»Etwas Pflanzliches« gegen Wechseljahresbeschwerden liegt bei Frauen hoch im Kurs. Was können Traubensilberkerze, Rhapontikrhabarber und Isoflavone aus Klee oder Soja.? / Foto: Adobe Stock/Peter Atkins
Eine Hormonersatztherapie zur Kupierung klimakterischer Beschwerden steht bei Frauen nicht hoch im Kurs. Seit Jahren sind die Verordnungszahlen rückläufig. Laut des Gesundheitsreports 2022 der Techniker Krankenkasse hat nur noch jede 16. erwerbstätige Frau zwischen 45 und 65 Jahren ein Hormonpräparat erhalten.
Zwar ist die Hormonsubstitution die effektivste Behandlung vasomotorischer Beschwerden, doch haben pflanzliche Zubereitungen durchaus ihre Berechtigung. Die aktuelle Leitlinie »Peri- und Postmenopause« hält bei Extrakten aus Traubensilberkerze, Sibirischem Rhabarber, Rotklee oder Soja einen »Nutzen für möglich«. Sie eigneten sich besonders zum Einstieg, wenn die Beschwerden milde ausgeprägt sind oder wenn eine Hormonersatztherapie nicht gewünscht wird, sagte Professorin Dr. Petra Stute von der Universitätsfrauenklinik Bern bei einer Fortbildungsveranstaltung der Landesapothekerkammer Hessen.
Sie sprach sich für die Verwendung geprüfter Heilpflanzenextrakte aus, die als Arzneimittel zugelassen sind. Isoflavone aus Soja oder Rotklee sind lediglich als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich und unterliegen damit dem Lebensmittelrecht. Frauen, die an Brustkrebs erkrankt sind, sollen leitliniengemäß keine Phytoestrogene, also Isoflavone, Rheum rhaponticum oder Rotklee, zur Behandlung vasomotorischer Symptome erhalten.
Prominentestes Beispiel für einen gut untersuchten Pflanzenauszug gegen klimakterische Beschwerden ist der des Wurzelstocks der Traubensilberkerze (Actaea racemosa, früher Cimicifuga racemosa). Mehrere randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudien mit unterschiedlichen Spezialextrakten belegen eine signifikante Reduktion vasomotorischer Beschwerden wie Hitzewallungen, Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen über mindestens zwölf Wochen sowie eine gute Verträglichkeit über mindestens ein Jahr. Das Hauptsymptom Hitzewallungen ging bei bis zu 80 Prozent der Frauen zurück.
Well-established-use-Extrakte enthalten etwa Klimadynon®, Remifemin®, Femikliman® uno oder Kofemin® Klimakterium. Stehen depressive Verstimmungen im Vordergrund, ist eine Kombination mit dem Trockenextrakt aus Johanniskraut eine Option. Auch die Wirksamkeit von Remifemin® plus gilt als gut belegt. Welche Inhaltsstoffe der Traubensilberkerze für die Wirkung verantwortlich sind und wie diese molekular vermittelt wird, ist nicht geklärt. Widerlegt ist die frühere Annahme, dass enthaltene Isoflavone über eine Bindung an Estrogenrezeptoren wirken. Cimicifuga-Wurzelstock enthält keine Isoflavone. Cimicifuga-Extrakte sind deshalb nicht als Phytoestrogene oder Phyto-SERMs, also pflanzliche selektive Estrogenrezeptor-Modulatoren, zu bezeichnen.
Zu den klassischen Phytoestrogenen wird dagegen der Rhapontikrhabarber gezählt. Der Spezialextrakt ERr371 (femi-loges®) ist klinisch gut untersucht, auch wenn es dazu noch keine HPMC-Monographie gibt. Randomisierte placebokontrollierte Studien bescheinigen dem Extrakt eine signifikante Wirkung bei Hitzewallungen, Schlafstörungen, Angstzuständen, Reizbarkeit und depressiven Verstimmungen. Die Hauptwirkstoffe des Wurzelstocks von Rheum rhaponticum sind Hydroxystilbene. Rhaponticin macht fast 90 Prozent des medizinisch verwendeten Wurzelspezialextrakts aus. Rhaponticin und seine Metaboliten stellen gute Estrogenrezeptor-Liganden mit Präferenz für den Estrogenrezeptor ER-β dar, weshalb sie zu den klassischen Phytoestrogenen zählen.
