„Ein fatales Signal an die Apothekerschaft“ |
Ev Tebroke |
30.06.2022 14:00 Uhr |
Einen sehr großen Diskussionsanteil in der Mitgliederversammlung hatten laut Overwiening dann vor allem die nun vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) veröffentlichten ersten Eckpunkte für ein geplantes Sparprogramm zugunsten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Ausgehend von einem geschätzten GKV-Finanzdefizit von 17 Milliarden Euro will Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) an zahlreichen Stellschrauben im Gesundheitswesen drehen. Demnach sind im Pharmabereich insgesamt Einsparungen in Höhe von 3 Milliarden Euro vorgesehen. Auch bei den Apotheken sollen »Effizienzreserven« gehoben werden, so der Minister. Auf Nachfrage beim BMG-Pressetermin hatte Lauterbach die »Leistungserbringer« zwar explizit von Honorarkürzungen ausgenommen, hier sei kein »Spielraum«. Er hatte aber nur Ärzte und Kliniken zu dieser Gruppe gezählt. Von den Apotheken würde er »im Gegensatz« einen »entsprechenden Beitrag« erwarten. Details gab es aber noch keine.
Overwiening zeigte sich empört über dieses »fatale Signal an die Apothekerschaft«. Apotheken seien Heilberufler und Leistungserbringer. In der MV habe sie Lauterbach nun direkt angesprochen. »Herr Lauterbach, wir Apotheken gehören zu den Leistungserbringern. Wir gehören zur versorgenden Infrastruktur.« Die Apotheken seien weitestgehend von der Preisdynamik der Arzneimittel abgekoppelt. Sie für den Ausgabenanstieg in der GKV mitverantwortlich zu machen, zeuge von einer »nicht differenzierten Betrachtung«. Die Apotheker erhielten einen festen Honorarbetrag je Rx-Arzneimittel, seien aber seit Langem von jeder Kostenentwicklung abgekoppelt, die Einnahmen aus dem Topf der GKV seit Jahren »zu Unrecht« eingefroren. Mittlerweile sei der Wertschöpfungsanteil der Apotheken am GKV-Kuchen nur noch bei 1,9 Prozent. »Herr Minister, was wollen Sie da noch kürzen?«, so die ABDA-Präsidentin.
In Zusammenarbeit mit den Mitgliedern habe man nun einen Brief an Lauterbach formuliert, in dem die Apothekerschaft genau diese Botschaften übermitteln wolle. »Es ist schwer zu ertragen, dass ein Gesundheitsminister so mit einem Heilberufler umgeht«, sagte Overwiening.
Für Unmut sorgt demnach auch die Tatsache, dass es bislang trotz mehrfacher Anfragen der ABDA-Spitze noch kein persönliches »Kennenlern-Gespräch« mit dem Minister gab. Lauterbach sehe die ABDA offenbar lediglich als Lobbyorganisation, die nur an ihre wirtschaftlichen Interessen denkt und nicht als Verband, der die Gesundheitsversorgung im Fokus hat.