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Psychodermatologie

Die Kraft der Gedanken nutzen

Wie sagt man so schön? Die Haut ist der Spiegel der Seele. Weil die Beziehung zwischen Psyche und Haut keine Einbahnstraße darstellt, nutzt die Dermatologie psychotherapeutische Verfahren, um Hautkrankheiten besser bewältigen zu können.
Elke Wolf
14.08.2025  07:00 Uhr

Bei Angst rollen Schweißperlen aus der Haut und sorgen für einen feuchten Händedruck, manchmal werden wir blass vor Schreck oder grau vor Sorgen und bei Stress reagieren wir mitunter dünnhäutig. Geht es uns gut und dem anderen schlecht, wollen wir nicht in dessen Haut stecken. Bei Dauerstress und falscher Pflege zeigen sich vermehrt Unreinheiten im Gesicht und von einigen Hauterkrankungen ist bekannt, dass sie bei psychischer Anspannung erstmals auftreten oder sich verschlechtern. Kurzum: Die Psyche mischt bei Haut- und Haarkrankheiten ordentlich mit.

Die Hirn-Haut-Connection verläuft jedoch nicht nur in eine Richtung. Der Hautzustand spiegelt nicht nur unsere Gemütsverfassung wider, häufig ist es auch umgekehrt. Wenn die Hautläsionen für Mitmenschen sichtbar sind, kann das für den Betroffenen zu einer starken Belastung werden. Reaktionen wie Ekel oder »Angst vor Ansteckung« führen bei Betroffenen nicht selten zu Scham, Verunsicherung oder Stigmatisierung.

Die psychosozialen Folgen der Sichtbarkeit von Haut- und Haarkrankheiten haben also einen Anteil am Zustandekommen psychischer Beschwerden. An einer Hauterkrankung zu leiden, könne psychisch stark belasten und sogar weitere körperliche Symptome wie Magen-Darm-Beschwerden, Erschöpfung oder Schmerzen hervorrufen, teilte die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) kürzlich mit.

Hauterkrankungen werden im allgemeinen Sprachgebrauch oft als »psychosomatisch« beschrieben. »Diese Sichtweise ist heutzutage jedoch überholt«, wird Professorin Dr. Eva Peters, Leiterin des Labors für Psychoneuroimmunologie an der Klinik für Psychosomatische Medizin der Universität Gießen, in der Pressemitteilung zitiert. Vor allem für Schuppenflechte und atopische Dermatitis konnten inzwischen komplexe psychoneuroimmunologische Zusammenhänge aufgedeckt werden. Das zeige deutlich, dass körperliche und psychische Gesundheit bei Hauterkrankungen in einer Wechselbeziehung stehen und akute Befundverschlechterungen keine monokausalen, sondern vielfältige Auslöser haben können. Dazu gehörten auch Stress oder besonders belastende Lebensereignisse, erklärt die Dermatologin und Psychosomatikerin.

Die Haut-Hirn-Connection

Barriere- und immunologische Funktionen der Haut spielen bei Erklärungsansätzen für die Entstehung von Hautkrankheiten eine zentrale Rolle. Die Psychoneuroimmunologie liefert glaubhafte Erklärungen, wie »der Stress in die Haut kommt«. Schon anatomisch ist die Haut über ihre Innervation eng mit dem Gehirn verbunden. Beide haben zum Beispiel einen gemeinsamen Ursprung aus demselben Keimblatt, und in der Haut befindet sich ein dichtes Geflecht freier Nervenendigungen. Es bestehen Verbindungen zwischen C-Fasern der Haut und Mastzellen.

So können Stressbotenstoffe bei psychischer Belastung direkt in Entzündungsprozesse in der Haut eingreifen. Stress kann zu irreversiblen neuroendokrinen Veränderungen in der Haut führen. So verändert sich bei Patienten mit Psoriasis oder Neurodermitis unter Stress die Expression verschiedener Neuropeptide und Neurotransmitter anders als bei gesunden Kontrollpersonen. Genauso ist die Wundheilung in Belastungssituationen deutlich verzögert.

Es gibt zudem Hinweise, dass eine depressive Verstimmung Folgen für die Immunfunktion hat, während umgekehrt systemische Entzündungen auch direkt zu depressiven Verstimmungen führen können. Aktuelle Studien lassen laut der Pressemitteilung der DDG vermuten, dass bei 20 bis 40 Prozent aller Hautpatienten, auch eine psychische Erkrankung vorliegt wie eine Depression oder Angststörung.

