Die Pille für den Mann – ein Kinasehemmer? |
Sven Siebenand |
06.06.2024 18:00 Uhr |
Die Pille für den Mann könnte eines Tages einen Kinasehemmer enthalten. Von einer Zulassung ist das Konzept aber noch weit entfernt. / Foto: Adobe Stock/New Africa
Das menschliche Genom codiert für mehr als 500 Kinasen. Gegen einige dieser Enzyme sind Kinasehemmer entwickelt, vor allem für den onkologischen Bereich. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der bekannten Kinasen wird jedoch als »dunkle« Kinasen bezeichnet, weil sie noch nicht vollständig verstanden oder untersucht sind.
Zu dieser Gruppe zählt auch die Serin/Threonin-Kinase 33 (STK33) – noch. Denn STK33 ist in den Fokus der Forschung geraten. Man weiß heute, dass Männer und männliche Mäuse mit homozygoten Mutationen von STK33 aufgrund einer gestörten Morphologie und Motilität von Spermien unfruchtbar sind. Daraus wurde die Idee geboren, ein nicht hormonelles Verhütungsmittel für den Mann zu schaffen, das diese Kinase selektiv und reversibel hemmt.
In »Science« berichtet ein Team um Dr. Angela F. Ku vom Baylor College of Medicine in Houston im US-Bundesstaat Texas, dass Hemmstoffe dieser Kinase zwar bekannt sind, allerdings keine selektiven. Ein groß angelegtes Wirkstoffscreening sollte deshalb potente und selektive STK33-Inhibitoren identifizieren.
Gesagt, getan: Einige aussichtsreiche Substanzen wurden gefunden. In anschließenden Versuchen mit männlichen Mäusen reduzierte der vielversprechendste Hemmstoff dieser Kinase in vivo erfolgreich die Fruchtbarkeit, ohne dabei erkennbare Sicherheitsbedenken auszulösen. Die Substanz reicherte sich zum Beispiel nicht im Gehirn an und veränderte die Größe der Hoden nicht.
Zudem wichtig: Die Wirkung der Substanz mit der vorläufigen Abkürzung CDD-2807 war reversibel, das heißt die männlichen Tiere erlangten bald nach Absetzen der Behandlung mit dem Kinasehemmer ihre Fruchtbarkeit zurück.
In den kommenden Jahren will die Forschungsgruppe diesen STK33-Inhibitor und ähnliche Wirkstoffe wie CDD-2807 in Primaten weiter untersuchen, um ihre Wirksamkeit als reversible männliche Verhütungsmittel zu überprüfen. Klinische Studien könnten danach gegebenenfalls folgen. Bis ein solcher Kinasehemmer als Pille für den Mann auf den Markt kommen kann, gilt es somit noch mehrere Hürden zu nehmen und es werden voraussichtlich noch einige Jahre ins Land gehen.