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Pandemie-Prognose

Einschränkungen über Monate

Strikte Maßnahmen sind nötig, um die Verbreitung des SARS-Coronavirus-2 einzudämmen. Welche effektiv sind und wie lange sie umgesetzt werden müssen, haben britische Forscher analysiert.
Christina Hohmann-Jeddi
20.03.2020  08:00 Uhr

SARS-CoV-2 verbreitet sich weltweit. »Die Welt steht vor der ernstesten Gesundheitskrise seit Generationen«, sagt Professor Dr. Neil Ferguson vom Imperial College London in einer Mitteilung der Universität. Verschiedene Länder versuchen mit unterschiedlichen Mitteln die Ausbreitung des pandemischen Erregers zu reduzieren. Diese reichen von Quarantäne von Erkrankten über speziellen Schutz von Risikopatienten bis hin zu weitreichenden Einschränkungen des öffentlichen Lebens.

Ferguson und sein Team schätzen mithilfe eines epidemiologischen Modells am Beispiel von Großbritannien und den USA ab, wie sich diese sogenannten nicht pharmazeutischen Interventionen auswirken. Ihre Ergebnisse sind im 9. Bericht des WHO Collaborating Centre for Infectious Disease Modelling im MRC Centre for Global Infectious Disease Analysis erschienen. Prinzipiell seien die Daten auch auf andere westliche Staaten übertragbar.

Dem Bericht zufolge könnten, wenn keine Schutzmaßnahmen eingeführt würden, in Großbritannien 510.000 Personen und in den USA 2,2 Millionen Personen im Verlauf der Epidemie sterben. Bei einer unkontrollierten Epidemie in den Ländern würde die Kapazität der Intensivbetten bereits ab der zweiten Aprilwoche nicht mehr ausreichen, sagen die Forscher voraus. Am Gipfel der Kurve würde der Bedarf an Betten auf Intensivstationen die Kapazität in beiden Ländern um das 30-Fache übersteigen.

Unkontrolliert ist die Epidemie natürlich nicht mehr, alle Länder haben Gegenmaßnahmen eingeführt. Was diese bewirken, haben die Forscher ebenfalls analysiert. Dabei gingen sie zwei mögliche Ansätze durch: die Abmilderung der Folgen der Epidemie (Mitigation) und die Unterdrückung der Virusübertragung (Suppression).

Der erste Ansatz zielt darauf ab, die Verbreitung des Erregers zu verlangsamen (nicht vollständig zu unterdrücken) und gleichzeitig die Folgen der Epidemie in der Bevölkerung gering zu halten. In diesem Szenario würde sich das Virus langsam ausbreiten, um die Kurve von Infektionen über die Zeit abzuflachen und das Gesundheitssystem nicht zu überfordern. Dies wird mit Quarantäne von Erkrankten und Isolierung der Kontaktpersonen erreicht. Gleichzeitig würden besonders vulnerable Gruppen, also ältere und vorerkrankte Personen, besonders geschützt, indem ihre Kontakte minimiert werden. Beides soll die Sterberate verringern, während sich in der Gesamtbevölkerung langsam eine Immunität aufbaut. Das Ziel ist, dass etwa 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung immun sind, sodass die Epidemie stoppt.

Durch diesen Mitigations-Ansatz lässt sich der Bedarf an Intensivstationsbetten um zwei Drittel senken und der Zahl der Todesfälle in etwa halbieren. Demnach stürben immer noch 250.000 Menschen in Großbritannien und etwa 1,1 Millionen in den USA an Covid-19. Selbst wenn dieser Ansatz optimal umgesetzt würde, wäre den Berechnungen der Forscher zufolge am höchsten Punkt der Kurve der Bedarf an Intensivbetten achtmal höher als die Kapazitäten in beiden Ländern.

Dieser Ansatz scheidet nach Ansicht der Forscher wegen der hohen Sterberate aus, weshalb der Unterdrückungsansatz quasi alternativlos ist. Bei diesem Ansatz soll durch strikte Maßnahmen die Verbreitung des Erregers, die nur von Mensch zu Mensch erfolgt, weitestgehend verhindert werden. Dies kann durch Maßnahmen wie Isolation von Erkrankten und deren Kontaktpersonen sowie Schulschließungen, Verbote von Großveranstaltungen und weitere Maßnahmen zur sozialen Distanzierung in der gesamten Bevölkerung erreicht werden. Die Maßnahmen müssten über Monate eingehalten werden, solange das Virus kursiert und vielleicht sogar solange kein Impfstoff zur Verfügung steht. Mit einer Vakzine ist Experten zufolge erst in 12 bis 18 Monaten zu rechnen.

Für dieses Szenario berechneten die Forscher, dass – falls die Maßnahmen über fünf Monate beibehalten werden – der Bedarf an Intensivbetten die Kapazität in beiden Ländern zu keiner Zeit übersteigt. Die Erfahrungen aus anderen Ländern, vor allem China und Südkorea zeigten, dass die Unterdrückungsstrategie zumindest kurzfristig funktioniert. Wie sich die Infektionszahlen nach Aufgabe der strikten Maßnahmen entwickelten, würden die kommenden Wochen zeigen, so die Forscher.

Um die strikten Maßnahmen nicht zu lange aufrechterhalten und die Bevölkerung und die Wirtschaft nicht zu stark belasten zu müssen, schlagen die Forscher ein On-Off-Modell vor, das an die Erkrankungszahlen angepasst wird: Sinkt die Zahl der Schwerkranken unter einen bestimmten Grenzwert, könnten die Maßnahmen gelockert werden, um dann rasch wieder eingeführt zu werden, wenn die Zahl der Schwerkranken einen kritischen Punkt übersteigt.

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