Einige Patienten bleiben nicht lange am Ball |
Daniela Hüttemann |
27.02.2024 17:42 Uhr |
Auch bei einer digitalen Therapie brauchen manche Patienten durchaus analoge Unterstützung, um dran zu bleiben. / Foto: Getty Images/Oscar Wong
»Unter den mehr als 1700 für den Arztreport befragten Versicherten nutzten etwa 600 Personen den digitalen Helfer nicht über die vorgesehene Erstanwendungsdauer von 90 Tagen, darunter 230 weniger als einen Monat«, teilte die Barmer zu ihrem aktuellen Arztreport mit dem Schwerpunkt digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) mit. Barmer-Chef Christoph Schraub erklärt sich das mit uneinheitlichen Informationen zu den Apps auf Rezept und mit Wissenslücken bei den Ärzten und Psychotherapeuten, die sie verordnen können.
»Die Inhalte der digitalen Anwendungen müssen unbedingt einheitlich und verständlicher als bislang im DiGA-Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) dargestellt werden«, fordert Straub. Davon würden sowohl die Leistungserbringenden als auch die Patientinnen und Patienten profitieren, denn so könnten Hürden beim Einsatz abgebaut werden und die DiGA im mittlerweile vierten Jahr seit ihrer Einführung in der Versorgung ankommen. »Der Einsatz von DiGA steckt noch in den Kinderschuhen. Auf längere Sicht können sie aber ein wertvoller Bestandteil in der Versorgung der Patientinnen und Patienten werden«, glaubt der Barmer-Chef.
Auch die potenziellen Verordner wurden befragt. Demnach hatten 44 Prozent der teilnehmenden Ärzte und Psychotherapeuten in den zwölf Monaten vor der Befragung Ende 2023 noch nie eine DiGA verordnet. Ein Drittel bescheinigte sich selbst einen schlechten Kenntnisstand zu den digitalen Therapeutika. »Digitale Gesundheitsanwendungen sind für viele Menschen immer noch eine Blackbox. Zu wenig Detailwissen und falsche Erwartungen führen dazu, dass DiGA zurückhaltend verordnet werden und deren Einsatz oftmals vorzeitig abgebrochen wird«, kommentiert Straub.
Immerhin waren 47 Prozent der Verordnenden der Meinung, dass eine DiGA die Behandlung häufig oder sehr häufig sinnvoll unterstützen kann. Derzeit listet das BfArM 56 DiGA; davon wurden 31 dauerhaft aufgenommen. Am häufigsten verordnet wurden zuletzt DiGA für psychiatrische Indikationen wie Depressionen, Stress und Ängste sowie bei Adipositas, Tinnitus, Schlafstörungen und Krankheiten des Bewegungsapparats. »Mehr als ein Drittel aller DiGA-Verordnungen erfolgte durch Hausärztinnen und Hausärzte«, erläutert der Hauptautor des Arztreports, Professor Dr. Joachim Szecsenyi vom aQua – Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen, Göttingen.
DiGA werden in der Regel quartalsweise verordnet und können meist bei Ansprechen begrenzt oder unbegrenzt weiterverordnet werden. Die Kosten übernehmen die Krankenkassen vollständig. Zu kurz genutzte DiGA würden jedoch Kosten ohne einen nennenswerten Nutzen verursachen. Deshalb fordert die Barmer einen Testzeitraum von 14 Tagen für die Versicherten statt der bislang gängigen Verordnung über 90 Tage.