Die Psychodermatologie hat sich inzwischen als eigenes Fachgebiet etabliert, die Erkenntnisse sind laut DDG wissenschaftlich gesichert. Deshalb fordert Peters: »Wenn eine Patientin oder ein Patient zum Beispiel mit einer schweren Neurodermitis in die dermatologische Praxis kommt, sollten bereits bei der Anamnese auch psychische und soziale Faktoren erfragt werden und dann in die Therapieplanung mit einfließen. Eine frühe psychosomatische Mitbehandlung kann helfen, einer Verschlechterung, Chronifizierung oder Therapieresistenz entgegenzuwirken.« Psychotherapeutische Behandlungsansätze gibt es auch in der Kardiologie und der Gastroenterologie.

Das juckt mich nicht!

Vor allem bei der Neurodermitis und dem Juckreiz, einem klassischen Leitsymptom in der Dermatologie, macht man sich diese Therapieansätze zunutze. Einige dieser Angebote sind auch Bestandteil in der dermatologischen Rehabilitation. Die Schulungen bestehen aus medizinischen Informationen und Ernährungseinheiten, Entspannungstraining, Rollenspielen und Habit-Reversal-Techniken (HRT).

»HRT sind Techniken, die Krankheits-unterhaltende Verhaltensweisen durchbrechen, indem sie diese durch andere akzeptable und ablenkende Tätigkeiten ersetzen«, erklärt Peters. Ziel ist es, den Juckreiz-Kratz-Zirkel, der nur zu neuen Infektionen und einer Verstärkung des Juckreizes führt, zu durchbrechen.

Am schnellsten zu erlernen sind Kratzalternativen, mit denen der Kratzimpuls unterbrochen oder in unschädliche Verhaltensweisen umgelenkt werden soll. In einem ersten Schritt soll etwa der Kratzdrang unterbrochen werden, indem die Faust entsprechend lang geballt wird, bis der Drang nachlässt. Statt zu kratzen wird die Haut dann etwa leicht geschlagen oder gekniffen. Es wirken aber auch das Reiben oder Drücken mit der flachen Hand. Auch harmlose Reize wie das Streicheln mit den Fingerspitzen oder einer Feder können einen Gegenreiz bieten. Am besten ist es, wenn nicht die juckende Stelle selbst, sondern nur die umliegende Haut durch die Kratzalternative bearbeitet wird.

Ein wenig mehr Training benötigen Kratzalternativen, bei denen statt der eigenen Haut ein Gegenstand gekratzt wird. Die bekannte Bewegung soll dem Gehirn suggerieren, dass etwas gegen den Juckreiz unternommen wird, sodass er tatsächlich nachlässt. Gekratzt wird allerdings am Lieblingskuscheltier oder einem beliebigen Gegenstand in der Umgebung – dem Tisch, dem Sofa oder an mit Leder bespannten Holzklötzchen, sogenannten Kratzklötzchen. Letztere bieten den Vorteil, dass sich Leder ähnlich wie die menschliche Haut anfühlt und so der Effekt verstärkt wird.

Auch sinnvoll: Entspannungstechniken zu erlernen. Gut bewährt haben sich Kurzentspannungen, bei denen ein Entspannungszustand über einen bestimmten Hinweisreiz hervorgerufen wird. Das kann zum Beispiel langsames Zählen sein, das zusätzlich mit der Vorstellung einer Kühlsituation gekoppelt ist. Der Betroffene stellt sich vor, wie die juckende Hautstelle von einem Bach gekühlt wird, oder er wiederholt gedanklich Sätze wie: »Meine Haut ist ganz ruhig und angenehm kühl.«

Ganz wichtig ist, dass sich die Betroffenen bei einer gelungenen Kratzvermeidung selbst loben oder an etwas Schönes denken. Dadurch kommt es zu einer positiven Verstärkung; die Bereitschaft, beim nächsten Kratzimpuls wieder so zu reagieren, steigt. Beherrscht ein Neurodermitiker ausreichend Kratzalternativen, können genau definierte kratzfreie Zonen am Körper festgelegt werden. Sie ermöglichen, den Unterschied zwischen gekratzten und nicht gekratzten Hautstellen wahrzunehmen und den Effekt des Kratzens genau zu spüren.

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