Wolcke den Weitblick des Firmengründers. Eine »Wissenschaftliche Abteilung« wurde etabliert, um den Wirkungsweisen und pharmakologischen Eigenschaften von mehr als 200 Ringelheimer Produkten auf den Grund zu gehen.
Schon früh legten die Firmengründer Wert auf die Zusammenarbeit mit externen Instituten und Universitäten. Die bereits zuvor verkleinerte Produktpalette reduzierte sich im Lauf der Jahre weiter, ab Mitte der 1960er-Jahre konzentrierte sich das Unternehmen auf seine Umsatzgaranten Esberitox, Cystinol und Remifemin® mit Traubensilberkerze (»Remi« steht für »Ringelheimer Eigenmischung«), das 1956 auf den Markt kam.
1970 übernahm nach dem Ausscheiden von Albert Brümmer und dem Tod von Erich Schaper dessen Sohn, der Diplom-Chemiker Hans-Henning Schaper, die Leitung des Unternehmens. Er setzte stringent die bereits begonnene Rationalisierung, Automatisierung und Modernisierung des Betriebs fort und forcierte die Forschung. Er war es auch, der die viele Jahre stattfindenden »Ringelheimer Gespräche« initiierte, ein über die Landesgrenzen hinaus bekanntes Ärztetreffen zum Austausch von Erfahrungen aus Forschung und Praxis.