Die Folgen der Pest in unserem Genom |
Theo Dingermann |
24.10.2022 15:10 Uhr |
Die Forschenden schließen aus ihren Daten, dass für Träger von zwei schützenden Versionen des ERAP2-Gens die Wahrscheinlichkeit, die Pest zu überleben, um 40 Prozent erhöht ist. Dies ist der größte evolutionäre Vorteil, der jemals für eine Mutation beim Menschen gefunden wurde, sagte Professor Dr. Luise Barreiro, einer der Seniorautoren der Publikation, gegenüber der Zeitung »TheNew York Times«.
»Dies ist wirklich erstaunlich«, ergänzt der Evolutionsbiologe Professor Dr. David Enard von der Universität von Arizona, der nicht an der Studie beteiligt war. Enard hält die Studie auch deshalb für so überzeugend, weil die Forschenden sehr sorgfältig einen genetischen Drift für die Kandidatenmutationen ausgeschlossen hätten.
Allerdings ist bekannt, dass die aktive Version des ERAP2-Gens auch das Risiko für Morbus Crohn erhöht. Unter anderem wird Morbus Crohn dadurch verursacht, dass das Immunsystem harmlose Bakterien im Darm angreift und so eine chronische Entzündung induziert. Zudem gibt es Hinweise, dass homozygote Träger des aktiven ERAP2-Gens auch ein erhöhtes Risiko für ankylosierende Spondylitis (Morbus Bechterew) und Präeklampsie besitzen. Im Übrigen sind auch die anderen Mutationen, die Gruppe als Folge einer natürlichen Selektion identifizierten, ebenfalls mit Immunkrankheiten assoziiert.
In ihrer Publikation schreiben die Forschenden: »Schließlich zeigen wir, dass Schutzvarianten sich mit Allelen überschneiden, die heute mit einer erhöhten Anfälligkeit für Autoimmunerkrankungen in Verbindung gebracht werden, und liefern empirische Beweise für die Rolle, die vergangene Pandemien bei der Gestaltung der heutigen Anfälligkeit für Krankheiten gespielt haben.«
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