Die wichtigsten Tipps für einen gelungenen Start |
Daniela Hüttemann |
04.11.2022 14:30 Uhr |
Ein arzneimittelbezogenes Problem taucht auf – wie und wann möchte der Arzt am liebsten darüber informiert werden? Danach sollten sich Apotheken am besten erkunden, bevor sie mit einer Medikationsanalyse starten. / Foto: Getty Images/alvarez
Am Donnerstagabend startete das Projekt »100 Medikationsanalysen später«, initiiert von Apothekeninhaber Stefan Göbel, der bereits seit einigen Jahren Medikationsanalysen anbietet, unterstützt von Software- und Fortbildungsanbieter Pharma4u und dem Medicheck. In der Auftaktveranstaltung berichtete der Apotheker von vielfältigen positiven Effekten. Er findet es schade, dass viele Apotheken noch zögern. Der Topf von 150 Millionen Euro für die pharmazeutischen Dienstleistungen sei eine einmalige Chance, die Apotheken vermehrt auf Beratung und Pharmazie auszurichten – mit entsprechender Honorierung als weiterem Standbein.
Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach habe bei seiner Rede beim Deutschen Apothekertag im September darauf hingewiesen, dass er hier die Zukunft der Apotheke vor Ort sehe. Die Etablierung müsse nun den Apotheken vor Ort gemeinsam gelingen. Denn bislang bietet laut einer aktuellen ABDA-Umfrage nur jede zweite Apotheke pharmazeutische Dienstleistungen an. Diese Verteilung spiegelte sich auch exakt in dem gestrigen interaktiven Webinar wider, an dem rund 150 Apothekerinnen und Apotheker teilnahmen.
Dabei nannten die Teilnehmenden folgende Gründe für die bisherige Nicht-Umsetzung: Personalmangel, Angst vor Konflikten mit den Ärzten, Unklarheiten bei der Abrechnung, fehlende Resonanz bei den Patienten, keine passende Software, zu wenig Erfahrung/Austausch.
Am letzten Punkt setzt das neue Projekt an. Erfahrungen und Wissen zu der Medikationsanalyse als pharmazeutische Dienstleistung sollen geteilt werden, nicht nur anhand der Sammlung von realen »Best-Practise-Fällen«, sondern auch »Worst-Case-Szenarien«. »Auch über schlechte Erfahrungen zu berichten, ist explizit erwünscht, denn daraus lernt man am meisten«, so Göbel.
Erste Tipps gab es sofort: »Am besten startet man mit einem Vorab-Gespräch mit den Ärzten rundherum«, riet Apothekerin Dr. Kirsten Menke, AMTS-Spezialistin beim Medicheck. »Machen Sie, bevor Sie mit den Medikationsanalysen loslegen, persönliche Gesprächstermine mit den Ärzten. Erklären Sie, was Sie vorhaben, hören Sie sich die Bedenken an und nehmen Sie sie ernst. Nennen Sie dann die Vorteile für die Patienten und auch Arztpraxen und fragen Sie, wie die Ärzte am liebsten bei Nachfragen aus der Apotheke kommunizieren wollen.«
Ärzte hätten in der Regel vor allem zwei Sorgen: Zum einen, dass sich die Apotheke in die Arzt-Patienten-Beziehung einmischt. Hier gelte es eine entsprechende Sensibilität an den Tag zu legen, den Patienten nicht unnötig zu verunsichern und manche Dinge direkt mit dem Arzt zu klären. Zum anderen, dass der Arzt mit zu vielen Informationen aus der Apotheke überschüttet wird. Apotheken sollten sich auf die wichtigsten arzneimittelbezogenen Probleme konzentrieren, wie Doppelverordnungen oder gefährliche Interaktionen. »Wenn man den Ärzten letztlich sogar Zeit und Aufwand ersparen kann, trifft man meist auf offene Ohren«, so Göbel. Man müsse vor allem klar machen, dass man den Ärzten nichts wegnehmen oder sie kontrollieren will.
Es erleichtere den Start, wenn man mit einem Stammkunden beginne, zu dessen Arzt man ohnehin ein gutes Verhältnis hat. Alternativ kann man sich zunächst auf klassisch pharmazeutische Aspekte wie Anwendungsprobleme oder Steigerung der Therapietreue konzentrieren. »Es gibt viele Dinge, die wir auch ohne Arzt verbessern können«, so Göbel.
Noch zweifelnde Ärzte könne man oft überzeugen, wenn man ihnen einen Fall präsentiert, wo niemand »Schuld« an einem Fehler hat, zum Beispiel wenn der Patient nicht angegeben hat, dass er bereits ähnliche Medikamente von einem anderen Arzt bekommt. Mittlerweile bekomme Göbel auch immer wieder Patienten von den Ärzten geschickt, bei denen er einen Blick auf die Gesamtmedikation werfen soll.
Geeignete Fälle ergeben sich ansonsten oft bereits aus dem Beratungsalltag, vor allem, wenn das gesamte Team darauf sensibilisiert ist. Über die Kundendatei lässt sich auch nach infrage kommenden Patienten für die verschiedenen pharmazeutischen Dienstleistungen suchen. Zudem lässt sich über die Warenwirtschaft ein passender Vermerk in der Kasse einblenden, zum Beispiel bei der Abgabe eines Inhalators.
Zusätzlich kann man Infoflyer auslegen, die Dienstleistungen im Schaufenster, auf der eigenen Homepage, in den Social-Media-Kanälen oder auch der Regionalzeitung bewerben. Wünschenswert wäre noch, wenn Apotheken mit entsprechendem Angebot von interessierten Patienten auch zum Beispiel über das DAV-Portal www.mein-apothekenmanager.de gefunden werden könnten. Weitere Tipps zur Bewerbung der Medikationsanalyse gab es vergangene Woche im PZ-Podcast »PZ Nachgefragt«.
Wie sich die Prozesse in der Apotheke noch optimieren und verschlanken lassen, darüber möchte Göbel mit anderen Apotheken, aber auch den Softwareanbietern ins Gespräch kommen. Die Apotheken wünschen sich hier eine voll digitale Lösung, ohne Ausdrucken von Patienten-Vereinbarung, Schweigepflichtentbindung und Quittierung, einer Integration von AMTS-Software wie dem Medicheck ins Warenwirtschaftssystem oder auch eine digitale Abrechnung ohne Bedrucken eines Belegs.
Der nächste Termin ist gleich kommende Woche: Am Donnerstag, den 10. November, um 20:00 Uhr stellt Göbel einen Fall aus seiner eigenen Apotheke vor. Auch die PZ wird im Anschluss über den Fall berichten. Die Teilnahme für dieses Seminar ist auch für Interessierte ohne pharma4u-Premium-Account kostenfrei möglich. Zur Anmeldung geht es hier.