Keine Panik |
01.12.2003 00:00 Uhr |
Wer die Fach- und Publikumspresse verfolgt hat, der gewinnt den Eindruck, dass sich die Apothekenlandschaft schon vor dem In-Kraft-Treten des GMG dramatisch verändert hat. In Frankfurt am Main hat eine Apotheke den ersten Versuchsballon in Sachen OTC-Preise gestartet, Großhändler buhlen mit ihren Kooperationsangeboten um die Gunst der Apotheker und Versandhändler werben mit Verträgen, die sie mit Krankenkassen bereits abgeschlossen haben wollen.
Natürlich kann es sich kein Apotheker leisten, die Entwicklungen im Markt zu ignorieren. Auf der anderen Seite wird jedoch längst nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Das systemverändernde Potenzial vieler Ankündigungen ist weitaus geringer, als die Initiatoren glauben machen wollen. Es geht ihnen in erster Linie um Marketing in eigener Sache: Die Frankfurter Apotheke musste ihre Preissenkungen zurücknehmen, die Affinität der Apotheker zu Kooperationen sinkt mit dem Grad der Verpflichtungen, die sie eingehen müssen, und Versender müssen sich in Deutschland an alle Regeln halten, die auch für öffentliche Apotheken gelten.
Apotheker, die ihre Entscheidungen für Monate und Jahre treffen, sollten sich von der gezielt verbreiteten Panik nicht anstecken lassen. Vorschnell handeln ist ebenso fatal wie Untätigkeit. Noch ist kein Zug abgefahren, keine Lawine losgetreten und keine Tür zugeschlagen.
Vor der Entscheidung sollte eine genaue Analyse des Gesetzes stehen. Zur Unterstützung liegt der Druck-Ausgabe eine 16 Seiten starke Zusammenfassung der wichtigsten Punkte des GMG bei (hier als pdf-Datei zum Download). Es ist sinnvoll, das Verhalten der Marktpartner genau zu betrachten. So zeigt die pharmazeutische Industrie nur wenig Interesse, Apotheker in einem Preiswettbewerb zu unterstützen. Im Interview mit der PZ stellte Dr. Klaus Kluthe von Bayer Vital klar, dass man Preisdumping mit allen Mitteln verhindern will (lesen Sie dazu hier). Auch der Bundesverband der Arzneimittelhersteller, der die Interessen der OTC-Industrie vertritt, hat seine Gefolgschaft beim Verramschen verweigert.
Die Verträge zwischen Krankenkassen und Versendern taugen auch nicht als Katastrophenszenario. Sie beziehen sich vor allem auf den Versand von Impfstoffen und Hilfsmitteln. Alles andere wäre zurzeit verboten.
Ohnehin sollten Apotheker daran denken, dass der Gesetzgeber an der heilberuflich orientierten Apotheke festhält. Die Drugstore-Apotheke und die Apothekenkette bleiben weiterhin außen vor. Die Apotheker sollten es vermeiden, dieser Vertriebsform durch ihr eigenes Verhalten die Tür zu öffnen.
In den kommenden Wochen ist ausreichend Zeit, die eigene Apotheke am Markt zu positionieren. Die Kooperation mit Kollegen, der Einstieg in den Versandhandel oder der Erwerb einer Filiale sind dabei ebenso Optionen wie das Engagement als Hausapotheke oder die Spezialisierung zum Beispiel auf Phytotherapie, Ernährungsberatung oder die Betreuung von Diabetikern. Wichtige Entscheidungen trifft man aber nicht an einem Tag und schon gar nicht in Panik. Für die richtigen Entscheidungen braucht man Zeit und einen kühlen Kopf.
Daniel Rücker
Stellvertretender Chefredakteur
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