Die drei großen D der Alterspsychiatrie |
Juliane Brüggen |
20.01.2023 11:00 Uhr |
»In der Apotheke sollte eine gewisse Kenntnis da sein, welche durchschnittlichen Empfehlungen der Fachgesellschaften es gibt«, sagte Dietmaier. Dies gelte auch bezüglich Wirkstoffkombinationen und Therapiedauer. Ein spezielles Kapitel zur »apothekerischen Versorgung« gibt es in der Nationalen Versorgungsleitlinie »Unipolare Depression«. Hier wird der Apotheke unter anderem die Adhärenzförderung als Aufgabe zugeordnet.
Dazu gab es Tipps von Dietmaier: »Es ist wichtig zu wissen, dass viele Ängste und Vorurteile auch im Umfeld der Patienten und bei den Angehörigen existieren.« Die Apotheke könne hier eingreifen und erläutern, zum Beispiel bei der Angst vor Abhängigkeit. Denn: »Die meisten Psychopharmaka machen nicht abhängig.« Der beste Beweis sei, dass Patienten die Medikamente oft selbst absetzten. Als Gegenbeispiel nannte er Benzodiazepine, bei denen das eigenmächtige Absetzen oft scheitert.
Auch Persönlichkeitsveränderungen infolge der Pharmakotherapie stehen oftmals im Raum. Dietmaier empfahl, nachzufragen: »Wie war die Person denn vorher? Ist es nicht auch die Krankheit, die einen Menschen verändert?« Ziel müsse sein, das Positive in der Therapie zu sehen. Erst nach vielen Jahren der Einnahme könne es tatsächlich zu Veränderungen kommen.
Außerdem sei es sinnvoll, die Wirkmechanismen zu erläutern, auf Wechselwirkungen hinzuweisen – »immer differenziert« – und mögliche Nebenwirkungen nicht zu verharmlosen. »Denken Sie auch an Verordnungskaskaden, die gerade bei alten Menschen sehr häufig sind«, betonte Dietmaier. Die Behandlungsdauer sollte, wenn möglich, von Beginn an klar sein. Nicht zuletzt gelte beim An- und Absetzen: möglichst langsam vorgehen und nicht abrupt aufhören.