Die Kraft der Gedanken nutzen |
Vor allem bei der Neurodermitis und dem Juckreiz, einem klassischen Leitsymptom in der Dermatologie, macht man sich diese Therapieansätze zunutze. Einige dieser Angebote sind auch Bestandteil in der dermatologischen Rehabilitation. Die Schulungen bestehen aus medizinischen Informationen und Ernährungseinheiten, Entspannungstraining, Rollenspielen und Habit-Reversal-Techniken (HRT).
»HRT sind Techniken, die Krankheits-unterhaltende Verhaltensweisen durchbrechen, indem sie diese durch andere akzeptable und ablenkende Tätigkeiten ersetzen«, erklärt Peters. Ziel ist es, den Juckreiz-Kratz-Zirkel, der nur zu neuen Infektionen und einer Verstärkung des Juckreizes führt, zu durchbrechen.
Am schnellsten zu erlernen sind Kratzalternativen, mit denen der Kratzimpuls unterbrochen oder in unschädliche Verhaltensweisen umgelenkt werden soll. In einem ersten Schritt soll etwa der Kratzdrang unterbrochen werden, indem die Faust entsprechend lang geballt wird, bis der Drang nachlässt. Statt zu kratzen wird die Haut dann etwa leicht geschlagen oder gekniffen. Es wirken aber auch das Reiben oder Drücken mit der flachen Hand. Auch harmlose Reize wie das Streicheln mit den Fingerspitzen oder einer Feder können einen Gegenreiz bieten. Am besten ist es, wenn nicht die juckende Stelle selbst, sondern nur die umliegende Haut durch die Kratzalternative bearbeitet wird.
Ein wenig mehr Training benötigen Kratzalternativen, bei denen statt der eigenen Haut ein Gegenstand gekratzt wird. Die bekannte Bewegung soll dem Gehirn suggerieren, dass etwas gegen den Juckreiz unternommen wird, sodass er tatsächlich nachlässt. Gekratzt wird allerdings am Lieblingskuscheltier oder einem beliebigen Gegenstand in der Umgebung – dem Tisch, dem Sofa oder an mit Leder bespannten Holzklötzchen, sogenannten Kratzklötzchen. Letztere bieten den Vorteil, dass sich Leder ähnlich wie die menschliche Haut anfühlt und so der Effekt verstärkt wird.
Auch sinnvoll: Entspannungstechniken zu erlernen. Gut bewährt haben sich Kurzentspannungen, bei denen ein Entspannungszustand über einen bestimmten Hinweisreiz hervorgerufen wird. Das kann zum Beispiel langsames Zählen sein, das zusätzlich mit der Vorstellung einer Kühlsituation gekoppelt ist. Der Betroffene stellt sich vor, wie die juckende Hautstelle von einem Bach gekühlt wird, oder er wiederholt gedanklich Sätze wie: »Meine Haut ist ganz ruhig und angenehm kühl.«
Ganz wichtig ist, dass sich die Betroffenen bei einer gelungenen Kratzvermeidung selbst loben oder an etwas Schönes denken. Dadurch kommt es zu einer positiven Verstärkung; die Bereitschaft, beim nächsten Kratzimpuls wieder so zu reagieren, steigt. Beherrscht ein Neurodermitiker ausreichend Kratzalternativen, können genau definierte kratzfreie Zonen am Körper festgelegt werden. Sie ermöglichen, den Unterschied zwischen gekratzten und nicht gekratzten Hautstellen wahrzunehmen und den Effekt des Kratzens genau zu spüren.