DOAK bei Klappenstenose besser als Cumarine |
Annette Rößler |
18.07.2022 09:00 Uhr |
Die Aortenklappe verhindert den Rückfluss des Bluts von der Hauptschlagader in die linke Herzkammer während der Füllphase des Herzens. Ist sie verengt, muss das Herz gegen einen erhöhten Widerstand anpumpen. / Foto: Adobe Stock/SciePro
Die Aortenklappenstenose ist die häufigste Herzklappenerkrankung in westlichen Ländern. Es handelt sich um eine Verengung der Herzklappe, die die linke Herzkammer von der Aorta trennt. Meist sind ältere Menschen betroffen und die Ursache der Verengung ist eine Verkalkung. Laut dem Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten (BDI) sind von den Über-75-Jährigen 3 bis 5 Prozent der Menschen betroffen.
Eine Aortenklappenstenose stellt keine Indikation für eine orale Antikoagulation dar. Allerdings können natürlich auch Patienten mit einer Aortenklappenstenose einen Gerinnungshemmer benötigen, etwa aufgrund von Vorhofflimmern. Sie sollten dann besser ein DOAK als einen VKA erhalten, schreibt eine Gruppe um Dr. Essa Hariri von der Cleveland Clinic in Cleveland, Ohio, im »Journal of the American College of Cardiology«.
Auslöser der aktuellen Arbeit war die Überlegung, dass VKA wie Warfarin und Phenprocoumon eine Verkalkung von Gefäßen und Herzklappen beschleunigen könnten, weil sie die Vitamin-K-abhängige Aktivierung bestimmter Proteine hemmen, die der Verkalkung entgegenwirken. Hierzu zählen etwa Proteine, die Matrix-γ-Carboxyglutaminsäure enthalten (MGP), und Osteocalcin.
Laut Hariri und Kollegen mehren sich die Hinweise darauf, dass zwischen der Einnahme von Warfarin und einer systemischen Gefäßverkalkung, die auch die Herzklappen betrifft, ein enger Zusammenhang besteht. Die klinische Evidenz sei aber begrenzt, da Patienten mit Aortenklappenstenose aus den großen Studien, die zur Zulassung der DOAK geführt haben, zumeist ausgeschlossen waren. Die deutsche Fachinformation des Phenprocoumon-haltigen Präparats Marcumar® enthält bereits einen Hinweis auf eine möglicherweise verstärkte Gefäßverkalkung als Nebenwirkung der Therapie, allerdings explizit nur auf das seltene Syndrom der Kalziphylaxie, das mit einer Hautnekrose einhergeht.
Die Forscher führten an ihrer Klinik eine Beobachtungsstudie durch, in die sie 2385 Patienten mit Aortenklappenstenose aufnahmen. Die Teilnehmer waren älter als 60 Jahre (Durchschnittsalter 75 Jahre) und 30 Prozent von ihnen wurden mit einem oralen Gerinnungshemmer behandelt (23 Prozent mit Warfarin und insgesamt 7 Prozent mit einem der DOAK Apixaban, Rivaroxaban oder Dabigatran). Innerhalb von 67 Monaten erhielten 30 Prozent der Teilnehmer einen Herzklappenersatz und 20 Prozent starben.
Patienten unter Warfarin hatten sowohl verglichen mit denjenigen ohne orale Antikoagulation als auch im Vergleich zu denjenigen unter DOAK eine erhöhte Sterblichkeit (34 beziehungsweise 47 Prozent erhöht). Die Patienten in der Warfarin-Gruppe benötigten zudem häufiger einen Herzklappenersatz aus die Patienten in der DOAK-Gruppe (Risikoerhöhung 46 Prozent), während die Patienten unter DOAK seltener eine neue Herzklappe brauchten als diejenigen, die gar keinen Gerinnungshemmer einnahmen (Risikoreduktion um 61 Prozent). EKG-Untersuchungen, denen sich die Teilnehmer mindestens zweimal im Abstand von zwei Jahren unterzogen, zeigten zudem eine schnellere Abnahme der Aortenklappenfläche und einen steileren Anstieg des transvalvulären Druckgradienten unter Warfarin als unter DOAK – beides Indikatoren für ein schnelleres Voranschreiten der Verkalkung.
Die Forscher sehen in ihren Ergebnissen einen weiteren Beleg dafür, dass Patienten mit Aortenklappenstenose besser DOAK als VKA erhalten sollten. Allerdings muss einschränkend gesagt werden, dass es sich bei dieser Studie um eine Beobachtungsstudie handelt und ein randomisierter Vergleich noch aussteht.