Wichtig für die Beratung: Während Extrakte aus Traubensilberkerze und Rhapontikrhabarber leichte bis mittlere vegetative Symptome gut kupieren können, haben sie im Gegensatz zur Hormontherapie keinen Einfluss auf urogenitale Beschwerden wie Scheidentrockenheit oder Harninkontinenz. Dabei leisten lokal appliziertes Estriol oder Estradiol gute Dienste. Sie lassen sich mit den peroralen Phytotherapeutika gut kombinieren.
Isoflavone kommen in verschiedenen Pflanzen wie Soja, diversen Kleearten, Hopfen oder Leinsamen vor. Aufgrund ihrer chemischen Struktur gehören sie zur Gruppe der Phytoestrogene. Sie weisen eine gewisse Ähnlichkeit mit 17β-Estradiol auf und reagieren fast ausschließlich über den ER-β. Sojabohnen enthalten beispielsweise zwölf verschiedene Isoflavone, wobei Genistein und Daidzein die wesentlichen darstellen. Genistein scheint in einer Dosierung von 30 bis 60 mg/Tag das wirkstärkste Isoflavon zu sein, gemessen an der relativen Bindungsaffinität zum ER-β.
Das Problem der Isoflavon-haltigen Zubereitungen: Die biologische Wirkung von isolierten, hoch dosierten oder angereicherten Isoflavonen ist nicht unmittelbar mit der biologischen Wirkung von Isoflavonen aus komplexen Lebensmitteln, wie sie gerne in Asien verzehrt werden, vergleichbar. Deshalb ist die Datenlage derart uneins. Zudem sind aussagekräftige Studie zu Dosierung und Risiken kaum möglich, weil es die unterschiedlichsten Zubereitungen gibt. Sämtliche Isoflavon-haltigen Zubereitungen sind denn auch lediglich als Nahrungsergänzungsmittel oder diätetische Lebensmittel im Handel. Die European Food Safety Authority hat 2015 in einer umfangreichen Beurteilung kein erhöhtes Risiko in Bezug auf Brustkrebs, Endometriumstimulation oder Schilddrüsenfunktion bei Dosierungen zwischen 35 und 150 mg/Tag gefunden.
Vitamin-D-Mangel und Klimakterium sind eng miteinander verknüpft. Nicht nur die Estrogen- und Progesteron-Produktion sind in dieser Phase rückläufig, sondern auch die Synthese von Vitamin D lässt nach. Die Literatur bestätigt denn auch, dass der Vitamin-D-Status vieler Frauen in dieser Lebensphase unzureichend ist. »Aufgrund der weiten Verbreitung einer mangelhaften Vitamin-D-Versorgung und der damit verbundenen Risiken sollten bei allen Patientinnen die Werte regelmäßig überprüft werden«, rät Stute.
Gewissermaßen als Präsexualhormon spielt Vitamin D bei der Synthese der Steroidhormone eine wichtige Rolle. »Es stimuliert beispielsweise die Aromatase, das Enzym, das für die Umwandlung von Testosteron zu Estradiol zuständig ist. Zudem ist es an der Produktion von Progesteron beteiligt. Ein Mangel an Vitamin D kann dementsprechend einen Estrogenmangel unterstützen. Studien zeigen, dass sich ein Vitamin-D-Mangel auf klassische Wechseljahresbeschwerden wie Schlafstörungen, Depressionen, die sexuelle Funktion und Gelenkschmerzen negativ auswirkt.« Dass sich ausreichend hohe Vitamin-D-Spiegel positiv auf die Knochengesundheit auswirken, gilt bereits länger als belegt.